Verführer oder Gentleman? (German Edition)
ein Feiertag, den Sie nicht versäumen dürfen, Miss Lockwood.“
„Aber ich möchte nicht hingehen, ich kenne niemanden …“
„Doch, Sie gehen hin“, bestimmte Lady Pemberton. „Ich hole Sie ab, und wir schauen uns das Hindernisrennen gemeinsam an. Und vielleicht wollen Sie auf dem Jahrmarkt ein paar Ringe werfen. Oder Sie lassen sich von der Zigeunerin die Zukunft weissagen – die baut jedes Jahr ihre Bude auf.“
Angesichts dieser Entschlossenheit gab Juliet sich lächelnd geschlagen. „Also gut, Lady Pemberton, ich begleite Sie sehr gern.“
„Großartig!“, rief Cordelia. „Dann wäre das geklärt.“
Juliet blickte zu den offenen Glastüren hinüber, die auf eine Terrasse führten. Dahinter lag der schöne Garten, und der Wunsch, ihn zu erforschen, war unwiderstehlich. „Würden Sie mir einen Spaziergang durch Ihren Park erlauben, Lady Pemberton?“
„Gewiss, meine Liebe“, erwiderte Cordelia geistesabwesend, in Gedanken mit der Situation ihres Gastes beschäftigt.
„Was für eine gute Idee, Miss Lockwood“, meinte Dominic, „ich komme mit.“
„Nein, das ist nicht nötig“, protestierte Juliet hastig.
„Darauf bestehe ich. Cordelia hat wundervollen Rittersporn gezüchtet, der wird Ihnen sicher gefallen.“
Überrascht starrte seine Schwester ihn an. „Rittersporn? Seit wann interessierst du dich für Rittersporn, Dominic? Oder für irgendwelche anderen Blumen? Ich dachte, du wüsstest gar nicht, wie die aussehen.“
Mutwillig lachte er sie an. „Dafür interessiere ich mich, seit Miss Lockwood die Absicht geäußert hat, deinen Garten zu besichtigen“, erklärte er und bot Juliet seinen Arm. „Gehen wir?“
Seine Stimme sandte einen seltsamen Schauer über ihren Rücken. Nur sekundenlang zögerte sie. Dann beobachtete sie verwirrt ihre behandschuhte Hand, die sich wie aus eigenem Antrieb auf den Ärmel des Dukes legte.
Zufrieden schaute Cordelia ihrem Bruder nach, der Miss Lockwood auf die Terrasse geleitete, wo mehrere Gäste hin und her schlenderten, um den schönen Sommerabend zu genießen.
Interessierte er sich wieder für das weibliche Geschlecht – nicht nur wegen gewisser Bedürfnisse? Seit Jahren wartete Cordelia vergeblich auf die Erfüllung ihres Wunsches, der liebe, attraktive Dominic würde eine passende Braut finden. Und so war es verständlich, dass sie neue Hoffnung schöpfte.
Cordelia wäre entrüstet gewesen, hätte sie erraten, welche Gedanken ihr Bruder hegte, während er Miss Lockwood wie ein vernarrter Verehrer die Gartenpfade entlangführte – aufmerksam, aber nicht in ungehöriger Weise aufdringlich.
An eine Heirat dachte er keineswegs, eher an eine Verführung. Die Konversation drehte sich um vorhersehbare Themen – den schönen Garten, das Wetter, die Soiree und die Gäste, die wunderbare Landschaft ringsum.
Langsam folgten sie einem Sandweg, der sich zwischen Bäumen und Büschen, Rasenflächen und gepflegten Beeten voller exotischer Blumen dahinwand. Nach einer Weile erreichten sie das Ende des Gartens außerhalb der Sichtweite des Hauses.
Hier herrschte friedliche Stille. Ein kleiner Platz mit Bänken wurde von einer hohen Buchsbaumhecke umgeben, deren glänzende dunkelgrüne Blätter würzig dufteten. Nur das Zwitschern der Vögel erklang, und gelegentlich knackte ein Zweig unter den Füßen. Gedämpft, fast unhörbar drang das Stimmengewirr vom Haus herüber.
Sie standen so dicht nebeneinander, dass sie sich fast berührten. An ihrer linken Seite spürte Juliet die Körperhitze des Dukes, ein offenes Feuer schien ihre Haut zu versengen. Plötzlich war sie sich selber fremd – doch sie erkannte trotzdem die Gefahr. In der Intensität dieses Moments mochte sie etwas tun oder sagen, was sie später bitter bereuen würde.
Unbehaglich drehte sie den Kopf zur anderen Seite. „Ich finde, wir sollten zurückgehen. Inzwischen wird man unsere Abwesenheit bemerkt haben.“
Dominic wandte sich zu ihr. „Und?“
Nur widerstrebend schaute sie in seine betörenden silbergrauen Augen. „Und man wird Kommentare darüber abgeben. Wie … wie weit wir uns vom Haus entfernt haben, war mir nicht bewusst.“
„Also gut, kehren wir um. Aber vorher will ich mir einen Wunsch erfüllen, den ich schon seit langer Zeit hege.“
„Oh …“ Sein Blick hielt ihren fest. Für flüchtige Sekunden fühlte sie sich an ihn gebunden, auf unwiderstehliche Weise zu ihm hingezogen – wie ein Fisch an einer Angelschnur.
Eine ihrer Haarsträhnen hatte sich
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