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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Einkaufswagen. Niemand hatte sie argwöhnisch angesehen. Alle waren offen und freundlich gewesen. Nicht mehr als insgesamt zehn Leute hatten sie zusammen gesehen.
    Herr Peete, der Eigentümer, stand hinter der Kasse. »Him-mel, mein Kind, du wirst das bestgekleidete kleine Mädchen in den Ferengi-Bergen sein. Hier, nimm dir einen Lutscher. Der geht auf das Haus, weil dein Vater unsere Kosten für eine ganze Woche gedeckt hat.«
    Nach fünfunddreißig Minuten und einhundertneunundsechzig Dollar waren sie draußen. Er legte die Tüten im Jeep ab und sagte dann: »Jetzt habe ich eine Überraschung für dich. Siehst du den Buchladen dort? Lass uns den mal ansehen.« Wieder ließ sie sich von ihm tragen.
    Der Aufenthalt dort war ähnlich lang, ehe sie wieder zum Jeep zurückkehrten. Er schloss die Tür auf und setzte sie hinein. Dann richtete er sich auf und versteinerte. Jemand beobachtete ihn.

4
    Die Haare in seinem Nacken sträubten sich. Langsam drehte er sich um, konnte jedoch niemanden entdecken, der sich ungewöhnlich verhielt oder besonderes Interesse an ihnen zeigte. Hatte sich dort drüben, gleich neben der Union-76-Tankstelle, etwas bewegt? Regungslos blickte er hinüber. Ein leichter Wind blies ihm durch das Haar. Das war alles.
    Dennoch gefiel ihm die Sache nicht. Noch nie zuvor hatte er seinem Gefühl misstraut. Eilig stieg er in den Jeep. Gott sei Dank hatte sie nichts bemerkt. Sie zog die Decke um sich, die er mitgenommen hatte, um sie warm zu halten, und verdeckte damit beinahe ihr Gesicht. Sie machte den Eindruck, als ob sie gleich einschlafen würde. War sie müde, oder wollte sie ihrer Angst im Schlaf entkommen?
    Er warf einen Blick in Richtung der Polizeistation in der Boulder Street. Vielleicht wurde sie polizeilich gesucht. Ihm war klar, dass er sie nicht endlos lange bei sich behalten konnte. Sie hatte Eltern. Zumindest hatte sie eine Mutter, die sie liebte, wie man von ihrem Lächeln rückschließen konnte. Er hatte sie gefragt, ob ihre Mutter auch so süß sei wie sie, und sie hatte gelächelt. Ihr Vater? Das würde er bei Gelegenheit noch herausfinden. Doch ihre Mutter war auf jeden Fall vor Sorge ganz krank. Dennoch konnte er sie nicht einfach weitergeben, noch nicht jedenfalls. Was in aller Welt war geschehen? Diese Fragen hatte er sich während der vergangenen sechs Tage immer wieder gestellt, jedoch keine Antwort gefunden. Er musste bald etwas unternehmen. Doch wenn sich ihr kleines Gesicht vor Angst zusammenzog, konnte er sie schlichtweg noch keinem Fremden überlassen. Je länger sie bei ihm war, so hoffte er jedenfalls, desto kräftiger würde sie werden. Eigentlich war sie es, die ihn zurückhielt.
    Er betrachtete das schlafende Kind. Ihre Wangen hatten etwas Farbe bekommen. Der angespannte, farblose Gesichtsausdruck, den sie selbst gestern während des Schlafes noch gehabt hatte, hatte sich endlich verflüchtigt. Jetzt sah sie wie ein ganz normales Mädchen aus. Angesichts der leuchtenden Farben, die sie trug, musste er lächeln. Er erinnerte sich an den gestrigen Abend, als sie sich gesetzt hatten, damit er ihr nach dem Abendessen etwas vorlesen konnte. Er hatte das Thema, dass sie die Polizei einschalten sollten, noch einmal zur Sprache gebracht.
    Diesmal hatte sie nicht mit dem Kopf geschüttelt. Sie hatte seine Hand genommen und sich an ihn geklammert. Dann erst hatte sie mit dem Kopf geschüttelt. Er hasste diesen Ausdruck der grauenhaft leeren Angst in ihrem Blick.
    »Also gut«, hatte er geantwortet. »Wir schieben es noch etwas auf. Aber deine Eltern, meine Liebe, sorgen sich deinetwegen sicherlich schon halb tot.«
    Sie hatte den Kopf gesenkt und zu weinen angefangen.
    Er wollte fluchen, unterließ es jedoch. Er hatte nicht einen einzigen ordentlichen Fluch in den letzten vier Tagen vom Stapel gelassen, jedenfalls nicht laut, sodass sie ihn hätte hören können.
    Sie schien panische Angst davor zu haben, dass jemand ihren Aufenthaltsort herausfinden und ihr erneut wehgetan werden könnte. Diese Angst schien die Eltern mit einzubeziehen. Vielleicht war es eine sehr berechtigte Sorge. Wie hatte der Verbrecher sie das erste Mal in die Hände bekommen? Hatten ihre Eltern nicht aufgepasst? Sie allein in einem Einkaufszentrum gelassen? Oder war der Entführer einfach in den Garten gekommen und hatte sie sich geschnappt?
    Vielleicht würde er in ein paar Tagen die Polizei verständigen. Kaum hatte er diese Möglichkeit ins Auge gefasst, als er auch schon den Kopf schüttelte. Er

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