Verfuehrung
zum Vorteil. Er überragte die meisten anderen Leute im Raum, und er hatte keine Schwierigkeit, das Grüppchen Männer, das um Sophy kreiste, im Auge zu behalten. Innerhalb weniger Minuten hatte er den Platz erreicht, wo sie Hof hielt.
Er entdeckte den geknickten Blumenschmuck in ihrer Frisur, gerade als Waycott die Hand ausstreckte, um ihn zurechtzurücken.
»Wenn Ihr mir gestattet, diese Rose zu pflücken, Madame«, sagte Waycott mit gewandter Galanterie, als er nach der baumelnden Emailleblume in Sophys Haar griff.
Julian drängte sich an zwei jungen Männern vorbei, die den blonden Mann neidisch beobachteten. »Mein Privileg, Waycott.« Er zog das Ornament aus der Locke, gerade als Sophy überrascht den Kopf hob. Waycott ließ die Hand fallen, und seine blaßblauen Augen wurden schmal vor Wut.
»Julian.« Sophy strahlte ihn an. »Ich hatte schon Angst, du könntest heute abend nicht kommen. Ist es nicht ein wunderbarer Ball?«
»Wunderbar.« Julian musterte sie eindringlich und merkte plötzlich, wie ungeheuer eifersüchtig er war. Fanny hatte sie wirklich gut ausstaffiert, stellte er fest. Sophys Kleid hatte eine prächtige Farbe, und der Schnitt betonte perfekt ihre schlanke Figur. Ihr Haar war zu einem eleganten Lockengewirr hochgetürmt, das ihren graziösen Hals zur Geltung brachte.
Der Schmuck war auf ein Minimum beschränkt, und ihm kam der Gedanke, daß die Ravenwood Smaragde an Sophys Hals sehr schön aussehen würden. Unglücklicherweise konnte er sie ihr nicht geben, da er sie nicht hatte.
»Ich amüsiere mich heute abend wirklich prächtig«, fuhr Sophy fröhlich fort. »Alle waren so aufmerksam und haben mich so herzlich aufgenommen. Hast du all meine Freunde schon kennengelernt?« Sie nickte kurz in Richtung der Gruppe Männer, die ungeduldig warteten.
Julians eisiger Blick schweifte über die kleine Versammlung. Jedes bekannte Gesicht bedachte er mit einem lakonischen Lächeln. Sein Blick verweilte kurz auf Waycotts amüsiertem, abschätzendem Gesicht. Dann wandte er sich mit Nachdruck von ihm ab. »Aber ja, Sophy, ich glaube, ich kenne praktisch alle Anwesenden. Und ich bin überzeugt, daß du inzwischen mehr als genug von ihrer Gesellschaft hattest.«
Keinem der Männer entging die unmißverständliche Warnung, nur Waycott schien eher amüsiert als beeindruckt. Die anderen aber beeilten sich, ihm zu gratulieren, und Julian mußte sich wohl oder übel einige Minuten lang überschwengliches Lob für den Charme seiner Frau anhören, ihr Wissen über Kräuter und ihr Konversationstalent.
»Hat für eine Frau ausgesprochen beachtliche Kenntnisse über Landwirtschaftstechniken«, verkündete ein ältlicher Bewunderer. »Könnte stundenlang mit ihr reden.«
»Wir haben uns gerade über Schafe unterhalten«, erklärte ein rotgesichtiger junger Mann. »Lady Ravenwood hat da ein paar sehr interessante Ansichten über Zuchtmethoden.«
»Sicherlich faszinierend«, sagte Julian. Er nickte seiner Frau zu. »Allmählich wird mir klar, daß ich eine Expertin zu diesem Thema geheiratet habe.«
»Ihr werdet Euch erinnern, Mylord, daß ich viel lese«, murmelte Sophy. »Und in letzter Zeit habe ich mir die Freiheit genommen und mich in Eurer Bibliothek bedient. Ihr habt eine ausgezeichnete Sammlung von Büchern über Hofverwaltung.«
»Ich werde wohl dafür sorgen müssen, daß sie durch etwas mit höheren Ansprüchen ersetzt werden. Religiöse Traktate wären vielleicht angebracht.« Julian streckte seine Hand aus. »Aber jetzt würde ich gerne wissen, ob Ihr Euch lange genug von diesem faszinierenden Gespräch losreißen könnt, um Eurem Gatten einen Tanz zu schenken, Madame?«
Sophys Augen strahlten vergnügt. »Aber natürlich, Julian. Sie verzeihen, Gentlemen?« fragte sie höflich, als sie ihre Hand auf den Arm ihres Mannes legte.
»Natürlich«, murmelte Waycott. »Wir verstehen doch alle den Ruf der Pflicht, nicht wahr? Kommt zurück zu uns, Sophy, wenn Ihr wieder bereit seid zu spielen.«
Julian hatte alle Mühe, sich zu beherrschen. Am liebsten hätte er Waycott einen Schlag in sein viel zu schönes Gesicht verpaßt. Aber Sophy würde ihm eine derartige Szene nie verzeihen und Lady Yelverton auch nicht. Er ignorierte Waycotts kleinen Seitenhieb einfach und führte Sophy auf die Tanzfläche.
»Ich habe den Eindruck, du amüsierst dich gut«, sagte er, als Sophy leichtfüßig in seine Arme glitt.
»Sehr gut sogar. Oh, Julian, es ist alles so anders als das letzte Mal. Heute abend sind
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