Verfuehrt von einem Highlander
mit mir reiten.« Er wandte sich an Tristan, und ein Schatten von boshafter Vorfreude verfinsterte seine diamantfarbenen Augen. »Er reitet mit mir.«
»Aye«, stimmte Tristan leichten Herzens zu und bedachte Tamas mit einem mitfühlenden Blick.
Isobel starrte ihn an. »Was meinst du mit ›aye‹?« Würde es etwa immer so sein, dass Tristan beiseitetrat und seine Familie ihrer antun ließ, was ihr gefiel? Sie kochte vor Zorn. Dann würde sie ihre Brüder eben selbst beschützen, so, wie sie es immer getan hatte!
Sie nahm ihren Mut zusammen und wandte sich an Will. Sie sprach leise und sehr betont. »Wenn Ihr es wagt, meinem Bruder auch nur ein Haar zu krümmen, ich schwöre, ich werde Euch vergiften und …«
»Vielleicht«, Will drehte sich mitten in Isobels Tirade zu Tamas um, »bist du doch nicht so mutig, wenn deine Schwester dich beschützen muss.«
Sofort blähte Tamas die Brust. »Ich kann selbst auf mich aufpassen. Ich werde morgen mit Euch reiten und es beweisen.«
Isobel wollte die beiden anschreien, besonders Will. Ihre Drohungen hatten entweder nicht gewirkt, oder sie interessierten diesen Menschen nicht im Mindesten. Und wie clever von ihm, ihre mütterlichen Instinkte gegen sie zu benutzen! Und Tamas! Lieber Gott, Tristan hatte sie gewarnt, dass ihr Bruder dabei war, einen gefährlichen Weg einzuschlagen! Er provozierte absichtlich die Wut anderer. Eines Tages könnte das sein Tod sein.
»Er ist stolz!«, sagte sie rasch und mit ein wenig mehr Bescheidenheit und hoffte, den Handel rückgängig zu machen, den ihr Bruder eingegangen war.
»Er ist zu furchtlos, was seine eigene Sicherheit angeht«, fügte Tristan prompt hinzu.
Isobel stieß einen resignierten Seufzer aus. Sie wandte sich Tristan zu, und ihr war klar, dass er nicht versuchte, Tamas vor Will zu retten, sondern vor sich selbst. Cam hinter ihm nickte.
»Ja«, gab sie schließlich zu. »Das ist er wohl.«
Tristan lächelte und zog Isobel an sich. Er sprach so leise, dass nur sie es hören konnte. »Er wird mit Will reiten.«
Es fiel Isobel unendlich schwer, doch sie nickte und legte das Leben ihres Bruders in die Hände eines anderen.
Glücklicherweise war Tristan nicht irgendjemand, sondern ein Mann von Ehre.
Kapitel 36
A m nächsten Morgen brachen sie früh auf, ungefähr eine Viertelstunde, nachdem Will während der Vorbereitungen bemerkt hatte, dass sein Sattelgurt sich gelockert hatte. Um Tamas’ willen machte niemand eine Bemerkung darüber, wie schlimm Will hätte stürzen können, wäre er aufgestiegen.
Isobel hielt ihnen allen das sehr zugute.
Das Terrain entlang der felsigen Küste des Firth of Clyde war tückisch, zumindest für Isobels Hinterteil. Sie war noch wund vom Tag zuvor. Hätte sie nicht Tristans Wärme an ihrem Rücken gespürt, sie hätte sich wohl die ganze Zeit gewunden. Doch wenn sie sich bei ihm anlehnte und seine Arme sie umfingen, brachte sie das trotz allem, was vor ihnen lag, zum Lächeln. Bald würde sie die Höhle der MacGregors betreten, und sie brachte Cam mit.
»Ich mag es nicht, wenn du dich in meinen Armen anspannst.« Seine Stimme, so nah und heiser an ihrem Ohr, schickte ein Prickeln ihren Rücken herunter. »Ich will dich stets weich und bereit spüren, wenn ich dich halte.«
»Und du bekommst immer deinen Willen.« Sie schloss die Augen und schmiegte sich an ihn. Wie würde sie ihn je verlassen können?
»Aye.«
Sie hörte das Lächeln in seiner Stimme und musste auch lächeln. »Werdet Ihr alle meine Drachen für mich vertreiben, mein edler Ritter?«
»Aye, wenn du mich lässt, werde ich das.«
Er würde sie vertreiben. Oh, wie sehr sie sich danach sehnte, mit ihm allein zu sein, dann könnte sie sich zu ihm umdrehen und ihn küssen! Einen verrückten Augenblick lang wünschte sie, Camlochlin wäre näher, dann hätten sie es bald erreicht und könnten noch ein letztes Mal beisammen sein.
Ein Pferd schloss zu ihnen auf, und Isobel öffnete die Augen und lächelte Tamas an, als er und Will sie passierten.
»Tristan?«
»Aye, meine Liebe.«
»Wann hast du angefangen, mich zu lieben? Ich will mich immer daran erinnern.«
Tamas’ gellender Schrei verhinderte Tristans Antwort und ließ Isobel das Blut in den Adern gefrieren. Sie richtete sich kerzengerade auf und sah voller Entsetzen, dass Will aus dem Sattel gestiegen war und den zappelnden Tamas zum Saum des Lochs trug. Dort ließ er ihn in das Wasser fallen.
»Tristan!«, keuchte Isobel und krallte die Hand in sein Hemd.
Weitere Kostenlose Bücher