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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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als nötig riss ich die Tür auf. Es wäre wahrscheinlich das Beste für alle gewesen, wenn ich kurz hätte allein sein können, bis ich mich wieder einigermaßen im Griff hatte. Aber da ja mein Bruder kontaktgestört war, musste ich den Hund abholen, davor konnte ich mich nicht drücken.
    »Na du?«, begrüßte mich Wendy freundschaftlich, obwohl sie mich seit der Chipaktion mit Murphy nicht mehr gesehen hatte. Aber unseren Hund dafür umso öfter, weshalb es ihr wahrscheinlich so vorkam, als ob sie mich auch schon gut kannte. »Hier ist euer kleiner Bursche.« Sie griff unter die Ladentheke, von wo ich ein leichtes metallisches Klicken hörte. Kurz darauf förderte sie Murphy zutage, der bei meinem Anblick sofort anfing mit dem Schwanz zu wedeln.
    »Prima«, antwortete ich, legte die Plakate auf dem Ladentisch ab und nahm den Hund entgegen. Dann setzte ich ihn auf den Boden und schlang mir die Leine ums Handgelenk, was auch gut so war, denn er wollte umgehend den Katzenbabys einen begeisterten Besuch abstatten. Ich betrachtete meine Plakate, und dabei überkam mich plötzlich eine Woge von Mitgefühl für meinen Bruder, da ich eben selbst erlebt hatte, wie demütigend es war, wenn man auf jemanden zuging und eine Abfuhr bekam. »Du, Wendy«, sagte ich, als sie von ihrem Computer aufschaute, wo sie wahrscheinlich wieder mal eine Rechnung für uns schrieb, »hast du eigentlich einen Freund?«
    Sie blinzelte mich erschrocken an. »Nein«, sagte sie und fragte etwas besorgt: »Äh, wieso denn?«
    »Ach, nur so«, antwortete ich und schob ihr ein Poster hinüber. »Hättest du vielleicht Lust, dich mal mit meinem Bruder zu verabreden?«
    Die ganze Sache war viel leichter über die Bühne gegangen als erwartet. Wendy hatte nahezu sofort zugestimmt und wusste auch ganz genau, wer Warren war. Zum Glück musste ich ihr nicht mal mit einem Foto auf die Sprünge helfen, denn das einzige Bild von ihm auf meinem Handy sah grauenhaft aus. Ichhatte es gemacht, als er mir gerade einen Vortrag über die Erfindung der Kartoffelchips hielt. Damit wollte ich ihn zum Schweigen bringen, und auf dem Foto sah er so genervt wie unscharf aus.
    Nachdem ich noch schnell Mais und Lakritz für meinen Vater besorgt hatte, ging ich mit Murphy zu meinem Fahrrad. Ich fühlte mich schon wieder ein kleines bisschen besser, denn obwohl ich bei Henry nichts erreicht hatte, konnte ich wenigstens meinem Bruder ein Date verschaffen und den Hund vor weiteren übertriebenen Pflegemaßnahmen bewahren.
    Die Heimfahrt mit Murphy stellte sich allerdings problematisch dar. Warren hatte ihn vermutlich mit dem Auto hergebracht, denn in meinem Fahrradkorb fand er es überhaupt nicht lustig. Mit Kralleneinsatz versuchte er daraus zu entkommen. Als er sich dabei eine Pfote zwischen den Metallbügeln einklemmte, fing er so herzzerreißend an zu winseln, dass ich den Fahrradständer ausklappte und ihn wieder aus dem Korb hob. »Ist ja gut«, beruhigte ich ihn und drückte ihn einen Moment lang an mich. Er zitterte am ganzen Körper. »Wir müssen nicht den Korb nehmen, ist ja schon gut.« Ich strich ihm über das raue Fell und merkte, wie er sich allmählich beruhigte.
    Aber nach diesem leichtfertigen Versprechen kam ich schwer ins Grübeln, wie wir nun eigentlich nach Hause kommen sollten. Ich unternahm einen Versuch, aufzusteigen und den Hund nebenherlaufen zu lassen, aber dabei verfing sich die Leine immer wieder im Rad, und Murphy stellte sich nicht besonders clever an. Und als ich versuchte, mein Rad mit der Leine in der Hand zu schieben, passierte genau das Gleiche. Also blieb uns nichts anderes übrig, als zu Fuß zu gehen. Ich schloss mein Fahrrad am Diner an, klemmte die Plakate unter den Arm und holte mein Handy heraus, um meiner Mutter Bescheid zu sagen, dass Murphy und ich samt Mais ein bisschen später kamen. Als ich gerade losgehen wollte, hielt neben mir ein Auto.
    Es war ein leicht verbeulter Geländewagen, an dessen Steuer Henry saß. Er ließ das Beifahrerfenster herunter, beugte sich zu mir herüber und rief: »Hallo.«
    »Hallo«, antwortete ich. Für eine Fortsetzung unseres Gespräches von vorhin fand ich den Ort eher unpassend.
    »Soll ich dich mitnehmen?«, bot er an. Der Kleinbus hinter ihm bremste scharf und hupte ungehalten. Henry winkte ihn vorbei, während ich entschied, dass jetzt nicht der richtige Moment war, um darüber nachzudenken, weshalb er mich vor knapp einer Stunde derart hatte abblitzen lassen.
    »Klar«, antwortete ich,

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