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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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helfen konnten, Eric Fletcher zu finden. Indessen würde Sam sein Bestes tun, um Fletchers Tochter zu finden.
    Samstagnachts wimmelte es in Temple Fields nur so von Menschen. Drag Queens, hübsche Jungen, markante Junglesben mit Tattoos und Piercings und Lady-Gaga-Kopien stachen dem Besucher als Erstes ins Auge. Es gab jedoch auch jede Menge unauffälligere Menschen, die in den Schwulenkneipen und Restaurants der Straße ihren Spaß haben wollten. Schon in den Neunzigern hatte sich das Viertel von einer Rotlichtgegend zur Heimat der Schwulenszene gewandelt. Das neue Jahrhundert hatte es noch vielseitiger gemacht; hippe, heterosexuelle, junge Leute hingen dort gerne in coolen Clubs und Bars herum. Jetzt war das alles eine bunte Mischung. Es war der Teil der Stadt, in dem alles möglich war. Das Geschäft mit der Straßenprostitution florierte immer noch, wenn man nur wusste, wo man suchen musste.
    Sam bahnte sich den Weg durch die Menge, wobei er Ausschau nach weiblichen und männlichen Prostituierten hielt. Manchmal sahen sie ihn schon von weitem, rochen den Polizisten und verschwanden in der anonymen Menge, noch bevor er sie ansprechen konnte. Immerhin schaffte er es, mit einem halben Dutzend Frauen zu sprechen. Manche ignorierten ihn völlig und weigerten sich, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln. Sam nahm an, dass sie von ihren Zuhältern beobachtet wurden und das auch wussten.
    Zwei weitere gaben an, Kerry Fletcher nicht zu kennen. Eine fünfte kannte Kerry zwar, hatte sie jedoch seit ein, zwei Tagen nicht gesehen, aber das lag vielleicht auch daran, dass Kerry üblicherweise am Campion Way arbeitete und nicht auf der Hauptstraße. Sam hatte sich also hinunter zu dem Boulevard begeben, der Temple Fields vom Rest des Stadtzentrums trennte. Dort hatte er eine ergiebigere Quelle gefunden.
    Die Frau lehnte in der Mündung einer Seitengasse an einer Mauer, rauchte und schlürfte einen Becher Kaffee. »Um Himmels willen. Kann ich nicht mal zehn verdammte Minuten für mich selbst haben?«, giftete sie, als Sam sich näherte. »Ich mach keine Gratisnummern für Cops.«
    »Ich suche nach Kerry Fletcher«, sagte Sam.
    »Da sind Sie nicht der Einzige«, antwortete die Frau säuerlich. »Ich hab sie heute Abend noch nicht gesehen, aber ihr Vater war gestern Nacht hier und hat sie gesucht.«
    »Ich dachte, er wäre verwarnt worden?«
    »Vielleicht ja. Er hält sich jetzt zurück, so viel ist sicher. Aber er hängt hier immer noch rum und beobachtet jeden Schritt, den sie macht. Letzte Nacht hat sie ihn sich allerdings vorgeknöpft. Hat ihm gesagt, dass er sich verpissen soll.«
    »Wie hat er das aufgenommen?«
    »Er hatte keine Wahl. Sie ist mit einem Freier abgezogen.«
    »Was hat er zu ihr gesagt, das sie so aufgeregt hat?«
    »Ich hab nicht besonders darauf geachtet. Ich versuche, hier meinen beschissenen Lebensunterhalt zu verdienen. Er hat sie zugeschwallt, es wäre auf den Straßen nicht sicher. Dass jemand Nutten wie uns umbringt, und sie sollte nach Hause kommen. Sie sagte, sie würde es lieber auf der Straße riskieren als mit ihm. Er flehte sie an, er würde alles tun, was sie wollte, wenn sie sich nur nicht mehr auf der Straße verkaufen würde. Und sie hat geantwortet: ›Ich will nur, dass du damit aufhörst, und jetzt verpiss dich.‹ Dann ist sie weggegangen und zu diesem Typen ins Auto gestiegen.«
    »Haben Sie vorher schon mal gesehen, dass sie so aneinandergeraten sind?«
    Die Frau zuckte mit den Schultern. »Er hat versucht, ihr damit Angst zu machen, dass hier ein Serienkiller sein Unwesen treiben soll.« Sie zog verächtlich die Lippen zusammen. »Als ob wir nicht wüssten, dass es da draußen Arschlöcher gibt, die sich einen Spaß draus machen, uns zu verletzen. Man macht diesen Job nicht, wenn man sich um seine verdammte Gesundheit und Sicherheit sorgt. Das ist uns doch allen bewusst, und zwar die ganze Zeit. Wir versuchen, nur nicht daran zu denken.«
    »Was hat ihr Vater dann gemacht?«
    Sie warf ihre Kippe auf den Bürgersteig und trat sie aus. »Er machte das, was ihm gesagt worden war. Er verpisste sich, und jetzt möchte ich, dass Sie das Gleiche tun.« Sie machte mit den Fingern eine Geste, als wolle sie ihn verscheuchen. »Na los, machen Sie schon. Sie verderben mir das Geschäft.«
    Sam trat einen Schritt zurück und beobachtete, wie die Frau auf ihren irrsinnig hohen Absätzen zur Bordsteinkante stakste. Was er erfahren hatte, brachte ihn und seine Kollegen nicht viel weiter. Es hatte

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