Verfuehrung auf Probe
unpassend vor, was ich hier veranstalte, während ganz Paris und die neun Millionen Menschen in den umliegenden Banlieus sich mein Gesicht in der Zeitung ansehen. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Ich kann gar nicht damit aufhören, mir diese Frage zu stellen.
Aber ich habe ja nicht wirklich eine Wahl. Die Sache wird nicht dadurch ungeschehen, wenn ich in meinem kalten Appartement am Place des Abbesses sitze und mir die Augen aus dem Kopf heule. Selbst wenn die Gegend um den Platz demnächst zum absoluten In-Viertel wird, wie Eric meint. Dann wird es mich dort nicht mehr geben. Ich muss nur ein paar Tage durchhalten.
„Die Hände nach hinten“, weise ich Eric an. Dann reiße ich mich zusammen und erkläre ihm jeden meiner Schritte. Er sieht mir über seine linke Schulter hinweg zu.
Ich lege das Tuch über seine Waden und schlinge erst das rechte Ende um seine rechte Fessel, dann das linke Ende um die linke Fessel. Seine Fußsohlen sind weich wie ein Babypopo. Es gibt doch nichts Ekligeres als ein Paar dunkelgelbe Natursohlen, die womöglich noch von Rissen durchzogen sind. Nicht, dass ich je einen Kerl mit solchen Käsefüßen im Bett hatte. Nicht einmal Ben hatte unansehnliche Füße. Aber der ist auch nie gelaufen.
„Man kann das so machen, wie ich das jetzt mache“, zwinge ich mich auf meine Arbeit, „oder man legt erst das Tuch unter die Füße und wickelt von dort aus. So wie ich es mache, bist du nachher weniger wackelig. Das hat Vorteile, aber auch Nachteile. Darauf kommt es jetzt jedoch nicht an. Erstmal geht es darum, es überhaupt hinzukriegen. Oder kennst du das schon?“
„Ich habe Fotos gesehen. An den Wänden der Buden, die wir ausstatten.“
Buden? Er spricht nicht gerade mit Hochachtung von diesen Clubs. Inzwischen bin ich wieder überzeugt, dass er jeden einzelnen seiner dämlichen Sätze über diesen Isabelle-Eroberungs-Plan ernst meint. So unbedarft wie er sich anstellt, muss ich einfach davon ausgehen. Ich frage mich nur, warum ich immer wieder auf dieses Thema komme. Vermutlich liegt es an meiner allgemeinen Verwirrung. In Erics Nähe ist es weibliche Hormone unmöglich, nicht zu explodieren.
„Aber du hast noch keine Fesselung selbst gemacht?“ Forschend sehe ich ihn an und er schüttelt den Kopf wie ein Eselchen. „Nicht mal Augenverbinden, Plüschhandschellen?“
„Mach doch einfach weiter“, brummt er. Also Augenbinden und Plüschhandschellen. Ich fürchte, das hat sogar meine vor vielen Jahren verstorbene Oma versucht.
„Jetzt kommen die Hände“, fahre ich fort. „Beuge dich mal nach hinten, deine Hände sollten möglichst deine Füße berühren.“
„Wie soll denn das gehen?“, mault Eric. „Ich bin doch kein Schlangenmensch.“
Das sehe ich. In diese Richtung ist Eric steif wie ein Brett. Meine Güte. Das wird schwer.
Ich stehe auf und biege seinen Kopf erst gerade, dann lege ich ihn in seinen Nacken. Das Schöne an meinem Job ist, wie ich gerade feststelle, dass ich diesen Mann berühren darf wie ich will. Das Gefährliche daran ist, dass er sich so gut anfühlt. Und so verdammt gut aussieht. Und mir zudem auch noch direkt in die Augen sieht und dabei schon wieder sein Lächeln aufsetzt.
„Du schwitzt“, lächelt er und nickt in Richtung meiner Achseln.
Na wunderbar. Ich habe Schweißringe unter den Armen. Isabelle schwitzt bestimmt nie. „Das hier ist sehr anstrengend, Eric. Weil du so unbeweglich bist.“
„Ich nehme die Schuld gern auf mich.“ Er lächelt immer noch.
Egal. Ich muss da durch. Ich knie neben ihm nieder. Während ich ihn ein Stückchen über dem Steißbein stütze, ziehe ich ihn ganz sacht an seinen kurzen, bläulich schimmernden schwarzen Haaren nach hinten.
Eric ächzt und stöhnt.
Ich kann nicht verhehlen, dass sich ein bisschen Schadenfreude in mir breit macht.
„Isabelle kriegt das locker hin“, unke ich. „Ich sage das nicht, um dich zu kritisieren, sondern nur, damit du einschätzen kannst, was sie leistet. Wenn du es mit einer nicht ganz so schmerzgewöhnten Frau zu tun hast, mit einer, die gar ein wenig unsportlich ist, dann geht das hier leichter, wenn sie einen Arm seitlich auf den Boden stützt und sich dann mit diesem auf ihre Wade stützt. Dann ist es ganz leicht, sich nach hinten zu beugen und die andere Hand auf die andere Wade zu stützen.“ Es fällt mir schwer, nicht zu lachen.
Eric gefrieren die Gesichtszüge.
„Tut mir leid“, lache ich dann doch noch los.
„Sadistin“, zischt er.
Ich zucke mit
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