Verführerisches Feuer

genauso wenig steht es mir zu, darüber zu urteilen, ob Ihre Garderobe zweckmäßig ist oder nicht. Wenn Sie es also für möglich hielten, ich hätte Maria Anweisung erteilt, Ihnen Ihre Kleider wegzunehmen, heißt das nur, dass ich es mit meiner Fürsorglichkeit wieder einmal übertrieben habe.“
    Wie der wurde es Annie leicht schwindlig, ein Zustand, der sich in Falcons Gegenwart nicht zum ersten Mal einstellte.
    „Ich habe wahrscheinlich überreagiert“, räumte sie kleinlaut ein.
    Als er sie anlächelte, machte ihr Herz einen gewaltigen Satz. Was für ein sympathisches Lächeln er doch hatte, es war stark und aufrichtig und ließ seinen sinnlichen Mund noch sinnlicher erscheinen. Irgendeine sträflich leichtsinnige Regung durchzuckte heiß ihren Unterleib. Sofort wurde sie von Panik ergriffen.
    Erleichtert registrierte sie in der Ferne Stimmen, die sie von ihren verwirrenden Empfindungen und Gedanken ablenkten.
    Das Paar, das jetzt den Flur betrat, war so unübersehbar ineinander verliebt, dass Annie Mühe hatte, den Kloß hinunterzuschlucken, der ihr plötzlich im Hals saß. Sie sah die zärtlich bewundernden Blicke, die Rocco Leopardi seiner Frau zuwarf, während er ihr half, einen kleinen Jungen in Ollies Alter aus einem Buggy zu heben.
    Die beiden Kleinkinder schienen auf Anhieb Gefallen aneinander zu finden.
    „Ist es nicht erstaunlich, dass Babys schon so aufeinander reagieren?“ Roccos Frau lachte. „Ich bin übrigens Julie“, stellte sie sich vor, während sie das Kind an Rocco weiterreichte, um Ollie gebührend bewundern zu können. „Na, dass er ein Leopardi ist, lässt sich unschwer übersehen.“ Sie fügte lachend hinzu: „Und du hast recht, Rocco, er hat wirklich Falcons Augen.“
    „Sie müssen schockiert gewesen sein, als Falcon auftauchte. Mir jedenfalls ging es so, als Rocco mich plötzlich aus heiterem Himmel mitten auf der Straße ansprach. Ich bekam sofort Panik, weil ich befürchtete, er wolle mir meinen Neffen wegnehmen.“
    Die beiden Frauen saßen auf der Terrasse, während sich die Babys auf einer Decke zu ihren Füßen vergnügten. Falcon und Rocco hatten sich zurückgezogen, sodass Annie in der vergangenen Stunde allein von Roccos Frau eine Menge über die Familie erfahren hatte. Unter anderem auch, dass es irgendwann die Vermutung gegeben hatte, Julies Neffe Josh könnte Antonios Sohn sein.
    „Es war wirklich sehr mutig von Ihnen, hierherzukommen. Ich kann mir gut vorstellen, wie verletzlich und allein Sie sich nach Olivers Geburt gefühlt haben. Aber jetzt beschützt Falcon Sie und Oliver, auf ihn können Sie sich hundertprozentig verlassen. Er ist extrem pflichtbewusst und zuverlässig bis zum Punkt der Selbstaufgabe. Obwohl Rocco es nie zugeben würde, weiß ich, dass er Falcon regelrecht verehrt. Aber das ist auch kein Wunder, wenn man bedenkt, wie rührend sich Falcon um seine beiden Brüder gekümmert hat. Ihr Vater hat sie als Kinder genauso schlecht behandelt wie seine bedauernswerte erste Frau, und das ist bis heute so geblieben. Es ist nur Falcons Pflichtbewusstsein zu verdanken, dass er sich überhaupt noch um seinen Vater kümmert.“
    „Sie müssen Falcon sehr mögen, wenn Sie so etwas sagen.“ Annie lächelte, obwohl sie sich sehnlich wünschte, das Thema wechseln zu können. Diese alten Geschichten aus Falcons Kindheit erinnerten sie einfach zu sehr an ihre eigene Vergangenheit und gingen ihr wahrscheinlich deshalb unter die Haut.
    „Ja, das tue ich, er ist wirklich ein wunderbarer Mensch.“ Jetzt schaute Julie sich leicht nervös um, zupfte an ihrem Rock und begann dann mit ihrer Sonnenbrille zu spielen, die sie vor sich auf dem Tisch liegen hatte. „Also, ich möchte der Familie gegenüber ja nicht illoyal sein, aber Rocco weiß sowieso, was ich denke. Dafür, dass Sie Falcon hundertprozentig vertrauen können, würde ich jederzeit meine Hand ins Feuer legen, mit dem Prinzen allerdings sollten Sie vorsichtig sein. Ich weiß nicht, ob Falcon Ihnen schon etwas über seinen Vater erzählt hat?“
    „Eigentlich nur, dass er seinen Sohn aus zweiter Ehe unerträglich idealisiert hat“, erwiderte Annie.
    Julie nickte.
    „So ist es. Und deshalb fürchte ich, dass er zu allem fähig ist, um sicherzustellen, dass Antonios Sohn genauso aufwächst, wie Antonio aufgewachsen ist. Zu allem. “
    Annie wurde aus Julies Worten nicht recht schlau, aber die Warnung, die darin mitschwang, war unüberhörbar. Doch bevor sie nachfragen konnte, kehrten Falcon und Rocco