Verfuehrung
setzen sollen.«
»So, wirst du das?« fauchte er. »Und was ist mit dieser großen Liebe, die du angeblich für mich empfindest?«
»Kein Grund zur Sorge. Ich werde nicht mehr darüber sprechen. Mir ist klar, daß Euch das nur peinlich wäre und mich nur weiter demütigen würde. Und ich habe bereits genug Demütigungen für ein ganzes Leben erfahren.«
Julians Miene wurde etwas sanfter. »Sophy, meine Liebe, komm zurück und setz dich. Ich hab dir viel zu sagen.«
»Ich habe keine Lust, mir noch einen deiner ermüdenden Vorträge anzuhören. Weißt du was, Julian? Ich finde euren männlichen Ehrenkodex ziemlich albern. Sich in zwanzig Schritt Abstand im kalten Morgengrauen gegenüberzustehen und aufeinander loszuschießen, ist eine sinnlose Methode, um einen Streit zu schlichten.«
»In diesem Punkt zumindest sind wir uns vollkommen einig, Madame.«
»Das bezweifle ich. Ihr hättet die Sache zu Ende gebracht, ohne den ganzen Prozeß in Frage zu stellen. Charlotte und ich dagegen haben uns eingehend über das Thema unterhalten.«
»Ihr seid dagestanden und habt darüber geredet?« fragte Julian erstaunt.
»Natürlich haben wir das. Wir sind Frauen, Mylord, und deshalb wesentlich besser geeignet als Männer, zu solchen Fragen eine intelligente Diskussion zu führen. Man hatte uns gerade informiert, daß eine Entschuldigung alles ehrenhaft lösen würde und somit jede Schießerei unnötig war, als Ihr überflüssigerweise aus dem Nichts dahergedonnert kamt, um Euch in etwas einzumischen, was Euch nichts anging.«
Julian stöhnte. »Ich glaub das einfach nicht. Die Featherstone wollte sich bei dir entschuldigen?«
»Ja, ich denke schon. Sie ist eine Frau der Ehre, und sie hat erkannt, daß sie mir eine Entschuldigung schuldet. Und ich will Euch eins sagen, Mylord, sie hatte recht, als sie sagte, kein Mann wäre es wert, zu so unchristlicher Stunden aufzustehen, um eine Kugel zu riskieren.«
Sophy verließ die Bibliothek und schloß sehr leise die Tür hinter sich. Zumindest hatte sie es diesmal geschafft, einen guten Abgang zu haben. Mehr würde die ganze armselige Geschichte ohnehin nicht bringen.
Tränen brannten ihr in den Augen. Sie rannte nach oben in ihr Zimmer, wo sie sie ungestört vergießen konnte.
Lange Zeit später hob sie den Kopf von ihren verschränkten Armen, ging zum Waschtisch, um sich das Gesicht zu waschen und setzte sich dann an ihren Schreibtisch. Sie nahm die Feder, legte sich ein Stück Papier zurecht und schrieb einen weiteren Brief an Charlotte Featherstone.
Liebe Miss C. F.,
anbei die Summe von zweihundert Pfund. Ich schicke Euch das nicht wegen Eures Versprechens, gewisse Briefe nicht zu veröffentlichen, sondern weil ich der Meinung bin, daß Eure Bewunderer Euch dieselbe Rücksicht schulden wir ihren Frauen. Schließlich und endlich haben sie ja wohl mit Euch dieselbe Art Beziehung genossen, die sie mit den Frauen, die sie heiraten, haben. Somit haben sie auch die Verpflichtung, Euch eine Altersversorgung zukommen zu lassen. Die beiliegende Anweisung ist der Anteil unseres gemeinsamen Freundes an Eurer Altersversorgung.
Ich wünsche Euch viel Glück mit Eurem Häuschen in Bath.
Ihre S.
Sophy las den Brief noch einmal durch und versiegelte ihn dann. Sie würde ihn Anne zum Weiterleiten geben. Anne schien zu wissen, wie man so etwas handhabte.
Und damit war das ganze Fiasko beendet, dachte Sophy, als sie sich im Stuhl zurücklehnte. Sie hatte Julian die Wahrheit gesagt. Sie hatte auch heute morgen tatsächlich eine wertvolle Lektion gelernt. Es war sinnlos zu versuchen, den Respekt ihres Mannes zu gewinnen, indem sie seinen Ehrenkodex lebte.
Und sie wußte bereits, daß sie kaum eine Chance hatte, seine Liebe zu gewinnen.
Alles in allem hatte es wohl wenig Sinn, weiterhin Zeit damit zu verbringen, an ihrer Ehe zu arbeiten. Der Versuch, die Regeln zu ändern, die Julian festgelegt hatte, war hoffnungslos. Sie war in diesem goldenen Käfig gefangen, und sie würde das Beste daraus machen. Sie und Julian würden sich gelegentlich bei Bällen und Soirees und im Schlafzimmer treffen.
Sie würde sich bemühen, ihm einen Erben zu schenken, und er würde zum Ausgleich dafür sorgen, daß sie den Rest ihres Lebens gut gekleidet und gut untergebracht war. Es war gar kein schlechter Handel, dachte sie, nur ein sehr einsamer, leerer.
Es versprach, nicht die Art Ehe zu werden, nach der sie sich gesehnt hatte, aber wenigstens stellte sie sich jetzt endlich der Realität, fand Sophy.
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