Verfuehrung in Florenz
Unerotisches zu denken, um gegen Eves Wirkung anzukämpfen. Fahrpläne, Wechselkurse, internationale Zeitzonen …
Gerade als er trotzdem die Selbstbeherrschung zu verlieren drohte, stellte er fest, dass ihn der Motorradfahrer nicht mehr verfolgte. Sobald er sich vergewissert hatte, dass die Luft tatsächlich rein war, atmete er erleichtert auf.
„In Ordnung, Sie können sich wieder normal hinsetzen.“
Eve bewegte sich leicht und legte ihm die Hand aufs Knie. Raphael wagte kaum zu atmen, während er ihr sachte eine Strähne aus dem Gesicht strich.
Die dunklen Wimpern berührten die geröteten Wangen, die sinnlichen Lippen wirkten entspannt. Sie war tatsächlich eingeschlafen.
Ihr Anblick raubte ihm den Atem. Als die Autos vor ihm anhielten und auch er bremsen musste, fuhr er sich mit beiden Händen durchs Haar, um nicht in Versuchung zu geraten, Eve zu berühren.
Sie sah wie ein Kind aus, benahm sich wie eine rebellische Jugendliche, brachte ihn in Sekundenbruchteilen auf die Palme und bereitete ihm jede Menge Probleme. Doch in diesem Moment begehrte er Eve Middlemiss so sehr, dass er nicht mehr klar denken konnte.
Eve erwachte, als das Geräusch des Motors verstummte, rappelte sich hoch und riss erschrocken die Augen auf, als sie begriff, was geschehen war.
„Oh! Oh nein, was … bin ich …“
Raphael verzog keine Miene. „Du bist eingeschlafen.“
Verlegen sagte sie: „Tut mir leid. Ich begreife das nicht.“
„Ich schon“, erwiderte er spöttisch. „Daran waren mindestens vier Rumcocktails und mein lieber Halbbruder schuld.“
„Rum? Aber er sagte doch, dass in den Drinks so gut wie kein Alkohol ist!“
„Sieht ihm ähnlich“, bemerkte Raphael bitter und stieg aus.
Eve folgte ihm. „Wo sind wir?“, erkundigte sie sich und blickte mit einer Mischung aus Besorgnis und Bewunderung an dem imposanten vierstöckigen Haus mit seinem Mauerwerk aus warmem goldgelbem Sandstein empor. Die zierlichen schmiedeeisernen Balkone vor den Fenstern im ersten und zweiten Stock gaben ihm ein elegantes Aussehen. Zum Eingang führte eine geschwungene Steintreppe.
„Das ist das Haus meines Vaters“, erwiderte er.
„Hätte er nichts dagegen?“ Während sie ihm folgte, versuchte sie, nicht zu auffällig auf Raphaels breite Schultern unter dem kornblumenblauen Hemd zu starren. Sie war noch verschlafen und kämpfte mit widerstreitenden Gefühlen. Wie konnte sie den Wunsch hegen, sich an diesen Mann zu schmiegen, wenn er doch womöglich ein zynischer Drogendealer war?
In seinem Blick lag stählerne Härte. „Mir ist klar, dass dir die Details der heutigen Pressekonferenz entgangen sind, Eve, aber ich dachte, du hättest wenigstens die Hauptsache begriffen. Antonio liegt im Krankenhaus.“ Er öffnete die Tür zu einem großen und hohen Raum und fuhr fort: „Seine Haushälterin wird sich nur zu gern um einen Gast kümmern, solange er nicht hier ist.“
Eve blieb in der Mitte der Eingangshalle auf dem Marmorfußboden stehen und sah sich um. Es war, als hätte sie die Kulissen eines jener prunkvollen alten Filme betreten, die ihre Mutter so geliebt hatte. Vor ihr führte eine breite Treppe mit einem kunstvoll verzierten Geländer zu einer Balustrade hinauf, und an der Decke tummelten sich Cherubine zwischen üppigen Göttinnen und hielten ihnen Blumengirlanden vor die nackten Körper.
Eve war so gebannt, dass sie nicht gleich die untersetzte Frau mit dem grauen Haarknoten hereinkommen sah.
„Raphael!“
„Ciao, Fiora, come stai?“
Er umarmte die Frau und unterhielt sich mit ihr eine Weile auf Italienisch, ehe sich beide zu Eve wandten. „Eve, das ist Fiora, die unbezahlbare und absolut unersetzliche Haushälterin meines Vaters.“
Eve lächelte befangen, während die Frau sie eingehend musterte, und hätte gern gewusst, ob Raphael etwas über sie gesagt hatte.
„Fiora spricht zwar fast nur Italienisch, aber ihr zwei werdet euch schon verständigen.“ Er nahm seine Schlüssel von dem Marmortisch, auf dem er sie abgelegt hatte, und ging Richtung Tür.
„Raphael!“, rief Eve betroffen. Er konnte sie doch nicht einfach hier zurücklassen!
Er drehte sich um und sah sie fragend an. Eve sehnte sich nach der beruhigenden Stärke seiner Arme und wollte ihn anflehen, sie nicht zu verlassen, sondern sie mitzunehmen, doch sie konnte sich nicht von der Stelle rühren und fand nicht die richtigen Worte.
„Geh nicht“, bat sie schließlich und fühlte, wie sie rot wurde.
Er lächelte flüchtig und ging
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