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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Carol Jordan. Detective Chief Inspector Carol Jordan. Die Schwester von Michael Jordan.«
    Die Stille, die auf Carols Worte folgte, schien sich auszubreiten, bis sie den ganzen Raum anfüllte. Schließlich war es Betsy, die das Schweigen brach. »Es tut mir sehr leid. Was Ihrem Bruder und seiner Frau passiert ist, das ist unverzeihlich.«
    »Lebensgefährtin. Lucy war seine Lebensgefährtin. Nicht seine Frau. Sie haben nie geheiratet. Und jetzt, dank Ihres Ex«, sie machte eine Kopfbewegung in Richtung Micky, »werden sie auch nicht mehr dazu kommen.«
    »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie leid mir das tut«, erwiderte Micky.
    »Sie könnten es wenigstens versuchen«, entgegnete Carol, und ihre Augen blitzten.
    »Wir sind auch Opfer«, gab Micky zu bedenken. »Betsy hätte in dem brennenden Stall ums Leben kommen können.«
    »Aber sie ist noch am Leben, oder? Wie durch ein Wunder ist sie davongekommen.« Carol warf ihre Handtasche auf den Küchentisch. »In meiner Branche sind solche Wunder immer sehr verdächtig, denn an ›Hallelujah, lobet den Herrn‹ glauben wir nicht. Wissen Sie, solche wundersamen Rettungen sind oft inszeniert. Sie sollen den Verdacht ablenken.« Sie blickte zwischen den beiden hin und her, um ihre Reaktionen zu beobachten. Dabei war sie auf die Gestik und Mimik aus, die sie bei der jahrelangen Zusammenarbeit mit Tony Hill zu interpretieren gelernt hatte.
    »Was Sie da andeuten, ist eine Unverschämtheit. Einer unserer Angestellten ist heute Abend gestorben, als er mir das Leben gerettet hat«, reagierte Betsy und wirkte dabei äußerlich völlig ruhig. Micky wusste es allerdings besser. Ihr war klar, dass unter dieser Oberfläche ein Zorn lauerte, der so jemanden wie Carol Jordan hinwegfegen konnte.
    »Ist das wirklich so unverschämt? Wenn ich mir das Ausmaß von Vance’ Racheaktion anschaue: Tony Hills Haus niedergebrannt. Das war der einzige Ort auf der Welt, an dem er sich jemals zu Hause gefühlt hat. Ihnen dagegen widerfährt ein kleiner Brand im Stall. Mein Bruder und seine Partnerin wurden brutal ermordet. Ich habe noch nie so viel Blut an einem Tatort gesehen. Aber Sie kommen mit dem Tod von zweien Ihrer Pferde davon. Und eines Stallburschen, dessen Namen Sie nicht einmal nennen. Erscheint Ihnen das angemessen?«
    »Seine Absichten waren wesentlich bösartiger«, erklärte Betsy. »Die Feuerwehr hat uns mitgeteilt, dass das ganze Dach heruntergekracht wäre, wenn wir die Balken in den Stallungen nicht vorsorglich mit feuerabweisenden Chemikalien behandelt hätten. Vance kann das nicht gewusst haben.«
    Carol zuckte mit den Schultern. »Nicht, wenn Sie es ihm nicht gesagt haben.« Sie starrte jetzt Micky an.
    »Warum in aller Welt hätten wir das tun sollen? Warum sollten wir ihm helfen? Es ist ja nicht so, als wäre er uns in den vergangenen Jahren eine große Hilfe gewesen. Seine Verbrechen haben Mickys Fernsehkarriere zerstört.« Betsy sprach mittlerweile sehr abgehackt. Sie hatte alle Mühe, ihre Wut zu unterdrücken.
    »Ihnen hat das doch gut in den Kram gepasst, oder nicht? Seien wir doch mal ehrlich, Betsy. Das Fernsehen war nie Ihre Welt. Das hier passt doch viel besser zu Ihnen. Tweedblazer im Landhausstil und Pferdezucht. Vornehmer Akzent und Polostiefel. Vance’ Untaten kamen Ihnen gerade recht, würde ich vermuten.«
    »Aber so war es nicht«, verteidigte sich Micky. »Wir wurden regelrecht als Parias angesehen, es dauerte Jahre, bis wir unser Leben wieder aufgebaut hatten.«
    »Sie haben ihm seine Taten ermöglicht. Haben ihm als Maske gedient. Praktisch waren Sie seine Komplizin. Jahrelang hat er sich hinter Ihnen versteckt, während er junge Mädchen entführte und folterte. Sie müssen gewusst haben, dass er in all den Jahren etwas vor Ihnen verborgen hielt. Warum sollte ich nicht glauben, dass Sie ihm immer noch zuarbeiten? Irgendjemand hat ihm geholfen, all das vorzubereiten. Das hätten Sie sein können. Er hat Ihnen früher mal etwas bedeutet.«
    »Das ist ja unerhört«, entgegnete Betsy, und ihr Ton war so scharf, dass er Carol die Rede wie mit einer Rasierklinge abschnitt.
    »Ist es das? Dann erklären Sie mir, wie diese Geschichte funktioniert. Ich besitze keine Villa und keine Pferdezucht, die mir am Herzen liegt, und deshalb muss ich meinen Bruder verlieren?«
    Plötzlich sank Carol auf den nächsten Stuhl. »Meinen Bruder.« Schluchzend stieß sie die Worte hervor. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen, und zum ersten Mal, seit Blake ihr die Nachricht

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