Verfuehrung
erzählt ihr ständig, daß er es sich nicht leisten kann, ihr neue Kleider und Juwelen zu kaufen.«
»Er sagt sicher die Wahrheit. Er kann sie sich wahrscheinlich für seine Frau nicht leisten, solange er sie Charlotte Featherstone kauft«, bemerkte Fanny.
»Da kommt noch mehr über Ashford«, sagte Anne mit einem sehr boshaften Lachen. »Hört euch das an:
Nachdem Lord Ashford an diesem Abend gegangen war, sagte ich zu meiner Zofe, Lady Ashford stünde eigentlich in meiner Schuld. Schließlich und endlich würde Ashford, wenn ich nicht wäre, wesentlich mehr Abende zu Hause verbringen und seine arme Frau mit seinen beklagenswert phantasielosen Liebesbezeugungen langweilen. Man bedenke nur, welch große Last ich der Dame abgenommen habe.
»Ich würde sagen, sie ist für ihre Mühe reichlich entlohnt worden«, sagte Harriette und goß Tee aus der Silberkanne ein.
»Lady Ashford wird tobsüchtig sein, wenn sie das hört«, bemerkte jemand anderes.
»Und das mit Recht«, sagte Sophy wutentbrannt. »Ihr Lord hat sich schändlich verhalten. Wir finden es ja amüsant, aber wenn man es sich durch den Kopf gehen läßt, muß einem doch klarwerden, daß er seine Frau öffentlich gedemütigt hat. Stellt euch bitte vor, wie er reagieren würde, wenn die Situation umgedreht wäre und Lady Ashford diese Art von Gerede verursacht hätte.«
Julian, zum einen, wäre wild entschlossen, bei einem solchen
Skandal Blut zu vergießen, dachte Sophy zufrieden, aber auch mit ein bißchen Angst. Unter solchen Umständen wäre sein Zorn sicher ehrfurchtgebietend, und sein heftiger Stolz würde nach Rache schreien.
»Lady Ashford ist wohl kaum in der Lage, Charlotte Featherstone zum Duell zu fordern«, bemerkte eine Frau in der Truppe ironisch. »So wie’s aussieht, wird die arme Frau schlicht und einfach gezwungen sein, sich aufs Land zurückzuziehen, bis der Klatsch verstummt ist.«
Eine andere Frau grinste wissend. »Lord Ashford ist also ein großer Langweiler im Bett, was? Sehr interessant.«
»Wenn es nach der Featherstone geht, sind die meisten Männer langweilig im Bett«, sagte Fanny. »Bis jetzt hat sie noch über keinen ihrer Bewunderer ein gutes Wort verloren.«
»Vielleicht haben die interessanteren Liebhaber ihren Erpresserlohn bezahlt, damit sie nicht im Buch erscheinen«, schlug eine junge Frau vor.
»Oder vielleicht sind Männer im allgemeinen einfach keine so guten Liebhaber«, bemerkte Harriette ruhig. »Noch jemand Tee?«
Auf der Straße vor der eleganten Residenz der Yelvertons drängten sich zahllose elegante Kutschen. Julian stieg um Mitternacht aus seiner aus und kämpfte sich durch die Reihen herumstehender Kutscher, Pferdeknechte und Lakaien zu den breiten Treppen, die in die Empfangshalle der Yelvertons führten.
Fanny hatte ihm praktisch befohlen, heute abend zu erscheinen. Sie hatte ihm klargemacht, daß es Sophys erster großer Ball sein würde und Julians Anwesenheit sehr erwünscht wäre. Natürlich stand es ihm frei, die meiste Zeit seiner eigenen Wege zu gehen, aber es gab eben bestimmte Gelegenheiten, die seine Anwesenheit an Sophys Seite erforderten. Das war eine von ihnen.
Julian, der in der letzten Woche ständig zu unchristlicher Stunde aufgestanden und jede Nacht viel zu spät ins Bett gekommen war, um ein Zusammentreffen mit seiner Frau zu vermeiden, hatte keine Ausrede gefunden, als Fanny ihm klarmachte, daß sie fest mit seinem Erscheinen rechnete. Er hatte sich in sein Schicksal gefügt und würde mit seiner Frau einen Tanz wagen.
Für ihn war das ein freiwilliger Ausflug in die Folterkammer. Die wenigen Minuten auf dem Tanzboden des Ballsaals mit ihr in seinen Armen würden für ihn schwerer werden, als Sophy es je ahnen könnte.
Die Zeit ohne sie war schon nicht leicht gewesen, aber die letzte Woche unter ein und demselben Dach mit Sophy war die pure Hölle gewesen. Die Nacht, in der er sie bei seiner Heimkehr zu Hause vorgefunden hatte, bereit sich zu entschuldigen und mit ihm in der Stadt zu wohnen, war er anfangs ungeheuer erleichtert gewesen, aber dann hatte ihn die Vorsicht gepackt.
Aber es war ihm gelungen sich einzureden, daß sie sich ihm brav unterworfen hatte. Sie hatte offensichtlich ihre empörenden Forderungen aufgegeben und war bereit, die Rolle einer anständigen Ehefrau für ihn zu übernehmen. In der Nacht, als er sie in ihrem Schlafzimmer zur Rede gestellt hatte, hatte sie sich ihm praktisch angeboten.
Es hatte Julian jede Unze Willenskraft gekostet, die er
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