Vergangene Narben
sein.
Grinsend lehnte ich mich zurück. Meine Gedanken waren wirklich albern.
Der Vormittag war bereits mit viel Witz und Humor an uns vorbeigezogen, und seit gut drei Stunden gab Fred, ein langer, dünner Mann, mit langem, dünnen Gesicht, und einem langen, dünnen Grübchen im Kinn, mir einen Schnellkurz in Etikette und Anstand, damit ich morgen auf meinem Ball als Prinzessin durchgehen konnte.
Naja, zumindest so halbwegs.
Oberflächlich.
Gerade versuchte er mir zu versichern, dass ich keinen Gips nach der Benutzung dieser Mördertreter brauchen würde. Wer´s glaubt würde selig werden.
„Kann ich nicht einfach Ballerinas tragen?“, wollte ich verzweifelt wissen. Auf die Dinger traute ich mich wirklich nicht rauf.
„Aber du bist doch so kein“, protestierte er.
Ich ignorierte meine Erzeugerin, die sich bei dem Versuch nicht loszulachen fast die Zunge abbiss, und verengte die Augen zu schlitzen. „Ich bin eins neunundsechzig, und liege damit vier Zentimeter über dem Durchschnitt.“
Flair nährte sich dem seltsamen Mann von der Seite, und schnupperte an den Pumps. Ihr niesen sagte mir alles, sie mochte die Dinger auch nicht.
„Aber die anderen Damen des Abends werden auch solche Schuhe tragen, und dich damit alle überragen. Doch das darf nicht so sein. Königin Cheyenne ernennt dich zur Prinzessin für einen Abend, daher musst du es sein, die die anderen überragt.“
„Ja, aber wenn ich mir jetzt die Beine breche, dann muss ich morgen mit einem Rollstuhl da auftauchen, und dann bin ich noch kleiner als die anderen“, argumentierte ich.
Fred schlug die Hände über den Kopf zusammen. „Oh Gott, hilf, du bist ja noch schlimmer als die Königin. Das sind doch nur drei Zentimeter Absätze!“
Nur um das mal klarzustellen, das waren mindesten sieben Zentimeter. Oder ich hatte einen kräftigen Knick in der Optik.
Meine Erzeugerin wandte sich lächelnd ihrem früheren Mentor zu. „Hast du etwa gedacht, ich würde dir einen leichten Fall geben?“, fragte sie spöttisch.
„Die Hoffnung stirbt zuletzt, Königin“, murmelte er niedergeschlagen. „Die Hoffnung bleibt bestehen.“ Er sah mich flehentlich an, die Hoffnung im Blick, von der er eben gesprochen hatte.
„Na gut“, gab ich mich dann geschlagen. Dieses Elend konnte ja keiner mit ansehen, und er gab sich auch wirklich Mühe mit mir. „Ich probiere es mal, aber wenn ich mich verletzte, dann sind Sie schuld.“
Sofort erhellte ein Strahlen sein Gesicht. „Oh, du wirst das schon schaffen, ich bin da zuversichtlich.“
Na wenigstens war das einer von uns. Ich ließ mir von ihm die Pumps geben, tauschte sie gegen meine Boots, und machte dann den ersten wackligen Versuch darauf zu stehen. Ich hatte noch nie Schuhe getragen, die nicht glatt auf dem Boden klebten, und so zu stehen war schon ein sehr ungewohntes Gefühl. Aber ich schaffte es, und grinste in die anderen beiden Gesichter.
„Das sieht gut aus. Und nun versuch ein paar Schritte damit zu laufen“, forderte Fred mich auf. „Wenn du das gemeistert hast, dann zeige ich dir, wie man elegant und kokett mit einem Fächer umgeht, und damit die Männer verrückt macht.“
Ich und die Männer verrückt machen? Das waren irgendwie zwei Gedanken, die sich in meinem Universum nicht miteinander vereinen ließen.
„Oder wie man ihnen damit auf die Finger haut“, fügte Cheyenne noch hinzu.
Fred verzog das Gesicht. „Erinnert mich bloß nicht daran. Ich bin fast gestorben, als ich davon gehört hab, was Ihr mit dem armen Fürsten tatet. Und dann auch noch so unverfroren zu behaupten, ich hätte Euch das beigebracht.“ Er schüttelte fassungslos den Kopf.
„Du hast mir das beigebracht!“, empörte Cheyenne sich.
„Einen kleinen, spielerischen Klaps, den hab ich Euch gezeigt, aber Ihr habt dem Mann fast den Finger gebrochen!“ Das schien ihn richtig aufzuregen.
Okay, das war eine Geschichte, die ich unbedingt in allen Einzelheiten erfahren wollte, doch gerade als ich den Mund aufmachte, klopfte es an der Tür. Hm, irgendwie war das jeden Tag dasselbe. Konnte den Leuten nicht mal etwas Neues einfallen? Wie uns zum Beispiel in Ruhe zu lassen? Nur einen Tag lang? Das war doch eigentlich nicht zu viel verlangt, oder?
Wie es schien doch, denn als Cheyenne die Tür nur mit einem bösen Blick strafte, anstatt irgendwie darauf zu reagieren, klopfte es noch einmal.
Sie seufzte genervt. „Fred, könntest du bitte gehen, und dem der dort draußen steht eine Morddrohung übermitteln?“
„Nein, das
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