Verfuehrung unterm Silbermond
reicher Mann –, aber du siehst einfach zu … zu …“
„Ja? Zu was, Raffaele?“
„Mein Geschmack in Bezug auf Frauen ist allgemein bekannt.“ Insgeheim fragte er sich, warum eine Frau ihre Beine und ihren Po versteckte, wenn sie dabei doch so ausgesprochen reizvoll waren. „Und im Moment erfüllst du keine der Kriterien.“
Machte er absichtlich eine Pause, damit die Beleidigung Zeit hatte zu wirken?
„Du brauchst schöne Dinge“, fuhr er fort. „Morgen gehst du einkaufen und schaffst dir eine komplette neue Ausstattung an. Kauf dir, was du willst, ich komme dafür auf.“ Allein bei der Vorstellung, wie die entsprechende Kleidung ihre Kurven betonen würde, verspürte er ein Ziehen in den Lenden. Das gehörte sicher nicht mit zu der Vereinbarung! „Und wenn du schon dabei bist, mach auch etwas mit deinen Haaren.“
Gute zehn Sekunden lang war Natasha ehrlich versucht, ihm zu sagen, was er mit seiner Scheinverlobung tun konnte und wie unglaublich beleidigend er war, bevor sie dann wütend davonstürmen würde. Doch dann verpuffte ihr Ärger. Wie konnte sie ihm ihre Hilfe verweigern, wenn er sie damals in der regennassen kalten Nacht, als sie auf seiner Schwelle aufgetaucht war, in sein Haus aufgenommen hatte? Wenn sie das hier für ihn tat, waren sie quitt. Und dann konnte sie gehen.
„Ich war seit Jahren nicht mehr beim Friseur.“ Sie befühlte den langen geflochtenen Zopf, der ihr über den Rücken fiel. Raffaele bot ihr hier die Chance, was all diese Fernsehshows und Zeitschriften versprachen – Mach das Beste aus deinem Typ .
Und welcher Typ genau war sie? Die ernüchternde Wahrheit war – sie wusste es nicht.
5. KAPITEL
Am nächsten Tag ging Natasha zum renommiertesten Kaufhaus, das sie kannte, und buchte einen Termin bei einer persönlichen Stilberaterin.
„Nennen Sie mich Kirsty“, bat die elegante Rothaarige lächelnd. „Und dann beschreiben Sie mir, was Sie sich vorstellen.“
Natasha atmete tief durch. Sie wusste, was Raffaele vorschwebte – er wollte jemanden, der so wenig wie möglich an eine Haushälterin erinnerte. Nun, das sollte er bekommen. „Ich will mein Image komplett ändern.“
Ihr fiel auf, dass Kirsty weder stutzte noch irgendwelche Einwände vorbrachte. „Das ist kein Problem. Wie hoch ist Ihr Budget?“
Daran musste sie sich erst noch gewöhnen. „Ein direktes Budget gibt es nicht.“
Kirstys Augenbrauen schossen in die Höhe. „Sie meinen, Geld spielt keine Rolle?“
„So ungefähr, ja.“ Doch sie konnte nicht umhin, noch hinzuzufügen: „Aber ich will auch kein Geld verschwenden.“
„Wenn es um Kleider und Schönheit geht, gibt es so etwas wie Verschwendung überhaupt nicht“, wehrte Kirsty ab. „Wir Frauen sind es uns schuldig, so gut wie nur möglich auszusehen. Das dürfen Sie nie vergessen, Natasha.“
„Ich werde versuchen, es mir zu merken“, murmelte sie.
So etwas hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gemacht – in einem riesigen Kaufhaus von Abteilung zu Abteilung zu wandern und sich von Kopf bis Fuß neu einzukleiden. Während ihrer Kindheit war Geld immer knapp gewesen, dann kam das Studium – und Sam. Das Angebot hier war überwältigend, und sie war froh, Kirsty an ihrer Seite zu haben, die ein erfahrenes Auge in Bezug auf Farben und Design hatte. Neben zarten Pastelltönen wählte Kirsty tiefes Grün und Terrakotta, dunkles Blau und verschiedene Violetttöne für Natasha. Sie entschied sich für Seide und Satin für den Abend, verführerische Spitzendessous und Sachen, die unter der Bezeichnung Freizeitkleidung liefen.
„Und nun das Beste – Schuhe!“, verkündete Kirsty und hielt Natasha ein Paar hin. „Hier, probieren Sie die.“
Natasha schlüpfte in die Pumps mit den unmöglich hohen Absätzen, stakste ungelenk vor dem Spiegel auf und ab – und reichte die Schuhe kopfschüttelnd an Kirsty zurück.
„Aber damit bekommen Sie unendlich lange Beine!“, versuchte Kirsty, Überzeugungsarbeit zu leisten.
Natasha blieb hart. „Ich bin gar nicht sicher, ob ich überhaupt so lange Beine haben will. Und außerdem kann ich in den Dingern nicht laufen!“
Schließlich fanden sie einen Kompromiss und einigten sich auf weniger hohe Absätze. Allerdings ließ Kirsty sich nicht davon abbringen, dass Natasha es ihr Leben lang bereuen würde, sollte sie diese dunkelroten Lacklederpumps mit den Pfennigabsätzen nicht mitnehmen. Natasha konnte es sich nicht erklären, aber aus irgendeinem vollkommen unvernünftigen Grund
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