Verfuehrung unterm Silbermond
Sinn, nicht wahr, meine Liebe?“, kam es trocken zurück.
Während man all diese Dinge mit ihr angestellt hatte, war es leicht gewesen, den Anlass für ihre Verwandlung zu vergessen. Doch je näher das Taxi, bepackt mit zahllosen Einkaufstüten, Raffaeles Haus kam, desto nervöser wurde Natasha.
Ob Raffaele sie für verrückt halten würde? Würde er wütend werden, weil sie zu weit gegangen war? Und was noch viel wichtiger war – würde sie bei diesem irrsinnigen Plan überhaupt durchhalten können?
Doch etwas war mit ihr passiert, als sie beim Friseur im Spiegel ihre Verwandlung mitverfolgt hatte. Sie konnte es nicht wirklich erklären, aber es hatte etwas mit ihrem Bild von sich selbst zu tun. So als sei die Frau mit dem perfekt zurechtgemachten Gesicht, das ihr da entgegenblickte, eine andere als die, für die sie sich immer gehalten hatte.
Das war nicht Natasha, die Mum.
Auch nicht Natasha, die Haushälterin.
Oder die Natasha, die nichts über Männer wusste.
Und mit einem Blinzeln war ihr klar geworden, dass sie sein konnte, wer immer sie wollte. Nur wusste sie noch nicht genau, wer das letztendlich war.
Der Taxifahrer fuhr vor dem imposanten Stadthaus vor, drückte auf die Hupe und drehte sich zu Natasha um. „Ist jemand bei Ihnen zu Hause? Bei den vielen Tüten brauchen Sie auf jeden Fall Hilfe.“
Im gleichen Augenblick erschien Raffaele in der Haustür. Für einen Moment blieb er auf der Treppe stehen und sah mit gerunzelter Stirn auf das Taxi. Dann kam er geschmeidig die wenigen Stufen hinunter, bezahlte den Taxifahrer und nahm die Einkaufstüten von Natasha entgegen.
Natasha nahm seinen so typischen Duft nach Sandelholz und Limone wahr, auch die Wärme, die sein männlicher Körper ausstrahlte, und ihre soeben erst gefundene Selbstsicherheit schwand rapide dahin. Das Taxi brauste davon, und sie standen sich hier auf dem Bürgersteig gegenüber wie zwei Fremde, die sich zum ersten Mal sahen.
„Wo … wo ist Sam?“, fragte sie.
Raffaele war nicht auf die plötzliche Lust vorbereitet gewesen, die ihn bei Natashas Anblick überkommen hatte, und nur unwillig riss er den Blick von ihr. „Im Haus. Wir haben uns eine DVD angesehen, aber er ist während des Films eingeschlafen, völlig erschöpft vom Fußballspielen. Er hatte einen anstrengenden Tag.“ Er hielt inne. Als er wieder sprach, klang seine Stimme nahezu bedrohlich leise. „Du scheinbar auch, cara mia , deinem Aussehen nach zu urteilen.“
Ihr Herz setzte aus. Lag da etwa Missbilligung in seiner Stimme? Las sie Verstimmung in seinen schwarzen Augen? „Es gefällt dir nicht?“
„Das habe ich nicht gesagt.“
„Du hast aber auch nicht gesagt, dass es dir gefällt“, schmollte sie pikiert.
Ein Grinsen umspielte seinen Mund. „ Madre di Dio! Das passiert also mit einer Frau, sobald man ihr ein paar feine Dinge gibt? Anstatt sittsam und bescheiden zu sein, wird sie fordernd?“
„Das ist nicht fair, Raffaele!“
„Ist es denn fair, wie die Versuchung selbst auszusehen und von einem Mann zu verlangen, dass er zwar ansehen, aber nicht anfassen darf?“
„Davon habe ich überhaupt nichts gesagt!“
Seine Augen leuchteten auf. „Na, dann bin ich aber froh, dass wir das klargestellt haben, bella mia .“ Mit diesen Worten ließ er die Einkaufstüten fallen und riss Natasha in seine Arme. Mit einem leisen Lachen griff er in ihre seidige Mähne und zog ihren Kopf näher zu sich.
„Raffaele!“
„Was ist, bella mia ?“, neckte er sie. „Soll ich dich küssen?“
Sie öffnete den Mund, um Nein zu sagen, doch das Wort kam ihr nicht über die Lippen. Und wenn, dann wäre es eine Lüge gewesen. Vielleicht ahnte Raffaele dies, als er seinen Mund hart und leidenschaftlich auf ihren presste.
Natasha reagierte mit einer Hingabe, die sie sich nicht erklären konnte. War es, weil sie so lange nicht mehr geküsst worden war? Oder weil es Raffaele war, der sie küsste? Was immer der Grund war, sie konnte nichts anderes tun, als die Augen zu schließen und sich dem süßen Gefühl hinzugeben. Sie klammerte sich an seine Schultern und seufzte auf.
Natashas Kapitulation war ein Anschlag auf all seine Sinne, weil sie so unerwartet kam. Raffaele war mehr als verwirrt, denn das hier war Natasha, die er küsste. Natasha, deren sanfte Kurven er unter seinen Händen fühlte. Natasha, die den Kuss mit einer Leidenschaft erwiderte, die er von ihr nie für möglich gehalten hatte und die so viel mehr versprach. Und Raffaele wusste, wenn er
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