Verfuehrung im Palast der Liebe
zurückbrachte. Er kam mit einem Tablett mit Tee, doch der Ausdruck auf seinem Gesicht ließ ihr freudig erregtes Herz einen Moment lang stillstehen.
Irgendetwas stimmte nicht. Hier lief etwas schrecklich falsch. Jay war komplett angezogen und wirkte distanziert und kühl. Er kam nicht zu ihr, setzte sich nicht auf das Bett, sondern ging zum Fenster und drehte sich zu ihr um, sodass die Sonne zwar Keiras Gesicht erhellte, aber sein Gesicht im Schatten lag.
„Ich muss mich bei dir entschuldigen. Und gleichzeitig, so fürchte ich, muss ich auch etwas deutlich klarstellen.“
Er sprach mit ihr, als würde es sich um ein geschäftliches Meeting handeln, sein Gehabe nüchtern und sachlich. Keiras Herz begann wieder zu hämmern, dieses Mal jedoch nicht aus Euphorie, sondern aufgrund einer schrecklichen Vorahnung.
„Ich will offen zu dir sein, Keira. Hätte ich gewusst, dass du noch Jungfrau bist, hätte ich niemals mit dir geschlafen. Wärst du ein junges Mädchen, könnte ich sogar noch verstehen, wenn du romantischen Tagträumereien nachhängen und dir ausmalen würdest, wie Männer sich hoffnungslos in süße unschuldige Jungfrauen verlieben und ihnen ihr Herz und einen Heiratsantrag zu Füßen legen. Aber du bist keine achtzehn mehr, sondern siebenundzwanzig. Frauen bleiben nicht aus Zufall oder wegen naiver Träumereien bis siebenundzwanzig unberührt. Für ein sinnliches Wesen wie dich kann es nicht einfach gewesen sein, diese Entscheidung zu treffen.“
Keira schluckte trocken. Sie hatte nicht unbedingt dieses Szenario mit einer Achtzehnjährigen, so wie er es so gefühllos beschrieb, vor Augen gehabt. Aber die Art, wie Jay mit ihr sprach, verletzte sie zutiefst.
„Ich vermute, du hast dir deine Unberührtheit bewahrt, weil du es als … nun, sagen wir, als eine gute Investition angesehen hast. Eine Art Versicherungspolice mit einer guten Dividende. Deine exklusive Sexualität, sowohl in Vergangenheit wie Zukunft, im Austausch für eine Heirat. Ich bin sicher, es gibt Männer – vermögende Männer –, die sich auf einen solchen Handel einlassen, wenn sie die absolute Sicherheit erhalten, dass ihre Ehefrau die Verkörperung der Tugend ist. Ich jedoch gehöre nicht zu diesen Männern. Um offen zu sein, ich habe nicht vor, jemals eine Verpflichtung gegenüber einer Frau einzugehen, weder in einer Ehe noch außerhalb. Hättest du es mich vorher wissen lassen, hätte ich dir gesagt, dass du deine Unschuld für einen anderen aufbewahren sollst. Was wir zusammen erlebt haben, war sehr angenehm, aber mehr war es für mich eben nicht. Ein flüchtiges Vergnügen, das nun vorüber ist und schnell vergessen sein wird. Es tut mir leid, wenn meine Worte dich beleidigen oder verletzen, aber es ist wohl besser, wenn du die Wahrheit kennst. Es wäre viel grausamer, würde ich dich weiter hoffen lassen, wohl wissend, dass diese Hoffnung sich für dich nie erfüllen wird.“
Jedes seiner Worte schnitt in ihr Herz und in ihren Stolz. Teilweise hatte er recht, teilweise irrte er komplett. Sie hatte ihre Unschuld nicht benutzt, um ein Versprechen von ihm zu erpressen, aber sie hatte sie eingesetzt, weil sie selbst eine emotionelle Bindung zu ihm eingegangen war. Nur durfte er das nie erfahren. Um ihren Stolz und ihr Selbstwertgefühl zu retten, musste sie das Beste aus der Situation herausholen.
Es half nicht, dass sie nackt im Bett lag, während er angezogen war. Eigentlich sagte diese Situation ihr alles, was sie wissen musste. Um sie zu erniedrigen, hatte er alle Vorteile für sich ausgenutzt. Er war angezogen, sie nicht. Sein Gesicht war nicht zu sehen, auf ihres fiel das Tageslicht. Er hatte Zeit gehabt, sich seine Rede zurechtzulegen, sie nicht.
Nun, glücklicherweise hatte sie das Leben bei ihrer Tante gelehrt, wie man sich verteidigte, wenn man sich in der schwächeren Position befand.
Sie zog das Laken eng um sich und setzte sich auf. „Danke für deine Offenheit.“ Sie hielt ihre Stimme kühl und nüchtern, genau wie er. „Aber ich muss dir sagen, dass du dich erneut in deinem Urteil über mich irrst.“
Schweigen breitete sich aus. Keira flehte inständig, er würde ihr nicht glatt heraus sagen, dass er ihr nicht glaubte.
Bei seinem argwöhnischen „Soll heißen?“ ließ sie langsam die Luft aus den Lungen entweichen.
„Das soll heißen … Ja, ich habe mich entschieden, Jungfrau zu bleiben. Doch der Grund dafür hat nichts mit einem Wunsch hinsichtlich einer Heirat zu tun. Eher das Gegenteil.“
Er
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