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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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einer törichten, angeberischen Stimmung heraus. Ich sage es, weil ich daran glaube. Wenn ich anfange, der Angst die Kontrolle zu überlassen, kann ich gleich einpacken. Und einen neuen Anfang vergessen. Das Einzige, was ich dann überdenken sollte, ist die vorgezogene Pensionierung.«
    Tony seufzte, denn er wusste, wann er sich geschlagen geben sollte. »Ich kann dich nicht zwingen«, sagte er.
    »Nein, das kannst du nicht. Und wenn die anderen sich in den letzten zwölf Jahren nicht unheimlich verändert haben, kannst du sie auch nicht dazu bringen. Wir müssen raus und ihn suchen.«
    Tony verzog gequält das Gesicht. »Bitte, lass das, Carol. Bitte. Warne die anderen auf alle Fälle. Und dann kümmerst du dich um deinen regulären Job. Überlass die Jagd auf Vance Leuten, die nicht auf seiner Abschussliste stehen.«
    »Und du? Wirst du das tun?«
    Tony hatte keinen Grund, sich für etwas zu schämen, aber trotzdem konnte er ihr jetzt nicht in die Augen schauen. »Ich werde weit entfernt sein von der Front, werde eine Risikoanalyse erstellen und Hinweise darauf geben, was Vance vorhaben könnte. Wo er wahrscheinlich hingehen wird. Ich wollte mich mit dir nach Wales in die Berge zurückziehen, damit ich deine Ideen verwerten kann, aber daraus wird wohl nichts, oder?« Wieder spürte er, wie sich sein unterdrückter Zorn in seiner Stimme zu verraten drohte. Aber diesmal ignorierte er ihn und zwang sich, freundlich zu klingen. »Ich werde also jemand anderen beauftragen, meine Termine in Bradfield Moor zu übernehmen und werde nach Worcester zurückfahren, damit ich dort in Ruhe arbeiten kann.«
    Diese Alternative gefiel Carol gar nicht. Sie wollte ihn da haben, wo sie ihn ständig im Auge behalten konnte. »Es wäre mir lieber, du würdest hierbleiben«, sagte sie. »Wenn wir nicht in Deckung gehen, sollten wir zumindest beisammen sein. Und damit vermeiden, Vance eine Gelegenheit zum Angriff zu geben.«
    Tony schien skeptisch. »Du bist mitten in einer Ermittlung zu einer Mordserie, und ich darf nicht mit dir zusammenarbeiten. Wenn dein teurer Polizeipräsident mich hier herumhängen sieht, wird ihn der Schlag treffen.«
    »Pech. Wie auch immer, ich dachte, du hättest eine Lösung des Problems gefunden?«
    Tony vermied es weiterhin, ihr in die Augen zu schauen. »Ich bin nicht dazu gekommen. Wegen dieser anderen Angelegenheit ist es mir entfallen. Und jetzt muss ich an dieser Risikoanalyse zu Vance arbeiten. Ich sag dir was. Ich werde in deinem Büro arbeiten, bei geschlossenen Rollos, wenn ich die Analyse dann dem Innenministerium abgegeben habe, kümmere ich mich darum. Okay?«
    Carol war selbst überrascht, dass sie lachen musste. »Du bist ein hoffnungsloser Fall, weißt du das?«
    »Aber dafür musst du mir etwas versprechen.«
    »Was denn?«
    »Sollte er sich uns auf irgendeine Weise nähern, dann gehst du in Deckung.«
    »Ich werde mich nicht in den Bergen in Wales verstecken.« Carols Mund wurde schmal wie ein Strich.
    »Klar, das weiß ich. Aber ich habe oben im Hafenbecken in Worcester noch das Kanalboot liegen. Wir könnten in See stechen wie die Eule und das Kätzchen. Es würde uns von Vance ablenken.«
    Carol runzelte die Stirn. Dies hier war nicht der Tony Hill, den sie schon viele Jahre kannte. Zwar hatte er erzählt, dass die Entdeckungen der letzten Zeit ihn verändert hätten. Er hatte erfahren, wer sein leiblicher Vater war, und wusste jetzt, warum er so früh aus seinem Leben verschwunden war. Schließlich hatte er seinen Frieden mit ihm gemacht. Aber sie hatte ihre Zweifel gehabt, da sie über die Entscheidung hinaus, Bradfield zu verlassen und in das schöne edwardianische Haus in Worcester zu ziehen, kaum Hinweise für einen Wandel wahrnahm. Ja, das hatte auch bedeutet, seine Stelle an der psychiatrischen Anstalt in Bradfield Moor aufzugeben, aber Carol war überzeugt, dass sein Abschied von der Arbeit nicht länger als ein paar Wochen dauern würde. Tony identifizierte sich zu sehr mit der Erforschung verkorkster Innenwelten, um sie über längere Zeit hinter sich zu lassen. Es würde eine andere Anstalt geben, weitere verwirrte Gemüter. Daran hatte sie keinen Zweifel.
    Aber die Idee, auf einem Kanalboot spontan eine Fahrt ins Blaue zu machen, war äußerst untypisch, Anzeichen einer echten Veränderung. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann er zum letzten Mal auch nur einen Tag freigemacht hatte, ganz zu schweigen von einer Urlaubsreise. Vielleicht spürte auch er das nagende Gefühl

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