Verführer oder Gentleman? (German Edition)
lasse ich mich nicht so unverschämt anreden! Dafür werden Sie sich sofort entschuldigen!“
„Ganz gewiss nicht, denn Sie sind es, die sich unmöglich benimmt, Miss Howard. Ich erinnere Sie nur an den guten Namen Seiner Gnaden.“
„Daran müssen Sie mich nicht erinnern, Miss Lockwood!“, zischte Geraldine. Ihre Nase in die Luft gereckt, stolzierte sie davon.
Wie begeistert Charles und ihr romantischer Bruder Thomas von dieser Person schwärmten – das gefiel ihr ganz und gar nicht. Und jetzt, zu allem Überfluss, führte Dominic den Emporkömmling auch noch in die Gesellschaft ein. Einfach widerwärtig! Miss Lockwood spielte sich auf, als wäre es ihr gutes Recht, in vornehmen Kreisen zu verkehren – als wäre sie nicht Lansdownes Angestellte, sondern seine Duchess. Sollte man ihn auf die kriminelle Vergangenheit ihres Bruders hinweisen? Aber vielleicht war es vorteilhafter, damit noch etwas zu warten.
„O Gott, ich glaube, Miss Howard mag mich nicht“, seufzte Juliet, sobald sich die junge Dame außer Hörweite befand. „Doch das wird mich wohl kaum um den Schlaf bringen. Von Anfang an wandte sie sich gegen mich. Ich traue ihr nicht über den Weg. So dürfte sich eine Frau in ihrer Position wirklich nicht benehmen.“
„Da bin ich ganz Ihrer Meinung, Miss Lockwood“, versicherte Dominic. „Seit der Kindheit ist sie ganz verrückt nach Charles Sedgwick, und sie hofft, er wird ihr endlich den Heiratsantrag machen, den sie ebenso wie ihre Eltern schon so lange herbeisehnt. Also ist es verständlich, dass sie in Wut gerät, wenn er Lobeshymnen auf eine andere Frau anstimmt. Und deshalb müssen Sie verstehen, wie unfreundlich sie Ihnen begegnet.“
Schweigend nickte Juliet. Schon an jenem ersten Abend hatte Geraldine Howard demonstriert, sie würde ihr das Leben nicht leicht machen.
Umso warmherziger wurde sie von Lady Pemberton begrüßt, die ihren Bruder verblüfft musterte. Warum beehrte er sie mit seiner Anwesenheit? Normalerweise mied er ihre Soireen wie die Pest. Hing sein Sinneswandel mit der reizvollen Miss Lockwood zusammen?
Die Szene, die sich soeben abgespielt hatte, war Cordelia nicht entgangen, und sie bemerkte Geraldines feindselige Haltung. Dann registrierte sie erstaunt Miss Lockwoods hinreißende Schönheit, die sie bei der ersten Begegnung übersehen hatte. Jedem Mann musste solch ein Juwel auffallen.
Kein Wunder, dass dieses liebenswürdige Lächeln und die anmutige Haltung mehrere männliche Gäste faszinierte … Und Dominic war anscheinend unfähig, von Miss Lockwoods Seite zu weichen. Seltsamerweise wirkte er so entspannt und unbeschwert, wie Cordelia ihn schon lange nicht mehr gesehen hatte.
Aber die beiden waren verspätet auf der Soiree eingetroffen, und sie hatte sich bereits gefragt, ob sie überhaupt kommen würden. Missbilligend runzelte sie die Stirn. „Freut mich, dass du zu guter Letzt doch noch beschlossen hast, Miss Lockwood hierher zu begleiten, Dominic.“
„Was wirfst du mir denn vor, Cordelia?“ Amüsiert grinste er seine Schwester an.
„Ja, was wohl? Natürlich deine Verspätung, du unartiger Junge!“ Aber ihr Ärger verflog. Wann immer er ihr dieses entwaffnende Lächeln schenkte, konnte sie ihm nicht zürnen. „Außerdem verüble ich dir meine Befürchtung, Miss Lockwood hätte sich anders besonnen und dir erklärt, sie würde meine Soiree nicht besuchen. Und dass du so umwerfend attraktiv aussiehst … Und jetzt“, fuhr sie fort und verzieh ihm endgültig, „sei doch so nett und sprich mit Dr. Goodwin. Er möchte dich mit seinem Sohn bekannt machen, der vor Kurzem von seiner Europareise zurückgekehrt ist. Sicher findet ihr ein interessantes Gesprächsthema, während ich mit Miss Lockwood plaudere.“
Nur widerstrebend trennte er sich von Juliet. Mit anderen Leuten wollte er nicht reden. Aber als er dem gnadenlosen Blick seiner Schwester begegnete, fügte er sich in sein Schicksal und erfüllte ihren Wunsch.
„Ihr Besuch freut mich, Miss Lockwood. Haben Sie sich schon in Lansdowne House eingelebt?“
„O ja, so ein schönes Haus …“, antwortete Juliet und ließ sich von der Gastgeberin in eine ruhige Ecke führen.
„Wie ich gehört habe, nahmen Sie am Erntefest teil. Das fand ich großartig.“ Als Juliet überrascht blinzelte, lachte Lady Pemberton. „Nun fragen Sie sich, wieso ich das weiß. Wenn in dieser Gegend etwas Ungewöhnliches passiert, spricht es sich meilenweit herum.“
„Ungewöhnlich? An jenem Abend kamen so viele
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