Verfuehrt, Verlobt - Verraten
und praktisch gleich um die Ecke wohne.“
„Haben sie das gesagt?“
„Nein, aber …“
„Sie wollten, dass du das Nest verlässt, sonst hätten sie sicher nicht etwas so Drastisches wie Italien vorgeschlagen. Glaub’s mir ruhig, deine Eltern sind schließlich nicht dumm. So haben sie dir geholfen, deinen eigenen Weg zu finden. Schade, irgendwie.“
„Schade? Wieso?“
„Die Vorstellung, dass du dich in den falschen Mann verliebt hast und deshalb fliehen musstest, fand ich interessanter.“
Caroline wurde bewusst, wie nah sie einander waren. Auch fiel ihr der intensive Blick auf, mit dem er sie musterte. Verlegen setzte sie sich auf und zog das Handtuch über ihre Beine. „Ich fühle mich nicht zu … zu unpassenden Männern hingezogen“, sagte sie mit seltsam krächzender Stimme.
„Definiere ‚unpassend‘.“ Lässig griff er in die Kühlbox und holte zwei Getränkedosen heraus, reichte ihr eine davon.
Caroline kam sich wie eine Geisel vor – gefangen in einem Gespräch, dem sie nicht entfliehen konnte. Sie presste die kalte Dose an ihre glühende Wange. „Ich mag sensible, aufmerksame, ruhige Männer“, gestand sie leise.
„Hört sich langweilig an.“
„Nette Männer sind nicht langweilig. Männer, auf die man sich verlassen kann.“
„Und wo sind diese Männer dann?“
„Im Moment habe ich keine Beziehung, wenn es das ist, wonach du fragst“, erwiderte sie spitz und hoffte, dass er das Beben in ihrer Stimme nicht wahrnahm.
„Ich kann mir gut vorstellen, dass nette Männer eine grobe Enttäuschung sein können.“
„Und ich kann mir vorstellen, dass einige deiner ehemaligen Freundinnen da ganz anderer Meinung sind!“ Rote Flecken erschienen auf ihren Wangen. War er näher an sie herangerückt? Oder hatte sie den Abstand zwischen ihnen verkürzt?
„Bis jetzt habe ich noch keine Beschwerden gehört“, murmelte er. „Manche hatten sich allerdings in den Kopf gesetzt, etwas Dauerhaftes zu ergattern. Die waren dann schon enttäuscht. Was den Sex betrifft, hat sich keine beklagt. Sie haben alle …“
„Das will ich gar nicht wissen“, fiel Caroline ihm schrill ins Wort.
Giancarlo grinste breit. „Vermutlich hast du also noch nicht viele heißblütige Italiener getroffen, was?“ So gut hatte er sich schon lange nicht mehr amüsiert. Sein übliches Leben in der Überholspur, mit Stress und ständigem Druck, schien er an den Ufern des Comer Sees abgelegt zu haben. Er kam sich vor, als würde er den Unterricht schwänzen, und er fühlte sich großartig dabei.
„Dafür bin ich schließlich nicht hergekommen!“
„Schon, aber das wäre doch ein angenehmer Bonus, oder?“
Dieses Gespräch machte sie rastlos, und so stand sie auf und stellte sich an die Reling. Schon erstaunlich, ihre Wasserphobie war sang- und klanglos verschwunden. Natürlich – wo wäre auch noch Platz für irrationale Ängste, wenn Giancarlos Nähe diese bizarren Dinge mit ihr anstellte? Auf der einen Seite machte er sie nervös, andererseits wirkte seine Gegenwart enorm beruhigend. Das sollte einer verstehen!
Als er zu ihr kam und sich hinter sie stellte, drehte sie sich zu ihm herum, den Rücken an die Reling gelehnt. „Es ist schön hier.“ Sie hatte Mühe, nicht auf seine muskulöse Brust zu starren, sondern nur in sein Gesicht zu sehen. „Fehlt es dir? Ich weiß, Mailand bietet genügend Abwechslung. Aber du bist hier aufgewachsen. Sehnst du dich manchmal nach der Ruhe hier und dem endlos weiten Blick?“
„Du verwechselst mich mit einem von diesen sensiblen Männern, die du bevorzugst.“ Er stützte die Hände zu ihren Seiten auf das Geländer, kesselte sie ein, ohne sie jedoch zu berühren. „Ich schwelge nicht in Nostalgie. Wobei ich hinzufügen muss, dass es auch nicht viel gibt, worüber ich nostalgisch werden könnte.“
Sein Lächeln jagte ihr einen prickelnden Schauer über den Rücken. Ihre nackten Zehen krümmten sich auf den Planken. Himmel, sie bekam kaum noch Luft! Ihre Blicke verhakten sich, und Caroline wurde schwindlig von dem Glühen in seinen fast nachtschwarzen Augen.
Sie wusste nicht mehr, worüber sie geredet hatten. Sie hörte auch das leise Schwappen der Wellen nicht mehr, sondern nur noch das Rauschen des eigenen Blutes und das wilde Hämmern ihres Herzens.
Ihr war nicht bewusst, dass sie die Lider halb geschlossen hielt, oder dass ihre Lippen sich wie von allein geöffnet hatten, doch Giancarlo entging es nicht. Der Duft von Lust stieg ihm in die Nase und ließ
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