Verfuehrung wie in 1001 Nacht
kommen würde. Und dass er sie anbetete.
Johara seufzte erwartungsvoll, als sie die vornehme, elegante Einrichtung betrachtete, die so viel Charakter und Männlichkeit ausstrahlte. Ein edler Boden aus hellem poliertem Marmor, der farblich dem Strand glich, zog sich bis zur hinteren Veranda. Die weißen Wände bildeten einen markanten Gegensatz zu den dunklen Möbeln, deren Ton dem Holz der Palmen ähnelte, die die Villa wie ein natürlicher Schutzwall abgrenzten. Türkisfarbene Akzente lockerten das Ambiente auf und korrespondierten mit dem Meer, auf das sich ein herrlicher Ausblick bot.
„Man hat es mir gesagt, aber ich wollte es nicht glauben.“
Einen Moment war sie sich fast sicher, dass Amir hier war. Die Stimme schmeichelte wie seine ihrem Ohr und drang unter die Haut.
Aber noch ehe Johara sich umdrehte, wusste sie es. Er war es fast – aber eben doch nicht.
Auch wenn die Stimme tief und voll war, so fehlte ihr doch die Wärme. Statt Gefühlen … Leere. Auch fehlten Sanftheit und Leidenschaft. Stattdessen … etwas Ironisches, fast Grausames.
Das konnte nur Amjad sein. Amirs ältester Bruder, der Kronprinz von Zohayd, eine nicht aufzuhaltende Macht in der Finanzwelt. Und der meistgefürchtete Mann der gesamten Region.
Mit angehaltenem Atem sah Johara, wie er langsam und majestätisch wie ein umherstreifender Tiger auf sie zukam.
So muss ein Erzengel aussehen, der aus dem Himmel verstoßen wurde, schoss es Johara durch den Kopf.
Amjad sah unglaublich gut aus und besaß eine starke Ausstrahlung. Smaragdgrüne Augen wie die seinen waren, so hieß es, seit fünfhundert Jahren in der königlichen Familie nicht mehr vorgekommen. Er hatte sie direkt von Ezzat Aal Shalaan geerbt, dem Gründer des Königreiches.
Manchen galt Amjad sogar als dessen Reinkarnation, denn er besaß den gleichen eindrucksvollen Körperbau, die gleiche Furcht einflößende Intelligenz und die gleiche überwältigende Ausstrahlung.
Selbst die beiden Biografien wiesen Ähnlichkeiten auf. Auch Ezzats erste Frau hatte versucht, ihn umzubringen.
Allerdings hatte Ezzat bereits ein Jahr später die Frau seines Lebens kennengelernt. Er hatte sie mit zweiunddreißig geheiratet und war mit ihr glücklich gewesen, bis er im hohen Alter von fünfundachtzig verstorben war.
Amjad dagegen lebte bereits seit acht Jahren allein, und nichts deutete darauf hin, dass sich das ändern würde. Soviel Johara gehört hatte, betrachtete er Frauen als willkommene Abwechslung, ließ aber keine wirklich an sich heran.
„Jetzt sehe ich, dass das, was ich für eine lächerliche Übertreibung gehalten habe, in Wahrheit noch unter trieben ist. Du bist schön geworden, Johara. Schön wie eine Göttin.“
Erstaunt sah sie Amjad an.
Sein Lächeln hätte vermutlich mindestens die Hälfte der Einwohnerinnen Zohayds dahinschmelzen lassen. Aber Johara erschrak über den lüsternen Ausdruck auf dem Gesicht des Mannes, den sie immer als eine Art älteren Bruder betrachtet hatte.
Da Johara nicht recht wusste, wie sie sich verhalten sollte, sagte sie einfach: „Hallo, Amjad. Freut mich, dich zu sehen.“
„Wirklich?“, fragte er lauernd.
Sie schluckte und fühlte sich dabei wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange. „Ja, klar. Wir haben uns doch jahrelang nicht gesehen. Gut siehst du aus.“
„Nur gut?“, fragte er und spielte den Beleidigten. „Normalerweise löse ich bei Frauen mehr Begeisterung aus.“
Johara räusperte sich. „Komm schon, Amjad. Du weißt, wie toll du aussiehst. Ein Mann deines Kalibers braucht keine Streicheleinheiten für sein Ego.“
„Schade.“ Er sah sie herausfordernd an und konterte: „Streicheleinheiten von einer Frau deines Kalibers finde ich sogar sehr erstrebenswert. Und nicht nur für das Ego …“
Johara zog heftig die Luft ein, als er ganz kurz vor ihr stehen blieb, und wich zurück. Aber Amjad folgte ihr.
Sie dachte an seine Worte von soeben: Auch sie hatte gedacht, die Geschichten über ihn wären übertrieben – dabei waren sie sogar noch untertrieben. So nah, wie er jetzt vor ihr stand, begriff sie, wie sehr er sich verändert hatte und was aus ihm geworden war.
Auf den ersten Blick verbarg sein atemberaubendes Äußeres, wie geringschätzig, ja vernichtend er über andere dachte. Dabei war er einst ein liebevoller, aufgeschlossener, leidenschaftlicher und hingebungsvoller Mann gewesen.
Seine Frau hatte es nicht geschafft, ihn zu vergiften, aber sie hatte sein Vertrauen in die Menschheit
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