Verführ mich nur aus Liebe
erstaunt darüber: In Angelos Villa in Vostranto zu wohnen war tatsächlich ihr geringstes Problem im Zusammenhang mit der unerwünschten Heirat.
Eine Woche zuvor hatte sie während der gesamten Fahrt dorthin nervös und unglücklich neben Angelo im Wagen gesessen. Es war ihr beinahe so vorgekommen, als würde sie zu ihrem zukünftigen Gefängnis gebracht werden. Doch als sie nun ankamen, raubte ihr der Anblick fast den Atem.
Die imposante alte Villa aus ockerfarbenem Sandstein war inmitten einer idyllischen Hügellandschaft gelegen. Es war malerisch schön dort. Wie ein großes, u-förmiges Rechteck umrahmte der Bau einen kiesbedeckten Hof. In dessen Mitte stand vor dem kunstvoll geschnitzten Eingangsportal ein Springbrunnen aus weißem Marmor mit einer Neptunstatue darin.
Auch wenn es natürlich nur Einbildung war: Ellie hatte auf Anhieb den Eindruck, die beiden Hauptflügel des Hauses würden sie wie ausgestreckte Arme einladend empfangen. Diese Vorstellung nahm ihr etwas von ihrer inneren Anspannung.
Kurz darauf betrat sie die geräumige Eingangshalle und blickte sich staunend um. Breite Stufen aus dem gleichen Marmor, wie der Boden führten zu einem mit purpurrotem Teppich ausgelegten Absatz. Von dort teilte sich die Treppe in zwei kürzere Läufe, die auf beiden Seiten in einer Galerie endeten.
„Deine Zimmer befinden sich im Westflügel“, informierte Angelo sie beiläufig, „meine im Ostflügel.“ Spöttisch lächelnd fügte er hinzu: „Damit sind wir weit voneinander entfernt. Ich hoffe, du bist beruhigt. Das hat übrigens nichts mit unserer besonderen Situation zu tun: Es gehört hier zur Tradition.“
Eigentlich hätte Ellie sich über diese strenge räumliche Trennung freuen sollen. Doch seltsamerweise befiel sie ein Gefühl von Trostlosigkeit. Diese kalte Tradition war ihr genauso fremd wie all das Gerede von Familienehre.
Bedrückt folgte sie Angelo in den salotto. Der riesige offene Kamin darin ließ erahnen, wie gemütlich es hier im Winter sein könnte. Jetzt waren die hohen Terrassentüren auf der Stirnseite des Raums geöffnet worden und gaben den Blick auf die sonnige Terrasse und den dahinter liegenden Garten frei.
Von dort gingen sie ins Speisezimmer, das ein herrliches Deckenfresko vorzuweisen hatte. Anschließend wandten sie sich in Richtung Küchentrakt. Auf dem Weg dorthin kamen sie an der geschlossenen Tür zu einem weiteren Raum vorbei, den Angelo beiläufig als sein Arbeitszimmer bezeichnete.
Offenbar gab es in diesem Haus Bereiche, zu denen Ellie der Zutritt verwehrt bleiben würde.
Sie war Angelo nicht böse, dass er die restliche Führung seiner rundlichen, freundlich lächelnden Haushälterin überließ. Assunta zeigte Ellie die ihr zugedachten Zimmer im Westflügel. Am meisten beeindruckte sie das Bett: ein riesiges Himmelbett mit einem Himmel aus feinstem, schneeweißem Leinen. Unzählige Kissen stapelten sich auf der prachtvollen purpurroten Tagesdecke, in die in Gold das Wappen der Manzinis gestickt war. Augenzwinkernd vertraute Assunta ihr an, dass in diesem Bett Seine Hoheit geboren worden war. Unwillkürlich zuckte Ellie zusammen.
Das zur Suite gehörige Bad bot reinsten Luxus: marmorne Waschbecken, eine riesige, in den Boden eingelassene Badewanne und eine Duschkabine, in der das ganze Badezimmer ihrer winzigen Wohnung Platz gehabt hätte.
Das angrenzende Ankleidezimmer wartete mit großen Einbauschränken auf. Ellie war sich sicher: Sie würde niemals genügend Kleider haben, um sie auch nur annähernd zu füllen. Plötzlich fühlte sie sich überwältigt angesichts all der Erwartungen, die offensichtlich an sie gerichtet wurden.
Während der Tour durch das Haus spähten um jede Ecke neugierige Bedienstete. Sie wollten einen Blick auf Ellie erhaschen und begrüßten sie mit einem freundlichen Lächeln. In leicht besorgtem Ton erklärte Assunta ihr, dass es eben schon seit Langem keine Herrin mehr in der Villa gegeben hatte.
Ich werde sie alle enttäuschen, dachte Ellie. Frustriert ging sie wieder hinunter zu dem Mann, der sie – widerwillig – mit all dieser Pracht beschenken wollte.
Als sie den salotto betrat, kam Angelo gerade von der Terrasse herein. Er war vollkommen in Gedanken versunken. Als er sie bemerkte, fragte er sie, ob sie zurückfahren wollten. Wenig später verließen sie Vostranto.
Ellie verspürte ein beruhigendes Gefühl. Jetzt wusste sie, dass wenigstens dieser Teil ihres Lebens als Contessa Manzini erträglich sein würde.
Leider
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