Verfuehrung in Gold
sie konnte nicht klar denken, hörte nur seine hasserfüllten Worte und das Hämmern ihres panischen Herzens.
Emma atmete tief ein und stöhnte beim Ausatmen.
»Die Dame sagt, sie kennt Sie nicht, Mr Smythe.«
»Lügen! Nix wie Lügen und noch mal Lügen!«
Harts Adleraugen richteten sich wieder auf sie. »Wissen Sie, wovon er redet?«
»Nein, ich weiß es nicht«, flüsterte sie und drängte sich dichter an die Tür. Sie könnte hineinlaufen und durch die Vordertür fliehen. Dann könnte sie sich zumindest noch ihren Gewinn der letzten Tage schnappen und mitnehmen.
Harts strenger, durchdringender Blick wechselte wieder zu Smythe. »Es wäre gut, wenn du deine Vorwürfe etwas verständlicher formulierst.« Im selben Moment öffnete sich die Welt hinter Emma.
Die feste Tür verschwand, und Emma fiel ins Ungewisse. Sie fragte sich, ob sie ohnmächtig wurde. Aber ihre wedelnde Hand erwischte den Türrahmen, und ihr Rücken stieß gegen etwas Warmes. »Madam?«, murmelte Bess direkt neben Emmas Ohr. Sie half Emma, sich wieder aufzurichten.
Gleichzeitig brüllte Smythe vor Wut: »Lizzy! Lizzy!«
Bess begann, heftig zu zittern. »Oh nein«, schluchzte sie. »Oh, nein, Herr im Himmel, rette mich!«
»Lizzy!«, brüllte Smythe und sprang auf. Er stürmte die Treppe hinunter auf sie zu, doch Hart und sein Kutscher fingen ihn ab. Er schlüpfte aus seiner Jacke und brachte die beiden Männer ins Stolpern, die nun nur noch braune Wolle festhielten.
»Burl, nein. Bitte «, schrie Bess, doch ihre Worte schienen ihn erst recht in Rage zu bringen.
»Treulose Schlampe!«, knurrte er.
Stimp stürzte sich auf ihn, wurde jedoch beiseitegeschlagen wie eine lästige Fliege.
Der Mann bäumte sich mit erhobenen Fäusten auf. Bess zog sich ins Haus zurück, und Emma fiel unsanft auf den Boden. Sie hatte indes keine Zeit, sich auf den Schmerz in ihrem Rücken zu konzentrieren, denn ein wütender Bulle raste direkt auf sie zu.
Sie rutschte nach hinten und konnte beinahe der steinharten Faust ausweichen, die nach ihr ausholte. Der Hieb traf sie oben am Kopf und schleuderte sie gegen die Wand. Derweil stürmte Smythe weiter und erwischte Bess’ Röcke, als sie um die Ecke in die Küche fliehen wollte.
Bess wurde zurückgerissen und flog geradewegs in seine Faust. Knochen knackten, Blut spritzte aus Bess’ Nase, und Emma schrie auf. Sie versuchte, sich aufzurichten, doch als ein Schatten auf sie zukam, duckte sie sich gleich wieder und hielt sich schützend die Arme über den schmerzenden Kopf.
»Ich hab ihn«, ächzte Hart. »Emma, alles in Ordnung? Emma?«
Sie blickte auf. Alles schien unglaublich weit weg, doch sie sah Harts sorgenvolles Gesicht, als er Smythe am Kragen nach draußen zerrte.
»Ja«, murmelte sie und begriff noch gar nicht recht, was eben passiert war. »Bess?« Sie entdeckte die in sich zusammengesunkene Gestalt in der Ecke. »Bess?«
Ein dumpfer Knall ertönte aus der Seitengasse, bevor Somerhart wieder erschien. Er wollte auf Emma zugehen, doch sie schüttelte den Kopf. »Mir geht es gut.«
Er nickte und trat an ihr vorbei. »Mrs Lizzy?«
»Bess«, schluchzte sie. »Ich heiße jetzt Bess.«
»Schon gut, Bess. Ich rufe einen Arzt.«
»Nein, lassen Sie nur, bitte. Es ist bloß eine gebrochene Nase. Die hatte ich schon.«
»Ich glaube nicht …«
»Nein«, beharrte sie mit belegter Stimme und presste sich beide Hände auf das blutige Gesicht. »Nein, bitte nicht, Sir.«
Hart sah Emma an. »Ich kümmere mich um sie«, sagte sie.
»Bess«, fragte er sanft, »ist der Mann Ihr Ehemann?«
Nun fing sie zu weinen an. »Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen solche Schwierigkeiten bereite. Ich hatte nicht gedacht, dass er mich hier findet.«
»Sind Sie von ihm weggelaufen?«
Emma war nicht sicher, ob sie sich auf den Beinen halten könnte, deshalb kroch sie das kleine Stück bis zu Bess und nahm sie in die Arme. »Ist ja gut.«
»Es tut mir leid, Madam. Ich gehe. Aber schicken Sie mich bitte nicht mit ihm mit. Er bringt mich um. Das tut er.«
Hilflos blickte Emma zu Hart auf. Er wirkte wie versteinert.
»Haben Sie Kinder?«, fragte er.
Bess schüttelte den Kopf, wobei Blut zwischen ihren Fingern hervorrann. »Nein. Er hat sie alle aus mir rausgeprügelt.«
»Gott!« Seine beherrschte Fassade bröckelte, und Emma erkannte die Grausamkeit, über die sie bereits Geschichten gehört hatte. »Also wollen Sie von ihm befreit sein?«
»Ja.«
»Dann wird er zwölf Jahre in der Marine Ihrer Majestät dienen.
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