Verfuehre niemals einen Highlander
Kopf.
Zwei weitere Männer schlenderten gemütlich herein. Alices Vater Alex Fulton, dem es gesundheitlich nicht gut ging, sah erfreut zu, wie sein Schwiegersohn seinen Enkel küsste. Der andere Mann war Jaimie, Lord Sanford, ein Cousin von Hawkhurst. Blond, schlank und untadelig gekleidet. Wenn er sich nicht in der Stadt aufhielt, pflegte er seine Abende meistens bei ihnen zu verbringen, hatte Alice erklärt.
„Der Kleine muss schlafen“, tadelte Alice ihren Gatten.
„Gib ihn mir“, bat Alex Fulton, nahm seinem Schwiegersohn das Kind ab und ging mit ihm hinaus.
„Dein Vater hat heute scheinbar einen guten Tag“, meinte Hawkhurst an Alice gewandt.
Über Alices Miene legte sich ein Schatten. „Was nur noch selten vorkommt, aber jetzt wirkt er richtig froh.“
Der Butler kam mit dem Teetablett, setzte es neben Alice ab und ging wieder hinaus.
Jaimie reichte Selina eine Tasse und ließ sich neben ihr nieder. „Darf ich sagen, wie hinreißend Sie heute aussehen, Mrs Gilvry?“ In seinen grünen Augen stand warme Bewunderung. Seit ihrer Ankunft schon pflegte er milde mit ihr zu flirten. Laut Alice stand er in dem Ruf, ein rechter Lebemann zu sein, und Selina fühlte sich von seiner Aufmerksamkeit ein klein wenig geschmeichelt.
Sie genoss ihre Wortgefechte, denn es lenkte sie von Ian ab. Zumindest tagsüber für ein paar Stunden. Nachts sah es ganz anders aus.
Er fehlte ihr unsäglich, doch in der Nacht, wenn sie mit ihren Gedanken allein war, brach ihr ganzes Elend über sie herein.
„Danke, sehr gütig, Lord Sanford“, erwiderte sie. „Sie haben ihre Krawatte in einem neuen Stil gebunden, nicht wahr?“
„Ermutige ihn nicht noch“, lachte Hawkhurst. „Er ist schon Dandy genug!“
Ehe sie antworten konnte, dröhnte es laut durchs Haus. Jemand hämmerte ans Portal.
Hawkhurst erhob sich erstaunt. „Was zum Teufel ist das?“
Jaimie ging zum Fenster, das zur Front hinaus zeigte. „Ich kenne das Pferd nicht, aber es ist ein Prachtexemplar.“
Der Butler eilte verstört herbei. „Es ist ein Barbar an der Tür, Mylord“, keuchte er atemlos. „Soll ich Ihr Gewehr holen?“
Wieder erklang donnerndes Pochen.
„Wie, haben Sie den Mann etwa auf der Schwelle stehen lassen?“, fragte Sanford.
„Er sieht aus, als wollte er jemanden ermorden!“
„Und was meinen Sie mit Barbar?“, verlangte Hawkhurst zu wissen.
„Er trägt eine Art Rock.“
Mit klopfendem Herzen stand Selina auf. „Wie genau sieht dieser Barbar aus?“ Sie konnte kaum sprechen, so atemlos war sie.
„Hm, schwer zu sagen, Mylady, sein Gesicht wird fast völlig von einem schwarzen Bart verdeckt.“
Ein Bart. Das klang nicht nach Ian. Ihr sank das Herz. Vielleicht hatte er einen seiner Männer mit einer Botschaft geschickt. Vielleicht steckte er in Schwierigkeiten. „Welche Farbe hat sein Kilt?“
„Madam?“
„Der Rock!“
„Darauf habe ich nicht geachtet, aber er hat verlangt, dass Sie zur Tür kommen sollen, wenn ich ihn schon nicht einlasse.“
Es musste jemand sein, den Ian geschickt hatte. Ihr wurde der Mund ganz trocken. „Vielleicht sollten wir wenigstens hören, was er will.“
„Gut, dass deine Türen so solide sind“, bemerkte Jaimie trocken, während er sich wieder neben Selina niederließ. Obwohl er anmaßend genug war, ja, sogar ein ziemlicher Snob, bewegte er sich doch mit einer Geschmeidigkeit, bei der sich Selina manchmal fragte, ob hinter seiner Fassade nicht mehr steckte.
„Soll ich die Hunde auf ihn hetzen?“ Der Butler schien zu allem entschlossen.
„Das nun gewiss nicht!“, äußerte Alice mit einem Blick auf Selina. „Bitten Sie ihn hinauf.“
Hawkhurst sah seine Frau nachdenklich an.
Sie zuckte die Achseln, ging aber zum Kamin, lehnte sich an den Sims und schaute gespannt zur Tür.
Selina hielt ihre Finger fest verschränkt. Es konnte nicht Ian sein. Hoffentlich ist ihm nichts passiert, betete sie stumm, nicht verhaftet, nicht deportiert oder – ihr wurde ganz übel – gehängt.
Die Tür flog auf. Der Mann, der auf der Schwelle aufragte, sah wirklich wie ein Rüpel aus. „Ian!“, keuchte Selina.
Noch nie hatte sie ihn derart gesehen. Ein Bart verdeckte das Gesicht bis zu den hageren Wangen. Unter seinen blauen, jetzt vor Wut flammenden Augen lagen dunkle Schatten. Er sah aus, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Er durchbohrte Sanford mit seinem Blick.
„Sind Sie der kleine Lord, der mit meiner Frau tändelt?“ Er klang ziemlich gefährlich.
Jaimie schaute kurz
Weitere Kostenlose Bücher