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Verfuehrung

Verfuehrung

Titel: Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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die sich nichts dabei dachte, ihren Gatten mit verschiedenen Männern zu betrügen, ob mit anderen Adligen oder Kastraten, aber sich Sorgen darum machte, er könne erfahren, dass sie ihren Körper einer anderen Frau überlassen hatte, ja um deren Zärtlichkeiten gebettelt hatte, was im Gegensatz zu dem Verkehr mit Männern überhaupt nicht gegen das Gesetz verstieß. Aber vielleicht hatte der Conte ja andere Regeln aufgestellt.
    Maria deutete Caloris wechselndes Mienenspiel richtig und fügte mit gesenkter Stimme hinzu: »Er ist stolz darauf, wenn sie Eroberungen macht, der Conte. Ein jüngerer Mann wie der Marchese, oder ein Kastrat, das hört er gerne, und sie erzählt ihm auch immer davon. Aber eine Frau, das sehen sie beide als gewöhnlich und für zu leicht an, und gar um Zärtlichkeiten zu betteln, das darf es bei der Contessa keinesfalls geben.«
    Ihr Tonfall war immer bitterer geworden und klang zu persönlich, als dass er sich nur einem Gefühl wie Missbilligung verdankte. Calori erinnerte sich daran, wie das Mädchen aus dem Kutschenfenster gestarrt hatte, den Rücken der Contessa zugewandt, für die sie genauso gut hätte nicht vorhanden sein können. Wie … ein Schoßhund, den man nicht mehr brauchte. Calori entschied, dass sie solche Aristokraten immer weniger mochte, und meinte nur: »Dann verstehen sie alle beide wohl nur zu befehlen, und nichts von den Herzen der Menschen.«
    Maria blickte über die Schulter, wie um sich zu vergewissern, dass ihr niemand gefolgt war, und entgegnete dann eilig: »Ganz gewiss nicht. Ich – ich wollte Ihnen auch danken. Für das, was Sie da drinnen gesagt haben. Es hat mir gutgetan, auch wenn es mich meine Stellung kosten kann, weil ich dabei war. Und ich wollte Ihnen auch etwas versprechen. Wenn Sie mir den Namen von Ihrem Abbate verraten, dann kann ich wenigstens, solange es mir noch möglich ist, dafür sorgen, dass er gut zu essen bekommt. Gefangene, für deren Unterhalt niemand zahlt, die bekommen nämlich nur den Brei von der Armee, aber man kann ihnen auch Essen zuschicken lassen. Das wird bei den Herren immer so gemacht, die bei einem verbotenen Duell erwischt werden und deswegen ein paar Tage in Haft sind.«
    »Danke«, stieß Calori freudig überrascht hervor, ergriff Marias Hände und drückte sie. »Das ist wirklich – aber warten Sie, wie wollen Sie das bezahlen? Ich kann Ihnen Geld dalassen. Giacomo Casanova ist sein Name, ehe ich es vergesse.«
    Zum ersten Mal lösten sich die ernsten Gesichtszüge der Zofe in ein spitzbübisches Grinsen auf.
    » Ich werde es auch nicht bezahlen. Die Contessa bestellt für jeden Empfang, den sie gibt, zu viel Essen, und die Hälfte davon bleibt immer stehen. Wir müssen es zwar an die Jagdmeute des Conte geben und dürfen nichts für uns behalten, aber die Hunde mögen meist nichts davon. Außerdem bemerkt niemand etwas, wenn wir Diener uns daran dennoch freihalten.«
    »Wenn dem so ist«, entgegnete Calori und ließ sich von dem Lächeln der Zofe anstecken. Sie war verblüfft, als das Mädchen erneut errötete, bis Maria flüsterte: »Im Gegensatz zu der Contessa kann ich keinen Frauen befehlen, aber ich weiß ihre Schönheit zu würdigen, und ich hoffe, eines Tages werde ich Sie als Frau erleben!« Damit beugte sie sich vor, küsste Calori ganz schnell auf die Wange, ließ ihre Hände los, als ob sie sich verbrannt hätte, und lief wieder in das Hauptgebäude zurück.

    Auf Stroh in einer Arrestzelle schlief es sich entschieden schlechter als in Caloris Armen, doch das gab Giacomo Zeit zum Nachdenken. Er war nicht ernsthaft beunruhigt, eher verärgert, und entschlossen, sich künftig die Pässe in das Futteral seines Wamses einzunähen. Auch zweifelte er nicht daran, dass sich die Angelegenheit bald aufklären und sein nächster Pass bald kommen würde. Der Kardinal mochte ihn immer noch. Bestimmt. Hätte es sonst Geld zum Abschied gegeben?
    Dann allerdings musste er sich eingestehen, dass die Worte des Kardinals eher gelautet hatten: »Um Himmels willen, Casanova, was wird es mich kosten, Sie endgültig loszuwerden, damit Sie mir nicht noch mehr Skandale ins Haus bringen?« Das Ärgerlichste dabei war wirklich gewesen, dass er in diesem einen Fall nichts anderes getan hatte, als einem jungen Paar mit einem Quartier auszuhelfen, und die Tochter seines Französischlehrers noch nicht einmal geküsst hatte. Wennschon, dann hätte er sich eher gewünscht, wegen echter Skandale entlassen worden zu sein. Je länger er

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