Verführung auf Burg Kells (German Edition)
handle sich um einen anonymen Besucher oder schlimmer noch, um einen Traum von Robbie? Sie hatte vergeblich versucht, sich selbst zu betrügen. Er war offenbar zu dem Schluss gekommen, dieses Spiel sei töricht und unnötig, sonst wäre er nicht bis zum Morgengrauen geblieben. Sanft neckend hatte er versucht, darüber zu sprechen, sie aber hatte eigensinnig an ihrem Traum festgehalten, zerrissen von Schuld und Selbstanklagen. Oder war es falscher Stolz gewesen?
„Robbie?“ flüsterte sie und strich über die Bettdecke. Aber es gab keine Antwort, nur die Geräusche der Regentropfen, die gegen die Fensterläden prasselten, und die Erinnerung an ihre Lustschreie, als sie unter dem Ansturm seiner süßen Liebkosungen verging. Wie konnte sie sich einreden, Robbie habe etwas damit zu tun, da ein Vergleich mit ihm so weit hergeholt war? Würde sie den Mut aufbringen, zu Sir Alex zu gehen und sich ihm hinzugeben, nachdem er entschieden hatte, dass es genug sei? Nein, niemals. Abgesehen davon würde er demnächst mit seinen Männern abziehen, und unter diesen Umständen eine Schwangerschaft zu riskieren war unverantwortlich und völlig irrsinnig. In den einsamen Stunden dieser Nacht fieberte sie vor Sehnsucht nach ihm und fragte sich, ob der Wahnsinn nicht einem Leben in unerträglicher Einsamkeit vorzuziehen war, und ihr Verlangen ließ ihre Liebe zu Robbie zur Bedeutungslosigkeit verblassen.
8. KAPITEL
Das Gästezimmer über den Vorratskammern diente als Hauptquartier, in dem die Offiziere des Königs ungestört Lagebesprechungen abhalten konnten, ein wesentlich bequemerer Ort als ein Felsüberhang oder der nackte Waldboden unter freiem Himmel. Alex lag bekleidet auf dem Bett, nur die Stiefel hatte er ausgezogen, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und blickte versonnen in die Wölbung der Decke, ohne seinem Freund und Vertrauten den Eindruck zu vermitteln, er habe ein einziges Wort seiner langen Rede, gespickt mit Ratschlägen im Hinblick auf sein Liebesleben, gehört. Es war ein ereignisreicher Tag gewesen.
„Hörst du mir überhaupt zu?“ fragte Hugh und streckte seine langen Beine auf der Pelzdecke aus.
„Natürlich“, antwortete Alex. „Woher weißt du eigentlich so gut über Witwen Bescheid?“
„Darum geht es nicht. Der springende Punkt ist doch, dass du von ihr nicht erwarten kannst, in dieser Situation vernünftige Entscheidungen zu treffen. Warum ist sie heute morgen in solcher Hast vor dir geflohen? Weil sie sich über ihre Gefühle nicht im Klaren ist.“
„Ich habe dir gesagt, warum sie mir aus dem Weg geht, Hugh, aber du hörst mir einfach nicht zu“, entgegnete Alex gereizt. „Es ist ja nicht so, dass sie nicht mit mir reden will. Es liegt daran, dass ich eine unbedachte Bemerkung über die vergangene Nacht machte, und sie kann offensichtlich nicht zugeben, was geschieht.“
„Und warum hast du eine Bemerkung darüber gemacht, du Schafskopf?“
„Weil ich dachte, sie könnte sich dazu überwinden, nachdem …“
Hugh wartete. „Nachdem sie sich dir hingegeben hat?“
„Ja.“
„Und hat sie im Boot geredet?“
„Nicht darüber. Bei Tag lässt sie mich nicht an sich heran. Sie behandelt mich abweisend und kalt. Es ist, als sei er noch da, als beobachte er sie und halte sie zurück.“
„Schlechtes Gewissen“, stellte Hugh wissend fest.
„Pah! Du meine Güte, Mann. Sie ist seit drei Jahren Witwe. Es ist noch etwas anderes, denke ich. Es liegt an diesem Ort. Sie hat die Burg seither nie verlassen. Jeder Winkel ist voller Erinnerungen. Es wird Zeit, dass sie von hier weg kommt. Und sie braucht noch ein Kind.“
Hugh zog die Brauen hoch. „Dabei hat sie ja Unterstützung, wie mir scheint.“
„Das Problem ist, dass sie kein Kind von mir will, solange ich sie nicht davon überzeugen kann, die Vergangenheit endlich ruhen zu lassen. Im Dunkel der Nacht akzeptiert sie mich, aber bei Tag bin ich eine Bedrohung für sie. Wir alle.“
„Immer noch, obwohl wir den Schuldigen gleichsam überführt haben?“
„Sie verheimlicht mich sogar vor ihrer Schwägerin und glaubt, Mistress Meg würde ihr Verhalten missbilligen. Sie stehen einander sehr nahe, haben aber völlig falsche Vorstellungen voneinander. Und Lady Ebony hält es für eine Schande, einen Mann gern zu haben, der ihr im Namen des Königs das Dach über dem Kopf wegnimmt. Du weißt genau wie ich, dass der König nicht zulässt, dass eine Engländerin Herrin auf dieser Burg ist, auch nicht als Vormund des jungen Lord.
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