Verfuehrung in bester Gesellschaft
niedergeschmettert sein.“
Violet nahm neben ihrer Cousine Platz und kämpfte mit den Tränen. „Ich wünschte, ich könnte die Dinge ändern, Caroline, aber dafür ist es jetzt zu spät.“
Caroline streckte den Arm aus und nahm ihre Hand. „Es ist niemals zu spät. Es gibt immer eine Wahl. Da wir gerade davon reden – wie läuft es mit Rule?“
Violet seufzte. „Er ist einverstanden, die Firma zu verkaufen. Aber er möchte unsere Partnerschaft weiter bestehen lassen. Er möchte den Gewinn in Geschäfte investieren, mit denen wir beide einverstanden sein können.“
„Ich denke, das klingt vernünftig.“
„Er möchte außerdem, dass wir einen weiteren Monat verheiratet bleiben.“
„Was?“ Caroline sprang auf. „Aber das kannst du unmöglich tun.“
Violet kämpfte gegen die Tränen. „Du musst das verstehen, Caroline. Mein Vater wünschte sich mehr als alles andere, dass ich Rule heirate. Als eine Annullierung nicht mehr infrage kam, wusste ich, dass meine Beziehung zu Jeffrey beendet war. Ich wäre niemals auf den Gedanken gekommen, dass er nach London kommen könnte.“
Caroline ließ sich auf das Sofa fallen. „Oh weh.“
Violet zog ein spitzenverziertes Taschentuch aus ihrem Retikül und tupfte sich die Augen ab. „Ich weiß nicht, wie ich ihm gegenübertreten soll.“
Caroline drückte ihre Hand. „Nichts davon ist dein Fehler. Rule hat deine Lage ausgenutzt und dich verführt. Erzähl Jeffrey einfach die Wahrheit. Es besteht immer noch die Chance, dass er dir verzeiht. Vielleicht wirst du wissen, was du tun sollst, wenn du mit ihm gesprochen hast.“
Violet sah auf. „Ich … ich wünschte nur, ich wäre in Boston geblieben.“
Sie sprachen, bis die große Standuhr zweimal schlug und damit auf Jeffreys nahende Ankunft hinwies. Gleich darauf hörten sie ein leises Klopfen an der Salontür.
„Mr Burnett ist zurück, Miss“, sagte der Butler zu Caroline. „Der amerikanische Gentleman, der heute Morgen hier war.“
„Ja, wir hatten ihn erwartet.“
„Ich habe ihn gebeten, im vorderen Salon zu warten.“
„Danke.“ Caroline warf Violet einen beruhigenden Blick zu. Dann gingen sie gemeinsam auf den Gang hinaus. Sie folgten dem Butler zum Salon, der wie die meisten Räume im Haus etwas abgewohnt, aber dennoch prachtvoll war, mit dunkelblauen Seidenvorhängen und goldfarbenen Samtsofas. Wie in den meisten viktorianischen Häusern schien es von allem ein bisschen zu viel zu geben, um Violet zu gefallen.
Caroline zögerte an der Tür. Auf der anderen Seite des Raumes stand Jeffrey mit dem Rücken zur Tür, gerade aufgerichtet, das goldblonde Haar schimmernd im Licht, das durch die Fenster fiel.
„Ich glaube, ich lasse euch jetzt besser allein“, flüsterte Caroline. „Wenn du mich brauchst, ich bin nebenan.“
Violet nickte. Sie holte tief Luft, um sich Mut zu machen, und ging durch den Salon. Beim Klang ihrer leisen Schritte drehte Jeffrey sich um und lächelte sie an.
„Violet, Liebste.“ Er ging auf sie zu, ein gut aussehender Mann, nicht dunkel wie Rule, aber dennoch sehr attraktiv. Er blieb direkt vor ihr stehen. Sie dachte, dass er sie nach so einer langen Trennung in seine Arme nehmen sollte, aber Jeffrey griff nur ihre Hand und führte sie an seine Lippen.
„Es ist so schön, dich zu sehen, meine liebe Violet.“
Sie lächelte, obwohl ihre Kehle wie zugeschnürt war und sie mit den Tränen kämpfte. „Mir geht es ebenso, Jeffrey.“ Sie geleitete ihn zum Sofa und beide setzten sich. „Wie war deine Reise?“
„Schwierig. Aber das ist wohl zu erwarten, wenn man über den Ozean reist.“
„Ich wünschte … ich wünschte, du hättest mir geschrieben und mir gesagt, dass du kommen willst.“
„Das hätte ich auch, aber als du fort warst, kam mir diese Idee sehr kurzfristig. Eine Nachricht hätte dich nicht erreicht, ehe ich selbst hier war.“ Er öffnete den kleinen Knopf an ihrem Handschuh und presste seine Lippen gegen ihr Handgelenk. Das war die intimste Geste, die er je gezeigt hatte.
„Du siehst wunderschön aus, Violet, noch reizender, als ich dich in Erinnerung habe.“
Violet entzog ihm ihre Hand und erhob sich vom Sofa. Sie ging zum Kamin und drehte sich dann langsam zu ihm um. „Du hast einen weiten Weg auf dich genommen, Jeffrey, nur um mich zu sehen. Es schmerzt mich, aber was ich jetzt sagen muss, wird eine große Enttäuschung für dich sein. Es gibt keinen Weg, dich zu schonen.“
Sie holte tief Luft und hoffte, dass der Mut sie
Weitere Kostenlose Bücher