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Verfuehrung

Verfuehrung

Titel: Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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den Holzboden drangen, nach zu schließen, jung und männlich, lieferte sich einen feurigen Streit mit dem armen Wirt, und es gab keine Anzeichen, dass er bald damit aufhören wollte.
    »… Dummkopf …«
    »… bitte Sie, sich einen anderen Gasthof zu suchen …«
    »… unerhört! … Gastlichkeit … Papst … Essen …«
    »Ich glaube, da passt es jemandem nicht, dass es keine Fleischspeisen in der Fastenzeit gibt«, sagte Mama Lanti. »Den Ich-habe-aber-Hunger-Tonfall von Knaben erkenne ich überall.«
    »Nun, wenn er es sich leisten kann, in diesem Gasthof abzusteigen, dann kann der Herr kein Knabe mehr sein«, sagte Don Sancho verärgert. »So ein Verhalten ist eine Zumutung, sowohl für den Wirt als auch für die übrigen Gäste. Ich werde mir das nicht länger bieten lassen. Entschuldigen Sie mich einen Moment, meine Damen, meine Herren.«
    Damit erhob er sich und stapfte entschlossenen Schrittes zur Tür.
    »Glaubt ihr, er fordert den Gast dort oben zum Duell?«, fragte Marina großäugig. »Ich habe gehört, dass die Spanier ständig Leute zu Duellen fordern.«
    »Das glaube ich nicht. Ich habe nicht genau hingeschaut, aber ich meine, der Herr, der dort oben eingezogen ist, hat den Rock eines Abbate getragen«, gab Petronio zurück.
    Cecilia sprang ihrer Schwester bei. »Das heißt aber noch lange nicht, dass er auch einer ist! Im Karneval habe ich Dutzende von Abbates gesehen, die die Leute abgeküsst oder verprügelt haben. Den Rock kann jeder anziehen, der ihn kauft. Ich glaube, es gibt ein Duell!«
    »Hoffentlich nicht«, sagte Bellino. »Wenn Don Sancho verliert, gibt es so schnell bestimmt nicht wieder jemanden mit guten Verbindungen nach Neapel.«
    »Immer gibst du Petronio recht«, murrte Marina, obwohl das Unsinn war, doch die beiden Schwestern steckten die Köpfe zusammen und tuschelten, während Mama Lanti besorgt dreinschaute.
    »Meinst du wirklich? Petronio, vielleicht solltest du auch nach oben gehen und Don Sancho beistehen.«
    »Mama, Don Sancho hat sein Leben bei der Armee verbracht, und ich habe nie mehr in den Händen gehalten als einen Stock«, protestierte Petronio.
    »Aber …!«
    »Niemand braucht irgendjemandem beizustehen. Don Sancho scheint sehr gut allein zurechtzukommen«, unterbrach Bellino. »Hört doch, es ist ruhig geworden.«
    In dem jähen Schweigen konnten sie in der Tat alle nur noch eine Stimme durch die Decke hören, und das war die Don Sanchos.
    »… während in Ancona die Fastenspeisen viel besser sind. Sie haben unrecht, dass Sie den Wirt dazu zwingen wollen. Sie haben unrecht, dass Sie den Wirt Dummkopf nennen, denn das ist eine Unverschämheit, die sich kein Mensch in seinem eigenen Haus gefallen lassen muss. Und schlussendlich haben Sie unrecht, weil Sie einen solchen Lärm machen, der alle anderen Gäste stört!«
    »Was für ein Mann«, seufzte Mama Lanti andächtig, und diesmal war Bellino insgeheim geneigt, ihr zuzustimmen. Sie war in der Vergangenheit oft genug von Lehrern zusammengestaucht worden, aber Don Sanchos knappe, würdevolle Rede war genauso effektiv wie Melanis Wutausbrüche, ohne dass er sein Gesicht auch nur im Geringsten dabei verlor.
    Nach einer kurzen Stille drang von oben ein Laut zu ihnen, mit dem keiner von ihnen gerechnet hatte. Der andere Mann lachte. »Gerne, mein Herr, gebe ich alles Unrecht zu, dessen Sie mich beschuldigt haben. Aber es regnet, es ist spät, ich bin müde und habe guten Appetit; mit anderen Worten: Ich habe ganz und gar keine Lust, mir ein anderes Quartier zu suchen. Wollen Sie mir denn vielleicht ein Abendessen geben, da der Wirt es mir verweigert?«, hörten sie ihn sagen.
    »Oh nein«, sagte Mama Lanti empört. »Du nimmst uns nicht den Gast weg, du Vielfraß!«
    »Schschh«, machte Bellino und legte ihren Finger auf den Mund. Man konnte den Wortwechsel nur dann klar verstehen, wenn niemand sonst sprach.
    »… bin ein guter Christ und faste, aber ich werde den Wirt besänftigen, und wenn Sie möchten und gute Musik schätzen, können Sie uns Gesellschaft leisten.«
    »Der Mann ist zu höflich für sein eigenes Wohl«, murrte Mama Lanti, doch Petronio grinste. Es lag auf einmal ein Funkeln in seinem Blick, das Bellino bekannt vorkam.
    »Warum die Katze-sieht-die-Maus-Miene?«, fragte sie ihn leise.
    »Ich habe den Abbate flüchtig gesehen«, gab er zurück. »Der schaut gar nicht einmal schlecht aus.«
    »Ganz gleich, wie er aussieht, ich wäre dir dankbar, wenn du dich zurückhalten würdest, bis der

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