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Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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Gehstock steht wieder neben mir.
    »Sind denn welche von den Hunden irgendwann wieder aufgetaucht?«
    »Selbstverständlich.« Die Alte dämpft die Stimme. »Der Mann da, der grade Käse kauft   …«, sie deutet mit dem |87| Kinn auf den Typen mit der peinlichen Frisur, »…   sein Welpe war auch verschwunden, aber nach einer Woche war er wieder da. Keiner weiß, wo der Hund gesteckt hat. Wahrscheinlich ist er einfach weggelaufen und hat sich verirrt.« Sie sieht mich an. »Bist ein hübsches Mädel. Du bist nicht von hier, was?«
    »Ich bin zu Besuch bei meiner Mutter«, erwidere ich geschmeichelt, auch wenn es nur eine alte Oma ist, die mich »hübsch« nennt. Ich zeige auf einen nagelneuen Anschlag. Jemand hat ihn in eine Ecke des Schwarzen Bretts geheftet.
    HUND ENTLAUFEN
    Dobermannmischling
    8   Monate alt
    Belohnung unter
    Tel. 664889
    »Das ist der Hund von meiner Mutter.«
    »Oje«, sagt die Alte. Sie beugt sich vor und ihr süßlich müffelnder Atem hüllt mich ein. »Was hast du doch gleich gesagt, wo deine Mutter wohnt?«
    »Hatte ich noch gar nicht gesagt, aber sie wohnt in der Houndswood-Siedlung.«
    Die Alte mustert mich jetzt prüfend. »Die meisten im Dorf nennen die Siedlung nur ›die Bronx‹. Sie behaupten, dass die Neubauten das Dorf verschandeln, aber ich find’s gut, dass wieder mehr los ist bei uns.« Sie greift nach |88| meiner Hand und dabei fällt ihr der Stock klappernd auf den Boden. »Sag mal, bist du etwa das Mädchen, das auf dem verlassenen Klinikgelände beinahe ertrunken wäre?« Ich nicke. Endlich berühmt! »Ich bin Emily Prior«, stellt sich die Alte daraufhin vor. »Willst du mir nicht erzählen, wie das passiert ist?«
    »Sie sind eine alte Klatschbase, Mrs Prior.« Der Typ steht jetzt direkt hinter uns und grinst mich an. »Lucas Neasdon.« Er streckt mir die Hand hin. »Und das ist Kröte.« Er deutet auf seinen Hund. »Tag, Lucas«, erwidere ich und gebe ihm nicht die Hand. Ich drehe mich wieder nach Emily um. »Ich würde Ihnen gern alles erzählen, aber ich habe es leider eilig.«
    Emily lässt sich nicht beirren. »Du kannst mich ja mal besuchen. Ich wohne in der Hope Street, Nummer vier.« Sie sieht mich flehend an. »Du findest mich hoffentlich nicht aufdringlich, oder, Schätzchen? Weißt du, alte Leute sind manchmal ein bisschen einsam.«
    »Aber Mrs Prior! Sie sind so einsam wie eine Wolke bei Gewitter«, wirft Lucas Neasdon ein.
    Ich beachte ihn nicht. »Nein, ich finde Sie nicht aufdringlich. Ich komme Sie bestimmt besuchen, noch diese Woche.«
    Mit einem Pfefferminzbonbon im Mund verlasse ich den Laden. Als ich mir gewünscht habe, jemanden kennenzulernen, hatte ich nicht unbedingt an Emily Prior gedacht, aber für alte Damen habe ich etwas übrig. Keine Ahnung, wieso. Vielleicht tun sie mir ja einfach leid mit |89| ihren steifen Knien, faltigen Gesichtern und scheußlichen Handtaschen.
    Hinter mir klingelt die Ladenglocke.
    »Hat mich gefreut, deine Bekanntschaft zu machen, Lexi Juby.« Lucas Neasdon läuft an mir vorbei.
    Woher weiß er, wie ich heiße? Ich habe mich Emily nicht vorgestellt, oder? Vielleicht ja doch. Ich gehe weiter, aber aus dem Augenwinkel beobachte ich, wie Neasdon und sein Hund in einen weißen Kleinbus klettern und rasch davonfahren. Ich habe so eine Ahnung, dass ich die beiden nicht zum letzten Mal gesehen habe.

|90| EMILY
    »Also – jetzt beschreib mir den Typen noch mal ganz genau.«
    »So gut konnte ich ihn nicht sehen.« Eigentlich will ich bloß in Ruhe frühstücken (eine Scheibe Toast, eine Banane und einen Becher Kaffee, schwarz mit viel Zucker), aber Owen bombardiert mich mit Fragen über meinen Retter.
    Er lässt nicht locker. »Aber du musst doch einen Eindruck von ihm gehabt haben.« Er futtert Spiegelei. Um ihn bei Laune zu halten, überlege ich noch einmal.
    »Er hatte dunkle Locken, war unrasiert und sah schmuddelig aus.«
    »Das hast du mir alles schon erzählt.« Owen wischt sich mit dem Handrücken Eidotter vom Mund. »Ich will Einzelheiten wissen. War er dick oder dünn? Was hatte er für eine Augenfarbe? Was hatte er an?«
    »Ich war fix und fertig. Außerdem war es dunkel. Aber ich glaube, er war eher dünn.« Ich beiße von meinem Toast ab und sehe meiner Mutter zu, die in der Küche hin und her läuft, die Arbeitsplatte sauber wischt und die Pfannen in die Geschirrspülmaschine knallt, dass es nur |91| so scheppert. Sie hat sich gestern Abend mit Owen gestritten, ich habe es durch die Zimmerwand gehört. Sie

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