Verfuehrerische Naehe
wissen. Das musste irgendwie einfacher zu machen sein.
Die Hände in die Hüften gestützt, blickte er über die Wiesen zum Haus seiner Nachbarin.
Lieber hätte er sich selbst mit einer dieser Dornenranken gegeißelt, als es zuzugeben, dass sie Recht hatte. Er brauchte Hilfe.
Nachdem Chantal gestern Vormittag weggefahren war, hatte er sich den Dschungel angesehen, der einst der ganze Stolz seiner Mutter gewesen war. Trotz aller Anstrengungen gab es leider Stellen, an denen er nicht vorankam. Besonders bei den Brombeeren hätte er am liebsten einen Bulldozer eingesetzt. Er brauchte den Rat eines Experten, und falls dieser Experte einen Bulldozer fuhr, würde er sich bestimmt nicht beklagen. Andererseits konnte er sich Chantal Goodwins Schwester Julia, die eine Vorliebe für Satin hatte, nicht mit schwerem Räumgerät vorstellen.
Seine Nachbarin tauchte nicht mehr auf, und das überraschte ihn nicht. Seit dem Mittagessen war sie immer wieder zwischen den Bäumen neben ihrem Haus hervorgekommen und wieder dahinter verschwunden. Was hatte sie da bloß gemacht?
Eines war klar. Davon, dass er hier herumstand, würde er es bestimmt nicht erfahren.
Aber hatte sie ihn nicht eingeladen, sich bei ihr die Arbeit ihrer Schwester anzusehen? Und hatte er nicht seit gestern ein schlechtes Gewissen, weil er ihr nicht für die Mühe beim Herrichten seines Hauses gedankt hatte? Er sah förmlich, wie seine Mutter vorwurfsvoll den Kopf schüttelte.
„Habe ich dir denn gar keine Manieren beigebracht, Cameron?”
Fest entschlossen, den Fehler auszubügeln, schwang er sich über den Zaun an der hinteren Grundstücksgrenze und überquerte die Wiesen.
Die Bäume, denen Quade den ganzen Nachmittag seine Aufmerksamkeit gewidmet hatte, waren ein Windschutz für einen ziemlich großen Obstgarten. Und genau dort fand er Chantal.
Am Ende der wie Soldaten aufgereihten kahlen Obstbäume stand sie mit einem Golfschläger in den Händen und konzentrierte sich dermaßen, dass sie ihn weder sah noch hörte.
In demselben niedlichen Röckchen, das sie gestern getragen hatte, ging sie vor einem Ball in Stellung, schwenkte die Hüften, dass Quade der Atem stockte, und holte aus. Doch sie ging beim Schlag nicht richtig mit, und der Ball landete absolut nicht dort, wo sie ihn hinhaben wollte.
Chantal bewegte die Schultern, reckte sich und trat an den nächsten Ball heran. So verschlug sie einen Ball nach dem anderen auf dem kurz gemähten Rasen vor ihrem Haus.
Das erklärte ihr eichhörnchenartiges Verhalten. Sie hatte eifrig die Golfbälle eingesammelt und dann immer wieder von neuem geschlagen. Diese verbissene Hingabe hatte er schon damals an ihr bemerkt, als er mit ihr zusammenarbeitete, doch Golf sollte eigentlich Spiel und Entspannung bedeuten, und heute war Sonntag.
Nachdem der letzte Ball in einem Winkel von ungefähr fünfundvierzig Grad von der Linie abgekommen und von einem Baumstamm abgeprallt war, ließ sie die Schultern hängen.
„Darf ich annehmen, dass die gestrige Partie nicht besonders gut gelaufen ist?” fragte Quade.
Erschrocken drehte Chantal sich zu ihm um. „Wie lange stehen Sie schon da?”
„Lange genug.”
„Na bitte”, entgegnete sie mit einem kurzen, humorlosen Lachen. „Dann haben Sie mit eigenen Augen gesehen, dass ich ein altes Sprichwort widerlege. Übung macht nicht immer den Meister.”
„Kennen Sie den Ausspruch, dass man schlechte Gewohnheiten nicht auch noch pflegen soll?”
„Was für schlechte Gewohnheiten?” erkundigte sie sich vorsichtig.
„Sie verkrampfen den unteren Bereich Ihres Körpers. Sie müssen locker und entspannt bleiben.”
Sie sah ihn empört an. „Sie haben den unteren Bereich meines Körpers beobachtet?”
„Schuldig im Sinne der Anklage, aber zu meiner Verteidigung weise ich auf Ihren Rock hin.” Quade erlaubte sich einen genüsslich langen Blick auf besagtes Kleidungsstück, ehe er Chantal ins Gesicht sah, und bekam erneut den Eindruck, dass sie nicht an Komplimente gewöhnt war. Seltsam bei einer Frau, die so sexy war wie sie.
„Also, Quade, Sie sind doch wohl kaum hergekommen, um meine Schlagtechnik zu kritisieren. Was wollen Sie wissen?”
Typisch Anwältin, dass sie ihn jetzt genauso behandelte, wie er das mit ihr gemacht hatte.
Seit er ihren Obstgarten betreten hatte, amüsierte er sich, und das beunruhigte ihn, denn er wollte sich nicht mit dieser scharfzüngigen Anwältin amüsieren. „Erst als Sie gestern schon fort waren, ist mir eingefallen, dass ich
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