Verfuehrung in bester Gesellschaft
nicht daran hindern.
Und sie hatte noch immer Hoffnung.
Vielleicht würde er ihr die Wahrheit sagen, wenn er nach Hause kam. Vielleicht würde er ihr sagen, dass er sie nicht hatte beunruhigen wollen oder was immer sonst der Grund für seinen Betrug gewesen sein mochte. Sie hoffte es so sehr.
Als sie das Haus erreicht hatte, überlegte sie, ins Bett zu gehen, doch stattdessen ging sie in den Salon. Ein Buch lag aufgeschlagen auf ihrem Schoß und sie lauschte auf Rules Schritte.
Als sie seine Stimme im Eingang hörte, empfand sie eine so heftige Erleichterung, dass ihr schwindelig wurde. Er war früher zurück als erwartet. Rule tat nie etwas Halbes und Violet war sicher, dass er, wenn er sie wirklich mit der schönen Brünetten betrogen hätte, es nicht bei einem überstürzten Akt belassen hätte.
Bei diesem Gedanken schnürte es ihr die Kehle zu.
Sie sah nach unten und versuchte, sich auf das Buch zu konzentrieren, das vor ihr lag, doch die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen. Sie legte das Buch zur Seite, als er sie von der Tür aus ansprach.
„Violet … ich dachte, du wärest schon im Bett.“
Sie stand auf, als er näher kam – so groß und schön, dass ihr ganz warm wurde. „Ich war noch nicht müde. Ich hätte dich nicht so schnell zurückerwartet.“
Er lächelte. „Ich wollte lieber zu Hause bei meiner Frau sein, als mit meinen Freunden Karten zu spielen.“
Ihr Herz schlug schneller. Vielleicht war er nach seinem Besuch dort noch ein paar Minuten im Club gewesen. „Wirklich?“
„Wirklich.“ Er neigte den Kopf und gab ihr einen zarten Kuss.
„Dort hast du also den Abend verbracht? Du bist in den Club gegangen und hast beschlossen, nicht dort zu bleiben?“ Sie hielt den Atem an und hoffte, er würde ihr die Wahrheit sagen.
Stattdessen sah er zur Seite und errötete ein wenig. „Wie ich schon sagte, ich brauchte etwas frische Luft.“
Sie spürte einen Kloß in ihrer Kehle. „Ja … das sagtest du bereits.“
„Sollen wir nach oben gehen?“
Sie konnte nicht mit ihm schlafen, nicht an diesem Abend. Nicht nachdem er sie im Hinblick auf sein Treffen mit der Countess belogen hatte. „Wenn es dir nichts ausmacht, ich fühle mich nicht so gut. Ich dachte, ich bleibe hier unten und lese noch ein wenig. Ich bleibe noch etwas auf.“
Seine Miene drückte Besorgnis aus. „Wenn du krank bist, solltest du vielleicht ins Bett gehen.“
Das Wort „Bett“ aus seinem schönen Mund genügte, um ihr Herz schneller schlagen zu lassen. Nicht heute Nacht, sagte sie sich. Nicht heute Nacht.
„Ich würde lieber hier bleiben. Es ist nur eine Frauensache. Du musst dir deshalb keine Sorgen machen.“
„Ich verstehe. Na gut, wenn du sicher bist.“
„Alles in Ordnung.“
Er ließ sie im Salon zurück und ging zur Treppe.
Violet ließ sich im Sofa zurücksinken.
Das Buch nahm sie nicht noch einmal zur Hand.
Sie wusste, dass sie nicht lesen konnte, wenn ihr die Tränen in den Augen standen.
Am nächsten Tag täuschte Violet eine Krankheit vor. Sie ging nicht zur Arbeit und hielt sich von Rule fern. Am Morgen des nächsten Tages besuchte sie Caroline. Sie hatte nicht die Absicht, ihrer Cousine von Rules Besuch bei der Countess zu erzählen oder dass er sie deswegen belogen hatte.
Es ging ihr immer besser, wenn sie ihre beste Freundin nur sah.
Nur dann nicht, wenn sie bei ihrer Ankunft die Freundin in Tränen aufgelöst vorfand.
„Oh Liebes“, sagte Caroline von der Liege in ihrem Schlafzimmer her, auf der sie sich zusammengerollt hatte. Sie schniefte und tupfte sich die Augen ab. „Ich wollte nicht, dass mich irgendjemand so sieht.“
„Die Haushälterin sagtest, du fühltest dich nicht gut. Ich bestand darauf, dich sehen zu dürfen.“ Violet setzte sich neben ihre Cousine und nahm sie in den Arm. „Was ist, Liebes? Du weinst, als wäre dein Herz gebrochen.“
Caroline schluchzte. „So ist es auch.“ Sie schniefte und tupfte sich die Augen ab.
„Sag mir, was passiert ist.“
Caroline richtete sich ein wenig auf. Bebend holte sie Luft. „Lucas … Er hat sich verändert, Violet. Er war so lieb, so fürsorglich, und jetzt … jetzt will er nichts mit mir zu tun haben. Ich sehe ihn nur, wenn er in mein Bett kommt.“
Violet runzelte die Stirn. „Hast du ihn gefragt, was nicht stimmt?“
„Ich weiß, was nicht stimmt.“
„Erzähl es mir.“
„Lucas ist der Meinung, ich würde ihn nicht lieben.“
Einige Sekunden verstrichen. „Ich dachte, das wäre es, was du
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