Verfuehrung
seiner Ehe ausgetragen, als er noch glaubte, Elizabeth würde ihn lieben. Nach dem zweiten Treffen im Morgengrauen muß er eingesehen haben, daß er weder das Temperament meiner süßen Elizabeth kontrollieren noch jeden Mann im Land terrorisieren konnte, also hat er beschlossen, nie wieder seine Ehre zu verteidigen, wenn eine Frau im Spiel ist.«
»Und deshalb habt Ihr keine Angst vor ihm. Ihr wißt, daß er Euch meinetwegen nicht fordern wird?«
Waycott nahm noch einen Schluck und starrte in die Flammen. »Warum sollte er mich wegen Eurer Ehre fordern, wenn er es für Elizabeths nicht gemacht hat?«
Sophy spürte die kleine Unsicherheit in Waycotts Stimme. Er versuchte, sich und sie davon zu überzeugen, daß er von Julian nichts zu fürchten hatte. »Eine interessante Frage, Mylord«, sagte sie leise. »Warum sollte er sich auch die Mühe machen?«
»Du bist nicht halb so schön wie Elizabeth.«
»Darüber waren wir uns schon einig.« Sophy beobachtete ge-spannt, wie Waycott einen weiteren Schluck Tee nahm. Er trank mechanisch, war mit seinen Gedanken in der Vergangenheit.
»Und du hast auch nicht ihr Flair und ihren Charme.«
»Ganz richtig.«
»Er kann dich unmöglich genauso begehren, wie er Elizabeth begehrt hat. Nein, er wird sich nicht die Mühe machen, mich wegen dir zu fordern.« Waycott lächelte über den Rand seiner Teetasse. »Aber er könnte dich sehr wohl ermorden, genau wie er sie ermordet hat. Ja, ich glaube, genau das wird er tun, wenn er herausfindet, was heute hier passiert ist.«
Sophy sagte nichts, als Waycott den letzten Schluck aus seiner Tasse trank. Ihre eigene Tasse war noch voll. Sic hielt sie fest und wartete ab.
»Der Tee war ausgezeichnet, meine Liebe. Jetzt hätte ich gerne etwas Käse und Brot. Du wirst es mir servieren.«
»Ja, Mylord.« Sophy erhob sich.
»Aber zuerst wirst du dich ausziehen und die Ravenwood Smaragde anlegen. So hat es Elizabeth auch immer gemacht.«
Sophy blieb reglos stehen und suchte in seinen Augen nach Anzeichen, daß die Kräuter anfingen zu wirken. »Ich habe nicht vor, mich für Euch auszuziehen, Lord Waycott.«
»Aber du wirst es tun.« Plötzlich hatte Waycott eine handgroße Taschenpistole in der Hand. »Du wirst genau das tun, was ich dir sage.« Er strahlte sie an. »Und du wirst genau das tun, was Elizabeth getan hat. Ich werde dich Schritt für Schritt führen. Ich werde dir genau zeigen, wie du deine Schenkel für mich spreizen mußt, Madame.«
»Ihr seid genauso verrückt, wie sie es war«, flüsterte Sophy. Sie wich einen Schritt zum Feuer zurück. Waycott ließ sie gewähren, und sie machte noch einen und noch einen.
Er ließ sie fast durch das ganze Zimmer zurückweichen, dann riß er brutal an der Schnur, die ihren Knöchel fesselte.
Sophy schrie und fiel auf den harten Steinboden. Sie blieb einen Augenblick liegen und versuchte sich zu fangen, dann sah sie Waycott voller Angst an. Er lächelte immer noch, aber seine Augen sahen etwas benommen aus.
»Du mußt tun, was ich sage, Sophy, sonst muß ich dir weh tun.«
Sie setzte sich auf. »So wie Ihr Elizabeth in jener Nacht am Teich weh getan habt? Ravenwood hat sie gar nicht getötet, nicht wahr? Ihr habt Sie getötet. Werdet Ihr mich auch ermorden, wie Ihr Eure schöne, treulose Elizabeth ermordet habt?«
»Wovon redest du überhaupt? Ich habe ihr nichts getan. Ravenwood hat sie getötet. Das habe ich dir gesagt.«
»Nein, Mylord. Ihr habt all die Jahre versucht, Euch einzureden, Ravenwood wäre für ihren Tod verantwortlich, weil Ihr nicht zugeben wolltet, daß Ihr die Frau, die Ihr liebtet, getötet habt. Aber Ihr habt sie getötet. Ihr seid ihr in der Nacht gefolgt, als sie zu Old Bess ging. Ihr habt am Teich auf sie gewartet. Als Euch klar wurde, wohin sie gegangen war und was sie getan hatte, wart Ihr sehr wütend auf sie. Wütender als je zuvor in Eurem Leben.«
Waycott erhob sich schwankend, mit wutverzerrtem Gesicht. >> Sie ist zu der alten Hexe gegangen, um sich ein Mittel zum Abtreiben zu holen, genau wie du heute.«
»Und das Kind war von Euch, nicht wahr?«
»Ja, es war meins. Und sie hat mich gereizt, hat gesagt, sie wolle mein Kind genausowenig wie das von Ravenwood.« Waycott taumelte zwei Schritte auf Sophy zu. »Aber sie hat immer behauptet, sie würde mich lieben. Warum wollte sie denn mein Baby loswerden, wenn sie mich geliebt hat?«
»Elizabeth war überhaupt nicht fähig, jemanden zu lieben. Sie hat Ravenwood geheiratet, um sich eine gute
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