Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
Ahnung. Aber ich kann mir vorstellen, dass hier nicht alle Leute so reden wie die Queen.«
»Außer Bibi«, sagte ich, und Lance grinste.
»Oh, sicher wünscht sich die Queen, sie wäre so vornehm wie Bibi«, sagte Lance.
»Bestimmt.«
»Gehört man denn nicht zur Oberschicht, wenn man aus dem Norden stammt? Hast du in einem Mädchenpensionat gelernt, richtig zu sprechen?«
»Eher in der Schule des Lebens«, erwiderte ich lächelnd. »Kaum hatte ich mir den Yorkshire-Akzent angeeignet, zog Mum mit mir nach Dorset.«
Lance blinzelte befremdet. Offenbar verstand er den drastischen linguistischen Kontrast nicht, den ich mit neun Jahren hatte bewältigen müssen.
»Und wie ist Dorset? Lohnt es sich, da mal hinzufahren?«
»Klar, da kannst du einen Dorset-Knopf essen.«
»Einen – was?«, fragte er entgeistert,
»Das ist eine Art Biskuit.«
»Wie unser Biscuits and Gravy?«
»Nein, kein salziges Brötchen, eher ein Keks, wie trockenes altes Brot. Okay, besonders gut schmeckt’s nicht. Aber der Name ist total originell.«
»Jetzt tust du’s schon wieder!«
»Oh, tut mit leid, ich habe mich von dem Gag mit dem Dorset-Knopf hinreißen lassen.«
»Kein Wunder, das würde jedem passieren«, versicherte Lance und kräuselte die Lippen.
Als unser Dessert serviert wurde – natürlich herzförmig –, hatte ich meinen Versuch, eine Rolle zu spielen, völlig vergessen. In Lance’ Gesellschaft amüsierte ich mich köstlich. Meine anfängliche Nervosität war verflogen, und Tickys Behauptung, er sei ein unpassender Mann, interessierte mich nicht mehr. Seit einer Ewigkeit hatte ich keinen so netten Abend mehr erlebt. Die Interviews und Fotoshootings waren überstanden und alle glücklich mit den Resultaten. Unbefangen plauderte ich mit Lance. Da wir einander kaum kannten, gab es keine Anspielungen und versteckten Botschaften. Und es war ja auch kein Date. Deshalb entstand kein Stress wegen beklemmender Fragen, die im Hintergrund lauerten – ob wir einander mochten oder nicht oder wie der Abend enden würde.
Vielleicht lag es an unserem erhöhten Tisch. Oder an meiner guten Laune. Jedenfalls fühlte ich mich überhaupt nicht wie ein bedauernswerter Single, weil ich das Valentinsdinner mit einem Schwulen erlebte. Stattdessen glaubte ich leicht beschwipst, niemand im Delaval Arms würde den Abend so sehr genießen wie ich. Und Lance. Denn hier waren wir beide Außenseiter. Wir gehörten nicht dazu, und so glichen wir zwei Naturforschern, die in der Wildnis ein Wasserloch und seine Fauna studierten. Aus unserer Vogelperspektive beobachteten wir verstohlen und mit schuldbewusster Faszination zwei Streitereien. Bei dem einen Paar wurden beißende Beleidigungen gezischt, bei dem anderen stürmte das Mädchen wortlos zur Toilette. Aber direkt vor unseren Augen wurde auch ein Heiratsantrag angenommen, unter dem enthusiastischen Applaus anderer Paare, und den unbehaglichen Blicken einiger Männer. Unser Lieblingspaar wechselte im Lauf der Mahlzeit kaum zehn Worte, und Lance, besser postiert als ich, brachte mich regelmäßig auf den neuesten Stand. »›Sehr schmackhaft‹, hat er gesagt, eine erstaunliche Äußerung.«
Zum ersten Mal seit meiner Trennung von Martin merkte ich, dass eine Single-Frau keineswegs Trübsal blasen oder sich nach einem neuen Partner sehnen musste. Ich konnte mit jemandem Spaß haben, von dessen Existenz ich vor einer Woche noch nichts geahnt hatte.
»Ist das ein traditionelles englisches Dessert?« Lance zeigte mit seinem Löffel auf unsere herzförmigen Puddings.
»Pannacotta?« Ich lachte. »Wohl kaum. Wahrscheinlich fand der Küchenchef Gepunkteter Schwanz nicht romantisch genug.«
»Wirst du den ganzen Abend obszöne Witze machen? Ich dachte, die Engländerinnen wären kultiviert und hätten kein schmutziges Mundwerk.«
» Gepunkteter Schwanz ist ein Pudding !«, protestierte ich. »Im Wasserbad gegart, wabbelig, mit Korinthen. Schmeckt widerlich. Sei froh, dass du so was nicht essen musst!«
»Also, ich weiß nicht … Wer sagt denn, ich würde Anspielungen auf befleckte Schwänze nicht schätzen?«
»O Gott, Lance, ich wollte dich nicht kränken! Bitte, können wir neue beste Freunde sein? Wirklich, ein schwuler bester Freund hat mir in meinem Leben total gefehlt.«
Lance hob den Kopf. »Schwul?« Entsetzt starrte er mich an. »Du glaubst, ich bin schwul?«
»B-bist du’s denn nicht?«, fragte ich stockend.
»Wieso hältst du mich für schwul, Rory? Haben wir denn nicht den
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