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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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Krieges, und Dad führte mit Gelsey strategische Diskussionen (sie waren ein Team), während ich nur ins Leere starrte. In meinem Kopf drehte sich alles, und ich versuchte irgendwie zu rechtfertigen, was ich gerade getan – oder eben nicht getan – hatte. Auf so etwas war ich überhaupt nicht gefasst gewesen. Ich hatte ja keine Ahnung, was das mit Henry und mir werden würde. Und mit Lucy war vor Ende des Sommers hier wahrscheinlich sowieso nicht zu rechnen. Also gab es auch keinen Grund zur Aufregung oder Verunsicherung.
    »Ha!«, rief Warren triumphierend, und als ich auf das Spielbrett schaute, hatte er gerade einen Großteil meiner Truppen weggefegt, die ich eigentlich für sicher gehalten hatte.

Kapitel 20
    Als ich so auf dem alten Fahrrad meiner Mutter unsere Straße hinuntereierte und krampfhaft versuchte nicht umzukippen, dachte ich mir, dass Radfahren sehr wohl etwas war, das man verlernen konnte. Zu meiner Ehrenrettung muss man aber erwähnen, dass ich an diese Sorte Fahrrad nicht gewöhnt war und dass es nicht zu vergleichen war mit meinem alten Mountainbike, das jetzt Gelsey gehörte. Es war ein Beachcruiser – schwer, mit geschwungenem Lenker und ohne Handbremsen. Zwar hatte ich an dem weißen Drahtkorb eine Taschenlampe als Behelfsscheinwerfer befestigt, doch wie sich herausstellte, wäre das gar nicht nötig gewesen. Die Nacht war unglaublich klar, und der Mond, der so hell durch unser Erdgeschossfenster geschienen hatte, beleuchtete die Straße.
    Schwankend und langsam kam ich voran. Das Rad drohtejeden Moment umzufallen, bis ich mit den Pedalen einigermaßen zurechtkam. Als ich unsere Straße hinter mir gelassen hatte, war ich schon etwas zufriedener mit meinen Fortschritten. Die Straßen waren völlig leer. Ich hatte sie ganz für michalleine und fuhr Slalom quer über beide Spuren. Der Wind zerzauste meine Haare und ließ sie hinter mir flattern, als ich die kleinen Hügel hinabsauste. Zuversichtlich trat ich fester in die Pedale und wurde immer schneller, bis mir mit einem Mal bewusst wurde, wo ich angekommen war – nämlich am Rand der Teufelssenke.
    Ich fing an zu bremsen, obwohl ich aus früherer Erfahrung wusste, dass das die Stelle war, wo man am schnellsten treten musste, damit man genug Schwung erzeugte, um auf der anderen Seite wieder nach oben zu kommen. Und als ich von ganz oben in die Senke hinabsah, ohne dabei komfortabel in einem Auto zu sitzen, konnte ich verstehen, warum mir die Senke mit achtJahren noch unüberwindlich vorgekommen war. Hatte ich das wirklich mal problemlos geschafft? Und – was mir noch viel unwahrscheinlicher schien – war das echt der Hügel, den ich mich mit Henry um die Wette nach oben gekämpft hatte, sodass wir beide mit roten Gesichtern und keuchend vor Erschöpfungauf der anderen Seite angekommen waren? Ich trat noch fester auf die Bremse, doch das Gefälle hatte bereits die Kontrolle übernommen. Eigentlich hätte ich die Abfahrt einfach genießen sollen, aber stattdessen, vielleicht, weil ich das Rad nicht mehrin meiner Gewalt hatte, bremste ich wie verrückt. Ich gerietmit dem Vorderrad auf eine kiesige Stelle, und noch ehe ich begriffen hatte, was geschah – es dauerte wohl nur den Bruchteil einer Sekunde –, kam ich ins Schleudern und konnte das Rad nicht mehr halten. Ich spürte, wie es schlingerte, aus der Spur geriet und ich als Nächstes auf dem Boden lag, das Fahrradüber mir, während sich das Vorderrad nutzlos in der Luft weiterdrehte.
    Als ich mich von dem Rad befreit hatte und wieder auf beiden Füßen stand, war ich heilfroh, dass es so spät – oder besser gesagt so früh – war und niemand meine grandiose Bruchlandung gesehen hatte. Die Sache war eher peinlich als schmerzhaft, aber ich hatte mir beide Handflächen und Knie aufgeschrammt. Ich klopfte mir den Schmutz und ein paar Kiesel ab, hob das Fahrrad auf, ging den restlichen Weg zu Fuß bergab und die andere Seite der Senke hinauf. Ich fühlte mich ziemlich belämmert, aber vor allem war ich wütend auf mich, weil ich so ängstlich gewesen war bei einer Sache, die ich im Grundschulalter locker im Griff hatte. Als ich auf der anderen Seite oben angekommen war, stieg ich wieder auf, schaute nach vorn auf die Fahrbahn und düste in doppelter Geschwindigkeit zum Strand, als ob ich damit die Blamage in der Senke wieder ausbügeln konnte. Als ich schon fast am Strand war, kam mir die Idee, dass ich es ja noch mal hätte versuchen können, statt mein Rad zu schieben. Ich hätte mich

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