Verführ mich nur aus Liebe
sich kerzengerade auf und vergaß alle Scheu. „Dann werden wir sie wohl enttäuschen müssen.“
„Hast du vorhin im Auto nicht etwas anderes gesagt? Du wolltest doch den Respekt der Bediensteten gewinnen“, gab er zu bedenken. „Wenn du ihnen schon so früh andeutest, dass wir keine echte Ehe führen, könntest du das Gegenteil erreichen.“
„Das Risiko muss ich eingehen.“
„Auch wenn es sich so einfach vermeiden ließe?“
„Indem ich es zulasse, dass du mit mir schläfst?“ Sie schüttelte den Kopf. „Niemals. Liebe Güte! Ich habe gewusst, dass ich dir nicht vertrauen kann!“
„Eigentlich meinte ich bloß, dass ich dann heute die Nacht in diesem statt in meinem Zimmer verbringen würde. Nicht mehr“, erklärte er eisig. „Es ist ja groß genug für ein halbes Dutzend Leute. Und die Angestellten würden glauben, dass wir ein echtes Paar sind und dass uns wenigstens Zuneigung verbindet. Glaube mir, Elena mia, dein Leben in diesem Haus würde dadurch sehr viel angenehmer und leichter sein.“
Sie schaute ihn an. „Und … es würde sie endgültig überzeugen, wenn du die heutige Nacht in diesem Zimmer verbringst?“
„Nun, der eine oder andere Besuch wird in Zukunft vermutlich noch nötig sein. Aber ganz wenige. Und so kurz wie möglich, das verspreche ich. Nur dieses eine Mal würde ich die ganze Nacht bleiben.“ Er lächelte spöttisch. „Ich könnte auch warten, bis du eingeschlafen bist. Dann merkst du nicht einmal, dass ich da bin.“
„Also gut … wenn es sein muss.“ Sie seufzte. „Aber du musst mir versprechen, dass du dein Wort hältst. Dass du nicht versuchst …“
„Es gibt so viele Frauen auf der Welt, mia cara“, unterbrach Angelo sie. „Ich habe mich noch nie einem Mädchen aufgezwungen. Da wirst du ganz bestimmt nicht die Erste sein. Allerdings musst du dich auf eins einstellen: Man erwartet einen Kuss von uns, wenn wir aus dem calice getrunken haben. Vielleicht könntest du mich sogar anlächeln? Können wir uns darauf einigen?“
Sie nickte widerstrebend. In diesem Moment klopft es leise, und Angelo wandte sich um.
„Ach Donata“, begrüßte er die rundliche junge Zofe freundlich, die ein wenig verlegen auf der Schwelle verharrte. „Die Contessa freut sich schon darauf, Sie kennenzulernen. Nicht wahr, carissima ?“ Er hob Ellies Hand an seine Lippen und flüsterte: „Bis später, mi amore. Ich kann es kaum erwarten, endlich mit dir allein zu sein.“
Ellie spürte, dass sie rot wurde. Sie sah, wie er mit einem Lächeln die Zimmertür hinter sich schloss.
Ellie war entschlossen, sich an die Abmachung mit Angelo zu halten. Später beim Abendessen im festlich geschmückten Speisezimmer gab sie sich große Mühe, all die köstlichen Gerichte wenigstens zu probieren. Denn eigentlich hatte sie gar keinen Appetit. Und dann wurde der calice feierlich hereingetragen. Er war mit Blattgold überzogen, und das Wappen der Familie Manzini war eingraviert. Lachend erhob Ellie sich, um mit Angelo aus dem Kelch zu trinken. Sie wich nicht zurück, als er sie fest auf den Mund küsste.
Danach ging sie zunächst allein in ihr Zimmer. Die dienstfertige Donata hatte bereits auf beiden Seiten des Bettes die Decke zurückgeschlagen und das weiße Satinnachthemd ausgebreitet, in dem sie ihren Bräutigam betören sollte.
Ellie entkleidete und wusch sich, bevor sie das Nachthemd anzog. Reizvoll schmiegte sich der Stoff an ihre schlanke Figur. Als sie nach dem dazu passenden Morgenrock griff, sah sie sich selbst im großen Standspiegel. Wie gebannt hielt sie inne. Zum ersten Mal an diesem Tag sah sie wie eine Braut aus.
Wie wäre es wohl gewesen, wenn sie wirklich verheiratet wäre? Mit einem Mann, den sie liebte und der ihre Liebe erwiderte? Wenn sie nun tatsächlich voller Vorfreude darauf warten würde, dass ihr Ehemann kam und sie in seine Arme nahm?
Ein trostloses Gefühl von Einsamkeit stieg plötzlich in ihr hoch und schnürte ihr die Kehle zu. Rasch zog sie sich den Morgenrock über, band den Gürtel zu und setzte sich an die Frisierkommode. Langsam und gleichmäßig bürstete sie ihr Haar, um zur Ruhe zu kommen und Angelo gefasst und gleichmütig begegnen zu können.
Wenn er denn endlich käme, dachte sie. Nach einer Stunde war er noch immer nicht aufgetaucht. Sie stand von der Chaiselongue auf, auf der sie nervös gesessen hatte. Dann schlüpfte sie aus dem Morgenrock und setzte sich mit dem Krimi aufs Bett, den sie aus dem Palazzo mitgebracht hatte. Eine weitere
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