Vergeltung
»Ich könnte dir wirklich weh tun, und niemand würde dir glauben. Aber das will ich nicht. Ich will nur die Wahrheit erfahren. Der Scheißkerl, der Leanne umgebracht hat, soll nicht das Gleiche mit einer anderen Frau machen. Ich hab dir gerade bewiesen, wie leicht das ist. Wie unheimlich leicht ihr zu verletzen seid. Was also ist am Dienstagabend gelaufen?«
»Sie würden nicht wagen, mich anzurühren«, zischte sie. »Ich werde Sie wegen Körperverletzung, versuchter Vergewaltigung und allem Möglichen drankriegen.«
Sam lachte. »Als ob irgendjemand einer Nutte wie Ihnen glauben würde.« Er verlagerte sein Gewicht und stieß ihr mit gestreckten Fingern unter die Rippen. Sie stöhnte vor Schmerz und Schock. Sam spürte deutlich, welchen Kick es ihm gab, gemein zu sein, und versuchte, sich nicht allzu sehr mitreißen zu lassen. »Ich will Ihnen nicht weh tun, aber ich werde es tun. Erzählen Sie mir vom Dienstagabend.«
»Es war genau wie jeder andere Abend. Leanne trat etwa gegen neun auf und tanzte ein paar Mal. Sie ging ungefähr um Mitternacht weg. Das ist alles, was ich weiß.«
»Das reicht nicht.« Sam drückte die Hand wieder unter ihre Rippen. »Da gibt es mehr zu erzählen. Was ist mit den Überwachungskameras? Ihr habt doch Kameras auf dem Parkplatz. Es gibt überall im Club Kameras.«
Sie grinste triumphierend. »Die sind gelöscht. Einer der Barmixer kam heute früh rein und sagte, die Cops würden überall in der Stadt Fotos von Leanne zeigen und dass sie ermordet worden wäre. Der Besitzer war da und sagte mir, ich sollte die Bänder löschen. Er wollte nicht, dass eine ermordete Nutte mit seinem schönen sauberen Geschäft in Verbindung gebracht wird.« Es klang, als sei ihre Verachtung für den Chef genauso groß wie ihre Geringschätzung der Polizei.
»Haben Sie die Bänder angeschaut, bevor Sie sie löschten?«
Sie wandte den Blick ab. Sam fand, dass sie schuldbewusst wirkte.
»Was Ihr Barmann nicht wusste, weil wir es noch niemandem gesagt haben, ist, dass der Kerl, der Leanne umgebracht hat, kein Anfänger war. Er hat vorher schon gemordet. Mehr als einmal. Und wenn wir ihn nicht fassen, können Sie Gift drauf nehmen, dass er es wieder tun wird. Und da Sie ihm zeigen, wie leicht er hier in der Gegend Beute machen kann, ist es gut möglich, dass es eine von euren Mädchen sein wird.« Sam lächelte sie spöttisch an. »Oder sogar Sie.«
Der Blick, den sie ihm zuwarf, war hasserfüllt. »Ich hab die Bänder vom Parkplatz kurz angeschaut, von der Zeit, als sie wegging. Ich war neugierig. Wenn einer unserer Kunden etwas damit zu tun hatte, wollte ich wissen, wer es war. Der Sicherheit wegen. Was immer Sie denken mögen, ich möchte nicht, dass meinen Mädchen was passiert.«
Sam verringerte den Druck etwas. »Und? Was haben Sie gesehen?«
»Ich sah Leanne aus der Hintertür und über den Parkplatz zur hinteren Ecke gehen. Sie stieg in einen Wagen, und er fuhr weg.«
Sam hätte am liebsten vor Wut in die Luft geboxt, oder, da das nicht ging, dieser Schlampe eine runtergehauen, weil sie die Ermittlungen zu Leannes Tod durch ihr achtloses Verhalten vor die Wand gefahren hatte. »Was für ein Wagen? Welche Farbe hatte er?«
»Wie soll ich wissen, was für ein Wagen das war? Seh ich aus wie ein verdammter Kfz-Mechaniker? Und die Videoaufnahmen sind schwarzweiß. Alles, was ich Ihnen über die Farbe sagen kann, ist also, es war nicht schwarz, und es war nicht weiß.«
Jetzt wollte er sie wirklich in die Mangel nehmen. »Ich vermute, Sie haben auch den Fahrer nicht gesehen?«
»Ein weißer Klecks. Das ist alles, was ich gesehen habe.«
»Wirklich verdammt klasse.« Sam gab sich keine Mühe, seine Empörung zu verbergen. »Ich nehme an, Sie haben auch das Kennzeichen nicht erkennen können?« Er trat zurück. »Vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich werde morgen einen Kollegen vorbeischicken, damit er Ihre Aussage aufnimmt.«
Jetzt sah sie zum ersten Mal wirklich besorgt aus. »Auf keinen Fall«, erwiderte sie. »Hören Sie, ich habe Ihnen gesagt, was ich weiß. Machen Sie mir nicht alles kaputt mit meinem Chef.«
Sam blickte sie nachdenklich an. »Sie haben die Lizenz hier, richtig?«
»Stimmt. Sie haben also meinen Namen und Adresse. Ist ja nicht so, als könnte ich abhauen.«
»Kommen Sie morgen zu uns. Bradfield Metropolitan Police Präsidium, nicht die Northern Division. Fragen Sie nach dem Sondereinsatzteam. Verstanden?«
Sie nickte. »Sondereinsatzteam.«
»Wenn Sie nicht
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