Vergesst Auschwitz!: Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage (German Edition)
jüdischen Kaufmann Veitel Itzig in Gustav Freytags Roman »Soll und Haben«; es gab den wendigen »Herrn Wendriner« bei Tucholsky, einen unsympathischen jüdischen Bourgeois, der sich nur für seine Geschäfte interessierte; es gab in Gabriele Tergits Roman »Käsebier erobert den Kurfürstendamm« gerissene jüdische Theaterdirektoren, die einen naiven Volkssänger zum Star aufbauen, um ihn nach einer Saison wieder zu demontieren. Kurzum, es gab ein relativ normales Miteinander von Juden und Nichtjuden, Semiten und Antisemiten.
Heute dagegen gibt es eine Islamkonferenz beim Bundesinnenminister und eine gut geölte Integrationsindustrie, deren Mitarbeiter staunend vor der Tatsache stehen, dass viele junge Bürger mit Migrationshintergrund sich allen Bemühungen zum Trotz nicht integrieren lassen wollen. Was natürlich nicht an der Erziehung, den häuslichen Verhältnissen, dem Machowahn und der archaischen Sexualmoral liegt, sondern an der grassierenden »Islamophobie«, die ihre Objekte an der vollen Entfaltung ihrer Talente hindert.
Der – inzwischen pensionierte – Direktor des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung, Professor Wolfgang Benz, hat das Wesen der »Islamophobie« in einem Beitrag für das »Jahrbuch für Antisemitismusforschung« folgendermaßen umrissen:
»Die Parallelen zu Antisemitismus und Judenfeindschaft sind unverkennbar: Mit Stereotypen und Konstrukten, die als Instrumentarium des Antisemitismus geläufig sind, wird Stimmung gegen Muslime erzeugt. Dazu gehören Verschwörungsphantasien ebenso wie vermeintliche Grundsätze und Gebote der Religion, die mit mehr Eifer als Sachkenntnis behauptet werden. Die Wut der neuen Muslimfeinde gleicht dem alten Zorn der Antisemiten gegen die Juden. Die Verabredung einer Mehrheit gegen das Kollektiv der Minderheit, das ausgegrenzt wird (einst und immer noch ›die Juden‹, jetzt zusätzlich ›die Muslime‹), ist gefährlich, wie das Paradigma der Judenfeindschaft durch seine Umsetzung im Völkermord lehrt … Aufgabe der Antisemitismusforschung, die sich als Vorurteilsforschung begreift und Judenfeindschaft als erkenntnisleitendes Paradigma versteht, ist es, beide Phänomene in den Blick zu nehmen: Hass gegen die Juden und den Judenstaat, wie er von Muslimen artikuliert wird, und Hass gegen die Muslime, der sich der gleichen Methoden bedient, die vom christlichen Antijudaismus wie vom rassistischen Antisemitismus entwickelt werden.«
Da wird nicht mehr nur »verglichen«, es wird gleichgesetzt: »Die Wut der neuen Muslimfeinde gleicht dem alten Zorn der Antisemiten gegen die Juden.« Und im Hintergrund lauert schon der nächste »Völkermord«. Derweil hat sich in der simplifizierten Welt der Gutmenschen, die ihren Tag mit der »jungen Welt« anfangen und mit der »taz« beenden, längst die Gewissheit breitgemacht, dass »die Moslems die Juden von heute« sind. Im Internet gibt es gelbe sechseckige Sterne zu sehen, die das Wort »Moslem« in die Welt schreien. So kann man seine eigene Geschichte erfolgreich entsorgen und sich zugleich zum Retter einer bedrohten Minderheit aufschwingen, also das tun, was die eigenen Eltern nicht getan haben.
Der Hamburger Historiker Matthias Küntzel hat in einem längeren Text zur Genese des Begriffes »Islamophobie« darauf hingewiesen, dass es der Europarat war, der im Mai 2005 »erstmals ›Antisemitismus und Islamophobie‹ in einem Atemzug genannt« hat, was freilich dem »Muslim Council of Britain« nicht weit genug ging. »Tatsache ist, dass [die] Islamophobie den Antisemitismus ersetzt hat«, erklärte Imam Dr. Abduljalil Sajid, ein Leitungsmitglied des Muslim Council, wenig später auf einer OSZE-Konferenz im spanischen Córdoba. Bei dieser Gelegenheit habe er auch gesagt, Aussagen wie »Lang lebe Israel!« und »Der muslimische Fundamentalismus ist gefährlich« seien ebenfalls »islamophob«.
Küntzel, ein vorsichtig formulierender, um Ausgewogenheit und Objektivität bemühter Wissenschaftler, schreibt, niemand könne übersehen, »dass die Vorbehalte gegen Muslime auf realen, von Muslimen begangenen Verbrechen basieren, während die Feindschaft gegen Juden keine realen Auslöser hat. Ereignisse wie der 11. September oder die Ermordung des niederländischen Filmemachers Theo van Gogh haben keine Entsprechung in der jüdischen Tradition.« Das war in der Tat noch sehr zurückhaltend formuliert. Man könnte es auch direkter phrasieren. Wer eine Rede von Mahmud Ahmadinedschad gehört, die
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