Verfuehrung
Kraft unzertrennlich mit seinen Gefühlen verbunden war.
Es kostete ihn einiges, langsam vorzugehen, denn die Nähe der ebenfalls kaum bekleideten Rosanna war dazu angetan, seine innere Spannung noch zu steigern. Aber er war fest entschlossen, Lukrezia heute alle Zärtlichkeit zu schenken, derer er fähig war, um so ihrer Schwester die Schönheiten der Liebe und nicht nur ihre animalischen Leidenschaften vorzuführen.
Der Weg, den seine Lippen von ihrem Mund über ihre Brüste zu ihrem Bauch und den runden Hüften führte, löste Seufzer um Seufzer aus, die sich steigerten, je mehr er nach seinen liebkosenden Lippen auch Wimpern und Zunge ins Spiel brachte.
Die neben ihnen liegende Schwester tat ihm fast leid. Die Qualen, die sie nun schon seit geraumer Zeit erleiden musste, hätten die Schöpfer der Hölle bestimmt in ihr Repertoire aufgenommen, wäre so eine Situation in ihrer Vorstellungskraft gelegen.
Rosanna hatte mit ihrem Alter seit Jahren bestimmt schon viel über die Gier der Männer gehört, wenn die Geschichten von Nannetta und Martina auch für Mädchen aus dem Süden galten. Aber Erzählungen waren eine Angelegenheit und das Entzücken einer Frau zu erleben, die für sich ganz allein die Zärtlichkeiten genoss, welche ein verliebter Mann ihr schenken konnte, eine andere. Der Verlobte, von dem Rosanna nicht hatte erzählen wollen, war laut Lukrezia ein reicher römischer Bankier, dessen Alter seinem Vermögen entsprach und dem das Mädchen erst zweimal in ihrem Leben begegnet war; das genügte gewiss nicht, um sich gegenseitig kennenzulernen.
Lukrezias linke Hand hatte sich irgendwann unkontrolliert in das Hemd ihrer Schwester verkrallt und so Giacomo unwissentlich einen Hintern enthüllt, für den der Doge Venedig aufgegeben hätte. Trotz dieser Ablenkung spielte er beständig mit seinen Händen, seinen Haaren, seiner Zunge sein Liebesspiel auf Lukrezias Körper weiter, kaum dass der letzte Höhepunkt für sie gekommen war. Ihre Seufzer, ihr Stöhnen wurden immer lauter. Als ihre Schreie, selbst für seine Überzeugung, ihr Mann hätte einen sehr tiefen Schlaf, zu laut zu werden begannen und abrupt erstickten, blickte er hoch und sah, dass Rosanna ihrer Schwester mit einer Hand den Mund bedeckte und mit einem Blick, der keinen Widerwillen mehr ausdrückte, zu ihm hinuntersah. Es dauerte aber noch eine Weile, bis sie sich entschied, das Schweigen zu brechen.
»Sie haben meiner Schwester empfohlen, was sie sagen soll, wenn ihr Mann sie ertappt, und es hat sehr überzeugend geklungen. Was soll aber eine Braut ihrem Mann sagen, wenn sie ihm beichten muss, dass sie keine Jungfrau mehr ist?«
»Sagen Sie ihm, Sie können sich nicht denken, was Sie von einer Jungfrau unterscheidet. Die Blume wird durchaus nicht allen Mädchen gewährt, und jeder Mann ist dumm, sollte er wegen ihres Fehlens seine Frau dann weniger begehren.«
Sie dachte nicht länger nach, wollte das augenscheinlich auch nicht, sondern zog mit einer einzigen Bewegung ihr Hemd über den Kopf, gab ihren jungfräulichen Körper zur Gänze seinen Augen frei und flüsterte: »Dann lassen Sie uns herausfinden, ob Sie einer Frau noch etwas bieten können, wenn sie schon alle Ihre Fertigkeiten gesehen hat!«
* * *
Das zweite Jahr bei den Lantis war schneller vergangen, als Angiola befürchtet hatte. Melani hatte immer wieder für sie kleine Engagements bei Festen in der Umgebung arrangiert, wenn er auch weiterhin wie ein Sklavenhalter ihre ganze Zeit mit seinem Unterricht belegte. Sie hatte kaum noch Muße für ihre Familie und verbrachte die meisten Stunden bei ihrem Lehrer.
Es war an einem Sonntagmittag, als Petronio sie fragte, ob sie Lust habe, mit ihm schwimmen zu gehen. Um ein Haar wäre sie zusammengezuckt, aber obwohl sie ihr instinktives Erschrecken gerade noch verstecken konnte, spürte sie, wie ihr Pulsschlag sich beschleunigte. Zuerst wollte sie wahrheitsgemäß eingestehen, dass sie nicht schwimmen konnte. Dann aber fiel ihr ein, dass Bellino es möglicherweise gelernt hatte; schließlich lagen sowohl Rimini als auch Ancona und Neapel am Meer. Also antwortete sie mit einer anderen Wahrheit, sie fühle sich mit ihrer Verstümmelung nicht wohl dabei, sich in der Gegenwart anderer derart zu entblößen.
»Ein paar von uns behalten ihre Hosen an«, sagte Petronio fröhlich.
»Lass Bellino in Ruhe und iss deinen Fisch auf«, wies ihn seine Mutter an.
Später folgte ihr Petronio aufs Zimmer. »Wenn dir einer dumm kommt, dann
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