Verfolgt im Mondlicht
schließlich.
»Über Geister?«
»Nein. Über den Nebel. Über die Geister will ich nicht mehr sprechen.«
Kylie musste daran denken, wie sie selbst gewesen war, als sie gerade herausgefunden hatte, dass sie Tote sehen konnte. Sie konnte gut verstehen, dass er nicht darüber reden wollte. Manchmal würde sie es am liebsten auch vergessen.
»Hast du gespürt, ob Mario da war?«
»Nein.« Kylie erzählte ihm alles im Detail, natürlich bis auf das Ende. Er würde bestimmt später auch Clara befragen. Aber Kylie war sich ziemlich sicher, dass Clara nichts gesehen hatte, was ihr Geheimnis verraten könnte.
»Es können doch eigentlich nur wieder Mario und seine Freunde sein.« Burnett ballte im Gehen die Hand zur Faust.
Kylie zögerte, weil sie wusste, dass Burnett sie sofort beim Lügen ertappen würde. Doch sie wollte auch nicht, dass er sich allzu große Sorgen machte. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich nichts Böses gespürt habe.«
»Sie müssen es aber sein.« Er fixierte sie mit einem durchdringenden Blick. »Du gehst nicht wieder in den Wald, ob mit oder ohne Schatten. Ist das klar?«
Sie nickte. Klar war das klar, doch sie sagte nicht, dass sie sich daran halten würde.
»Dahinter kann nur ein Zauberer oder eine Hexe stecken.« Er hob die Augenbrauen. »Du bist dir sicher, dass du nicht aus Versehen den Nebel verursacht hast?«
»Auf keinen Fall«, erwiderte Kylie empört.
»Bist du dir sicher? Weil der andere Vorfall …«
»Das war etwas ganz anderes.« Ihre Wangen glühten, als sie an den »Vorfall« im Büro dachte.
Ihr Tempo verlangsamte sich. Die Bäume und der weiche Waldboden schienen das Geräusch ihrer Schritte zu verschlucken. Kylie musste an Clara denken, und von Clara kam sie auf deren Bruder.
»Kann ich dich mal was fragen?«, wandte sie sich an Burnett.
»Wenn ich nein sage, ändert das dann was?«
»Wahrscheinlich nicht.« Sie überlegte hin und her, wie sie es ausdrücken sollte.
»Wenn deine Frage irgendetwas mit Holiday und mir zu tun hat, dann kannst du dir das gleich abschminken.«
Sie grinste. »Keine Angst. Dass sie ihr Shirt neulich falschherum anhatte, hat mir alles gesagt, was ich über euch beide wissen wollte.«
Der so ernst dreinblickende Vampir musste beinahe lächeln. Doch das Lächeln erstarb so schnell, wie es gekommen war. »Es geht doch nicht etwa um Geister, oder?«
»Nein. Es geht um … Wenn ein Rat jemanden zu sich ruft, bedeutet das dann etwas Schlechtes?«
»Du redest von Lucas?«
Sie nickte.
Er schob einen Ast aus dem Weg und hielt ihn so, dass er Kylie nicht traf. »Kann sein, muss aber nicht.«
»Weißt du zufällig, was sie von Lucas wollen?« Sie duckte sich unter dem Ast hinweg.
»Nein, weiß ich nicht.« Es klang so, als wäre er ehrlich zu ihr.
»Machst du dir keine Sorgen?«
Er zögerte. »Doch, schon.«
»Und warum?«, fragte Kylie.
»Ich respektiere Lucas’ Wunsch, ein Mitglied des Rates zu werden, damit er etwas gegen die Probleme zwischen Werwölfen und der FRU tun kann. Aber ich finde es auch bedenklich, wenn der Rat zu viel Einfluss auf ihn hat.«
»Vertraust du Lucas nicht?«
»Wenn ich ihm nicht vertrauen würde, wäre er nicht im Camp. Mein Problem ist, dass der Rat der Werwölfe und die FRU nicht so miteinander klarkommen. Generell ist die Werwolf-Gemeinschaft nicht so kooperativ, wenn es darum geht, sich an die FRU-Regeln zu halten. Das hat irgendwie mit der Rudelmentalität zu tun.«
»Aber könnte das nicht auch daran liegen, dass die FRU die Werwölfe als niedere Klasse sieht?«
»Das ist doch längst nicht mehr so«, erwiderte Burnett. »Aber ich bin mir sicher, dass das schon noch eine Rolle spielt und sich in ihrem Verhalten widerspiegelt. Und ich kann dir sagen, die FRU hat das immer im Hinterkopf, wenn es um Werwolf-Angelegenheiten geht. Wie auch immer – Vorurteile bestehen auf beiden Seiten. Einer der Gründe, wieso Werwölfe als Außenseiter betrachtet werden, war, dass sie andere Übernatürliche ebenso als Außenseiter sehen.«
»Also, ist das so eine ›Wer war zuerst da, das Huhn oder das Ei‹-Geschichte?«, schlug Kylie vor.
»Ich denke, das könnte man so sagen.«
Als sie an der Lichtung ankamen, sagte Burnett: »Ich bringe dich besser zurück zu deiner Hütte. Sollte weder Della noch Miranda da sein, besorge ich dir jemand anderen für den Schatten-Dienst. Holiday und ich kommen dann später zu dir, damit wir zusammen zum Wasserfall gehen. Aber bis ich diese Sache mit dem Nebel untersucht
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