Verführung auf Burg Kells (German Edition)
nicht die Absicht hatte, sich den Trauergästen als unscheinbare graue Maus zu präsentieren, wie es ihrem Vater gefallen hätte.
„Ihr habt gewiss Recht“, sagte Hugh. „Die Männer
können
woanders schlafen. Allerdings wird die Halle bis in die frühen Morgenstunden mit lärmenden und zechenden Gästen angefüllt sein, und es schien mir vernünftig, die Männer dort unterzubringen, wo sie in Reichweite sind, um einschreiten zu können, falls es zu unliebsamen Zwischenfällen kommt.“
Während die schöne Gestalt sich ihm mit energischen Schritten näherte, fragte er sich, wieso Alex auf die Idee kommen konnte, diese zwei Frauen hätten Hilfe nötig. Die streitbaren Damen kamen gewiss allein zurecht.
Sie blieb eine Armlänge vor ihm stehen, wütend wie eine Wildkatze. „Ob Ihr es glaubt oder nicht, Master Leyland“, fauchte sie, „ich bin sehr wohl fähig, Eure Beweggründe zu durchschauen. Ihr scheint zu vergessen, dass Lady Moffat und ich nach wie vor die Herrinnen auf Castle Kells sind, bis man uns zwingt, von hier fortzugehen. Wir treffen die Entscheidungen über die Einteilung der Unterkünfte. In Zukunft habt Ihr hoffentlich die Höflichkeit, die Dinge mit uns zu besprechen, bevor Ihr Euch in unsere Organisation einmischt.“
„Sehr wohl, Mistress. Ich werde auch Sir Alex davon unterrichten. Und wo wollt Ihr
mich
für die Nacht unterbringen?“ Sein dreister Blick gab ihr zu verstehen, welche Antwort er gerne gehört hätte.
Doch Megs Erwiderung war keine Einladung. „Auf dem Grund des Sees“, sagte sie kalt und ließ ihn stehen.
Er folgte ihr, und sein Blick begegnete den grimassierenden und verstohlen grinsenden Gesichtern der Mägde und Diener, die den Wortwechsel belauscht hatten.
„Gestattet Ihr mir ein Wort der Erklärung?“ fragte er und hätte am liebsten die kunstvoll hochgesteckten Haare, die ihre Zofe Jungfer Janet zu einer zauberhaften Frisur arrangiert hatte, gelöst.
„Ihr habt auf Eure Weise genug erklärt. Nun bin ich gezwungen, eine andere Unterkunft für unsere Gäste zu finden.“ Sie stürmte durch den Vorhang in den dunklen Durchgang und begegnete ihrem Vetter, der aus der anderen Richtung kam und, wie er sie wissen ließ, nach Sir Alex suchte. „Den suchst du vergebens“, gab Meg mit lauter Stimme Auskunft. „Du wirst dich mit Master Leyland begnügen müssen, wie wir anderen auch. Die Herren scheinen in diesem Haus das Regiment zu übernehmen.“
„Meg … so warte doch!“ sagte Davy ratlos. „Ich kann nicht in Sir Josephs Söller. Wieso sind dort all diese Männer?“
„Frag
ihn“
, antwortete sie mit einer knappen Kopfbewegung nach hinten.
Hugh kam ihm zuvor. „Kann ich Euch helfen, Master Moffat? Wollt Ihr in Sir Josephs Gemach übernachten?“ Seinem scharfen Blick entging auch in dem dämmrigen Durchgang nicht, dass Master Davys Gesichtsröte nicht durch körperliche Anstrengung verursacht war.
„Nein, Sir. Aber in dem Gemach befinden sich Dokumente meines Onkels, die ich brauche.“
„In diesem Fall müsst Ihr Euch an Sir Alex wenden“, erwiderte Hugh. „Wir haben sie bereits aus dem Gemach geräumt.“
Master Davys Mundwinkel zogen sich nach unten, seine Lippen zitterten, und einen höchst peinlichen Moment war er unfähig zu sprechen, doch sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Bestürzt blickte er von Hugh zu Meg und dann den dunklen Flur entlang. „Aber das ist unverzeihlich, Master Leyland. Es handelt sich um persönliche Dokumente.“
„Ja, ich weiß.“ Hugh beobachtete, wie Davys Röte verflog. „Deshalb haben wir sie aus Sicherheitsgründen an uns genommen. Wir wollen doch nicht, dass Fremde in Sir Josephs persönlichen Papieren herumschnüffeln, nicht wahr?“
„Nein … äh … natürlich nicht. Aber …“
Meg reagierte gereizt auf Davys seltsames Gebaren. „Was ist, Davy? Es kann sich doch nur um Verträge und Rechnungen handeln, habe ich Recht? Mir gefällt die Sache genauso wenig wie dir, aber damit können wir diesen Herren beweisen, dass alles seine Richtigkeit hat. Mein Vater hatte nichts zu verbergen, wie du sehr wohl weißt.“
„Teilt Ihr diese Meinung, Master Moffat?“ fragte Hugh harmlos.
„Worüber denn?“
„Das Sir Joseph nichts zu verbergen hatte.“
„Nun ja … soweit ich weiß, ja.“
Seine ausweichende Antwort stachelte Meg zu einer wütenden Verteidigung ihres Vaters an. „Soweit du
weißt?
Was redest du da, Davy? Natürlich weißt du alles. Wie könnte es anders sein? Du warst seine rechte
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