Verfuehre niemals einen Highlander
ein. „Welche Gewissheit haben wir, dass Sie sie nicht einschüchtern werden, wenn Sie mit ihr allein sind?“
„Oder sie überlisten“, warf Alice ein.
Ian wurde rot.
Selina sog scharf die Luft ein. Vermutlich war er nicht erfreut zu erfahren, wie offen sie mit Alice gesprochen hatte.
„Ich gebe mein Wort“, sagte er und sah Selina fest in die Augen.
Eigentlich hatte sie nicht das Recht, ihm ein Gespräch zu verwehren. Er war ihr Gemahl, doch sie war froh, dass er sie nicht bedrängte. Obwohl sie das Gefühl hatte, es könnte dazu kommen, wenn sie ihn abwies.
„Es ist gut, Alice“, sagte Selina, „Mr Gilvry hat sein Wort gegeben. Wenn er Vertrauliches mit mir zu besprechen hat, will ich es mir anhören.“
Hawkhurst verbeugte sich leicht und half seiner Gattin aufzustehen. „Wir sind da drüben in der Bibliothek, in Rufweite, falls Sie uns brauchen.“
Jaimie neigte leicht den Kopf. „Lady Selina, ich hoffe, Sie heute Abend beim Dinner zu sehen.“ Damit folgte er seinen Gastgebern.
Ian sah ihm hinterher mit einem Blick, als wollte er ihn erwürgen.
„Nun, Ian …“ Selina war froh, dass ihre Stimme nichts von dem Aufruhr in ihrer Brust kundtat. Allerdings bebte sie innerlich zu sehr, als dass sie sich dessen ganz sicher gewesen wäre.
Er wies auf das Sofa. „Bitte setz dich doch.“
Sie tat es. Er blieb stehen. Ragte über ihr auf, die Skepsis stand ihm im Blick, als müsste er sich versichern, dass sie immer noch heil und unversehrt war.
Heiß rann es ihr durch die Adern. Die gleiche Hitze flammte in seinen Augen. Aber das Körperliche war schon immer das Beste an ihrer Ehe gewesen.
Tief atmete sie ein. „Du wolltest mit mir sprechen. Was willst du mir sagen?“
Er straffte sich. „Wolltest du die Scheidung?“
Schmerz erfasste ihr Herz wie eine eiserne Klammer. Sie schaute auf ihre Hände, betrachtete ihre Finger, um ihm ja nicht zu zeigen, wie sehr diese Worte sie verwundeten. Ehe sie wieder aufblickte, zwang sie ein Lächeln auf ihre Lippen. „Bist du deswegen hier? Dazu hätte es doch gewiss nur eines Briefes an deinen Advokaten oder eben direkt an mich bedurft?“
„Der dort ist die Art Mann, die du hättest heiraten sollen – ich meine den jungen Hund, der gerade hinausgegangen ist. Noch so ein Salonlöwe.“
„Er ist ein wohlerzogener junger Gentleman.“
„Was ist mit Dunstan? Ich dachte, den willst du.“
„Nein.“ Wollte er ihr etwas unterstellen?
Er wirbelte herum und lief wie ein Tiger im Käfig vor ihr auf und ab. „Als deine Freundin mir letzte Woche schrieb, wie unglücklich du seiest, und dass du so bald wie möglich deine Freiheit brauchtest, weil da ein Herr sei …“, er unterbrach sich kurz, „… ein anderer Herr, der dir sein Interesse zeige, dachte ich, ich komme her. Ich wollte edelmütig sein und dir anbieten, dich freizugeben, wenn es das ist, was du möchtest. Aber je näher ich kam, desto weniger edel wollte ich sein.“
„Alice hat dir geschrieben?“ Irgendwie fühlte sie sich hintergangen. „Wahrscheinlich hielt sie es für das Beste.“ Nur jetzt gerade hätte sie ihre Freundin am liebsten erwürgt.
Er blieb stehen und schaute sie an. „So dachte ich auch.“
Ihr Herz schien stillzustehen. Es schmerzte immer noch, doch es schien nicht zu schlagen. „Tatsächlich?“
„Also frage ich dich noch einmal“, sagte er schroff. „Soll ich alles für eine Scheidung in die Wege leiten?“
Sollte er? „Und Dunross?“
Tief sog er den Atem ein. „Es fällt an dich zurück.“
Ungläubig starrte sie ihn an. „Aber du hast mich doch nur wegen Dunross geheiratet.“
Er sah sie eine lange Weile an. „Nein, keineswegs.“
„So lautete die Abmachung über die Mitgift, nicht wahr? So hast du es mit meinem Vater vereinbart.“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, dein Vater überschrieb mir Dunross – bedingungslos. Aber ich bin kein solcher Schurke, Selina. Ja, ich wollte Dunross. Seit es den Gilvrys genommen wurde, wollten sie es zurück. Aber ich hatte nie damit gerechnet. Genau wie ich dich immer schon wollte und nie erwartet hätte, dich zu bekommen. Eine so wunderbare Frau wie dich habe ich nicht verdient. Und ich werde dich bestimmt nicht deiner Mitgift berauben.“
Das war eine ganz schön lange Rede, doch wirklich wichtig war der mittlere Teil. „Was meinst du damit, dass du mich immer schon wolltest?“
„Ich glaube, ich liebe dich, seit ich achtzehn bin“, er stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus, „obwohl ich es mir
Weitere Kostenlose Bücher