Verfuehr mich
einen Moment lang an, bevor er sagte: »Verstanden. Kampf der Bedürfnisse.«
»Also so weit würde ich nun wieder nicht gehen«, wiegelte Bliss ab.
»Hmm.« Er lehnte sich erneut zurück, sah sie an und schlug die Beine auf eine Art und Weise übereinander, die seine männliche Bestückung äußerst effektvoll betonte. Bliss gab sich alle Mühe, nicht hinzusehen.
»Wie wär’s, wenn wir nach New York fliegen, Vi diesen Papierwust auf den Schreibtisch knallen, damit sie sehen kann, dass du hart gearbeitet hast, und dann an den Strand fahren?«
Bliss dachte über seinen Vorschlag nach. Limousinen mit Klimaanlage, französische Restaurants mit hervorragendem Essen und sexy Kellnern, freakige Clubs, kühle Firmenwohnungen für heiße Nächte – Jaz hatte bisher wirklich einiges zu bieten gehabt. »Äh, in Ordnung.«
Jaz jubelte kurz auf, setzte sich dann aufrecht hin und zog sie auf seinen Schoß, um ihr einen leidenschaftlichen Kuss zu geben.
Es war immer noch brütend heiß, als sie in New York eintrafen. Bliss spürte, wie ihre Arbeitsmoral zwischen dem Schwall heißer Luft aus den U-Bahn-Schächten und den Busabgasen deutlich abnahm. Auf keinen Fall würde sie länger als nötig in der Stadt bleiben. Damit musste Vi irgendwie fertig werden. Gut, dass ihre Chefin Jaz so mochte. Als er mit Bliss das Gebäude von Lentone Fitch & Garibaldi betrat, knipste er sofort seinen unglaublichen Charme an. Und die interessierten Blicke über die Trennwände der Büroeinheiten hinweg blieben Bliss nicht verborgen.
Bliss und Jaz wollten am nächsten Morgen aufbrechen. Vorher stand abends aber noch ein experimentelles Theaterstück auf dem Programm, dem ein spätes Abendessen in einem atemberaubend angesagten Bistro folgen sollte. Hoffentlich hatte das Theater eine Klimaanlage. Ein Collegefreund von Jaz spielte die Hauptrolle in dem Stück über einen stummen Mann, der in einer Mülltonne hauste. Diese Bekanntschaft war der eigentliche Grund, weshalb sie hingingen. Nun ja, wenigstens würde der Schauspieler ganz sicher nicht seinen Text vergessen.
Aber was sollte sie nur anziehen? Darüber dachte Bliss nach, als sie über die die Neunte Straße spazierte. Sie ging vor ihrem geistigen Auge den Inhalt ihres Kleiderschranks durch und entschied, dass ihr schwarzes trägerloses Kleid – ein erprobtes Stück – wohl am passendsten wäre. Dazu ein leichter Schal, falls ihr doch kalt werden würde.
Ebendieser Schal lag ein paar Stunden später zusammengefaltet in ihrem Schoß unter dem Abendhandtäschchen. Bliss fächelte sich mit dem Programmheft Luft zu. Natürlich war die Klimaanlage in dem überfüllten Theater ausgefallen. Als die Schauspieler sich verbeugten, applaudierte sie laut und wartete dann, bis alle den Saal verlassen hatten, um Jaz hinter der Bühne zu suchen. Nicht nur die Klimaanlage war kaputt, kurz bevor der Vorhang – ein zerlumptes Relikt aus einem Burlesk-Theater auf der Lower East Side – hochging, war auch noch ein Teil des Bühnenbildes in sich zusammengefallen, und der schauspielernde Kumpel hatte Jaz angefleht, ihm bei der Reparatur zu helfen.
Die Kulisse war offenbar nicht zu retten gewesen, denn Jaz hatte eineinhalb Stunden lang dastehen und sie festhalten müssen. Bliss spähte hinter den nach alten Unterhosen riechenden Vorhang und hielt nach Jaz Ausschau. Er stand auf der einen Seite des Bühneninnenaufbaus, sein Freund auf der anderen, und sie versuchten gerade, das Kulissenteil vorsichtig gegen die Wand zu lehnen.
»So wird’s gehen«, erklärte Eddie. Er drehte sich um und sah Bliss. »Ist das deine Freundin? Wow!«
Die Bewunderung in seinen Blicken sorgte dafür, dass Bliss noch ein bisschen heißer wurde. »Hallo, ihr beiden.«
Eddie hörte auf, sie mit offenem Mund anzustarren, und wandte sich zu Jaz um. »Danke noch mal.«
»Kein Problem.« Jaz klopfte sich den Staub von den Händen. »Für die Kunst gebe ich alles. Aber jetzt müssen wir wirklich los.«
Bliss hakte sich unter, sie verabschiedeten sich schnell und gingen dann hinaus auf die Straße. In diesem Teil von Manhattan – einer Gegend mit neuen, glänzenden Gebäuden und restaurierten Lagerhauslofts – wimmelte es nur so vor Menschen. Die Hitze war immer noch unverändert groß und die Luft so schwül und schwer, dass ein Gewitter im Anzug sein musste.
Jaz behielt Bliss untergehakt. Seine breiten Schultern sorgten dafür, dass sich niemand vorbeidrängen konnte. Trotzdem war sie froh, keinen allzu weiten Weg vor
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