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Verführung auf Burg Kells (German Edition)

Verführung auf Burg Kells (German Edition)

Titel: Verführung auf Burg Kells (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Landon
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ausgestorben, verlassene, öde Siedlungen, die entweder der Hungersnot oder Plünderungen zum Opfer gefallen waren. Ganze Ortschaften waren dem Erdboden gleichgemacht, verkohlte Brandruinen ragten in den verhangenen grauen Himmel. Am Wegrand lagen halb verweste, von Fliegenschwärmen bedeckte Kadaver von Rindern und Schafen, denen Aasgeier die Eingeweide aus den aufgedunsenen Bäuchen hackten. Über dem ganzen Land lag der Gestank nach Tod und Verderben. Das unvorstellbare Grauen drohte ihr das Herz zu zerreißen, ein Grauen, von dem sie sich in ihrem bisherigen wohl behüteten und sorgenfreien Leben nicht die geringste Vorstellung gemacht hatte. Nun aber musste sie diese Schreckensbilder verdrängen und sich auf einen freundlichen Empfang vorbereiten.
    Obgleich die Familie Springfield von der Ankunft der Besucher völlig überrascht wurde, hätte der Empfang nicht herzlicher ausfallen können. Hinter den Knechten, die herbeieilten, um die Pferde in Empfang zu nehmen, stürmte eine Schar bunt gekleideter junger Frauen aus dem Rundbogenportal, die drei jüngeren mit blonden langen Haaren, die ihnen der Wind in die Gesichter wehte. Die ältere Frau trug ihr blondes Haar unter einem Schleier verborgen.
    „Alex … mein lieber Alex“, begrüßte sie ihn mit einer herzlichen Umarmung. „Was für eine Freude, dich zu sehen. Du hättest keinen besseren Tag für deinen Besuch wählen können. Kannst du eine Weile bleiben?“ Strahlend lächelte sie zu Ebony auf, die immer noch im Sattel saß, und entlockte ihr ein dünnes Lächeln. Alex sollte zwar Recht behalten, denn niemand stellte Fragen, warum sich eine Dame in Begleitung der Soldaten des Königs befand; trotzdem entgingen Ebony die neugierigen und bewundernden Blicke nicht.
    „Keinen besseren Tag?“ fragte Alex und hielt Mistress Springfield eine Armlänge von sich.
    „Selena hat Geburtstag“, raunte sie ihm halblaut zu, als müsste er das Datum wissen.
    „Natürlich! Und ich habe achtzehn meiner strammsten Soldaten zu ihrer Unterhaltung mitgebracht, dazu noch je einen für Helen und Christina. Reicht das als Geburtstagsgeschenk?“
    „Vollauf. Und die Dame? Willst du uns nicht vorstellen?“
    Ebony verdrängte ihre Vorbehalte. Es wäre eine unverzeihliche Unhöflichkeit gewesen, die Festtagslaune der Familie durch ihre trübe Stimmung zu dämpfen. Aber sie nahm sich fest vor, sich zur rechten Zeit der Not leidenden Bevölkerung anzunehmen.
    Master Leon und Mistress Betty Springfield begrüßten ihre zweiundzwanzig unerwarteten Gäste so herzlich, als gehörten sie zur Familie. Ebony und Alex wurden in die große Halle geführt, wo die Bediensteten sich mit der sprichwörtlich stoischen Ruhe der Schotten daranmachten, die große Schar der neu hinzugekommenen Geburtstagsgäste zu bewirten. Der wuchtige, grobschlächtige Herr des Hauses, dessen struppiger Bart an ungesponnenen Flachs erinnerte, erteilte mit dröhnender Stimme völlig überflüssige Anweisungen an alle und keinen besonderen, bis er von seiner Gemahlin zum Schweigen gebracht wurde, die längst sämtliche Anweisungen erteilt hatte. Der gutmütige Hüne schüttelte sein blondes Haupt und schien es zu genießen, im Haus unter dem Pantoffel seiner vier Frauen zu stehen, auch wenn er gelegentlich den Brummbär spielte. So geschah es auch, dass sein Befehl, ein Gästezimmer für Lady Ebony herzurichten, nicht ernst genommen wurde.
    Zwei seiner Töchter drehten seufzend die Augen zum Himmel, und die jüngste sagte: „Ach Vater, was glaubst du, haben wir in der letzten halben Stunde getan? Däumchen gedreht?“ Selena war seine Prinzessin, die sich alles erlauben konnte. Das dralle, pausbäckige junge Mädchen mit den strahlend blauen Augen erinnerte Ebony an einen verschmitzten Kobold. Mit flinken wachen Blicken hatte sie bereits die Schar der Königssoldaten gemustert, und das Interesse der strammen Burschen war ihr nicht entgangen. Sie warf ihre dichte blonde Mähne über die Schulter und war sichtlich begeistert über die willkommene Abwechslung.
    Christina, achtzehn Monate älter als Selena, war hoch gewachsen und schlank; mit ihren hübschen, fein geschnittenen Gesichtszügen und den großen blauen Augen wirkte sie ernsthafter als ihre jüngere Schwester. Auch sie hatte blondes langes Haar, doch während Selena etwas von einem übermütigen Fohlen an sich hatte, war Christina bereits zur Schönheit erblüht. Sie nahm Ebony bei der Hand und führte sie durch einen Torbogen zwischen zwei großen

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