Verfuehrung in bester Gesellschaft
nicht verlassen würde. „Ich kann dir nur sagen, wie leid mir tut, was geschehen ist.“
Jeffrey erhob sich und runzelte die Stirn. „Was ist geschehen, Liebste? So schlimm wird es doch sicher nicht sein.“
Violet biss sich auf die Lippen, die sich plötzlich so steif anfühlten wie die Unterröcke unter ihrem Kleid. „Es tut mir leid, Jeffrey, aber es wird keine Annullierung meiner Ehe mehr geben.“
Jeffrey kam auf sie zu. „Was meinst du damit? Hat Dewar sich geweigert?“
„Er möchte die Ehe aufrechterhalten. Er sagt, er wollte nach Boston kommen, um mich zu holen. Er sagte, er wollte eine richtige Ehe führen. Und dann – dann war da der Brand, bei dem wir beinahe gestorben wären, und dann …“ Sie richtete sich auf. „Ich habe mit ihm geschlafen, Jeffrey. Er hat mich zu seiner Frau gemacht. Es gibt keine Annullierung mehr.“
Jeffrey wurde blass. Er stand einfach nur da und starrte sie ungläubig an.
„Es tut mir leid.“ Tränen schossen abermals in ihre Augen und strömten über ihre Wangen. Violet tupfte sie ab.
Jeffrey schien aus seiner Starre zu erwachen. Er trat zu ihr, streckte die Arme aus und umfasste ihre Schultern. „Das ist nicht deine Schuld. Dewar hat dich ausgenutzt. Du sagst, ihr wäret beinahe gestorben. Du musst außer dir gewesen sein vor Angst. Ich weiß, was für ein Mann er ist. Während er in Boston war, hörte ich Gerüchte über ihn. Selbst da hatte er in Bezug auf Frauen einen schlechten Ruf. Der Mann ist ein geübter Verführer.“
Violet unterdrückte neue Tränen. „Es spielt keine Rolle, Jeffrey. Wir sind verheiratet. Er hat ein Recht darauf, die Ehe zu vollziehen.“
„Er hat dich gezwungen?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte sie leise.
„Ich werde ihn fordern. Ich werde ihn töten – ich schwöre es.“ Er ließ sie los und ging wutschnaubend hinüber zum Fenster.
Violet ging ihm nach und legte sanft eine Hand auf seinen Arm. „Ich bin verheiratet, Jeffrey. Das war ich auch, als wir uns zum ersten Mal trafen. Es war nicht fair, dich so in die Irre zu leiten.“
Er drehte sich zu ihr um. „Der Mann hat dich verlassen, was auch immer er jetzt sagen mag. Du hattest das Recht, ein eigenes Leben aufzubauen.“
Sie schluckte schwer. „Das spielt keine Rolle mehr. Wenn sich nichts ändert, bleibe ich Rules Frau und er mein Gemahl. Bitte versuche das zu akzeptieren.“
Sie dachte an die Scheidung, die sie vielleicht noch unternehmen wollte, aber es war nicht fair, in Jeffrey solche Hoffnungen zu erwecken.
„Ich liebe dich, Violet. Ich dachte, wir würden heiraten.“
„Es war mir nicht möglich, einen Heiratsantrag anzunehmen, und das wissen wir beide.“
„Wir haben ein gemeinsames Leben geplant.“
„Wir haben davon gesprochen. Ich wollte dich heiraten, Jeffrey, wirklich, aber es war schon zu spät.“
Er nahm ihre Hände. „Es ist nicht zu spät. Du liebst Dewar nicht, du liebst mich. Sag es, Violet. Sag mir, dass du mich liebst.“
Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Ehe sie Boston verließ, hätte sie die Worte mühelos sagen können. Sie wusste nicht, warum es jetzt nicht ging.
„So vieles hat sich verändert. Mir liegt etwas an dir, Jeffrey. Das wird immer so bleiben. Lass es uns jetzt dabei bewenden.“
Jeffrey zog sie an sich. Einen Moment lang glaubte sie, er würde sie vielleicht küssen, wie Rule es zweifellos getan hätte. Stattdessen ließ er sie abrupt los und trat mehrere Schritte zurück.
„Ich wohne im Parkland Hotel, falls du mich brauchst.“
„Es tut mir so leid, Jeffrey.“ Er hatte so viel verloren. Das hatten sie beide.
„Das ist noch nicht vorüber, Violet. Verlass dich darauf.“
Violet sagte nichts. Sie war noch immer unsicher, was die Zukunft für sie bereithalten mochte und ob Jeffrey noch ein Teil davon sein würde.
Sie sah ihm nach, als er aus dem Salon stürmte. Sie sehnte sich nach ihm und der liebevollen, kameradschaftlichen Ehe, die sie mit ihm hätte führen können. Doch selbst jetzt, nachdem sie ihn noch einmal getroffen hatte, war sie nicht sicher, ob sie die Scheidung wirklich durchsetzen sollte.
Vielleicht mit der Zeit …
Violet wischte sich eine weitere Träne von der Wange. Als sie den Salon verließ, um nach ihrer Cousine zu suchen, dachte sie an Rule und an das, was sie möglicherweise erwartete.
Zum ersten Mal fragte sie sich, was er wohl sagen würde, wenn er von ihrer Beziehung zu Jeffrey erfuhr.
13. KAPITEL
R ule saß in seinem Kontor bei Griffin Manufacturing
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