Vergiss die Toten nicht
deshalb hat Adam mich während einer Séance kontaktiert, mir seinen Namen genannt und nach Nell gefragt. Ich wusste, dass ich sofort mit Gerti sprechen musste.«
Nel stand auf. »Bonnie, es tut mir leid, aber ich glaube einfach nicht daran. Ich fürchte, ich habe Ihnen schon zu viel Zeit gestohlen. Ich sollte besser gehen.«
»Sie stehlen mir keine Zeit. Bitte geben sie mir die Chance herauszufinden, ob Adam eine Nachricht für Sie hat.«
Widerstrebend nahm Nell wieder Platz. Das bin ich ihr schuldig, dachte sie.
Minuten verstrichen. Bonnie hatte die Augen geschlossen und die Wange in die Hand gestützt. Plötzlich neigte sie den Kopf, als lausche sie angestrengt. Nach einer Weile senkte sie die Hand, schlug die Augen auf und sah Nell an.
»Adam ist hier«, sagte sie leise.
Trotz ihrer Zweifel spürte Nell, wie ihr ein Schauder den Rücken hinunterlief. Sei vernünftig, schalt sie sich. Das ist Unsinn. Sie bemühte sich um einen sachlichen, ruhigen Ton:
»Können Sie ihn sehen?«
»Vor meinem geistigen Auge. Er betrachtet Sie mit einem sehr liebevollen Blick, Nel . Er lächelt Ihnen zu. Und er sagt, Sie glaubten natürlich nicht daran, dass er hier ist. Auf Ihre alten Tage würden Sie nicht mehr umlernen.«
Nel schnappte nach Luft. Mit dieser Redewendung hatte sie sich immer aus der Affäre gezogen, wenn Adam wieder einmal versucht hatte, ihr das Segeln schmackhaft zu machen.
»Verstehen Sie, was er damit meint, Nel ?«, fragte Bonnie Wilson.
Nel nickte.
»Adam möchte sich bei Ihnen entschuldigen. Er hat mir erzählt, Sie beide hätten sich kurz vor seinem Tod gestritten.«
Den Streit habe ich niemandem gegenüber erwähnt, dachte Nel . Kein Mensch weiß davon.
»Adam meint, die Auseinandersetzung sei seine Schuld gewesen. Ich spüre, dass Sie einen Plan hatten, den er durchkreuzen wollte.«
Nel stiegen heiße Tränen in die Augen.
Reglos saß Bonnie Wilson da. »Ich verliere den Kontakt. Aber Adam möchte noch nicht gehen. Nel , ich sehe weiße Rosen über Ihrem Kopf. Sie sind ein Zeichen dafür, wie sehr er Sie liebt.«
Nel traute ihre Ohren nicht, als sie sich selbst sprechen hörte:
»Sagen Sie ihm, dass ich ihn auch liebe und dass mir unser Streit leid tut.«
»Jetzt sehe ich ihn wieder ein wenig klarer. Er macht einen sehr glücklichen Eindruck, Nell. Aber er teilt Ihnen mit, Sie sollen ein neues Kapitel in Ihrem Leben beginnen. Gibt es da etwas, was Ihre Kraft und Ihre Zeit voll in Anspruch nehmen würde?«
Der Wahlkampf, dachte Nell.
Bonnie wartete ihre Antwort nicht ab. »Ich verstehe«, murmelte sie. »Er sagt: ›Richten Sie Nell aus, sie soll meine Kleider weggeben.‹ Ich sehe einen Raum voller Kleiderständer und Schütten…«
»Ich bringe unsere abgelegten Sachen immer zu einem Secondhand-Laden ganz in der Nähe, der von einer Kirchengemeinde betrieben wird«, erklärte Nell. »Dort gibt es ein Zimmer, wie Sie es eben beschrieben haben, wo die Kleider sortiert werden.«
»Adam sagt, Sie müssen die Sachen jetzt gleich verschenken.
Indem Sie anderen Menschen in seinem Namen helfen, tragen Sie zu seiner spirituellen Erfüllung bei. Und er möchte, dass Sie für ihn beten. In Ihren Gebeten sollen Sie seiner gedenken, aber Sie müssen ihn freigeben.«
Bonnie hielt inne und starrte ins Leere. »Er verlässt uns«, flüsterte sie.
»Halten Sie ihn auf!«, rief Nell. »Jemand hat seine Jacht in die Luft gesprengt. Fragen Sie ihn, ob er den Täter kennt.«
Bonnie lauschte. »Ich glaube nicht, dass er uns das beantworten wird, Nel . Das heißt, dass er es entweder selbst nicht weiß oder dass er seinem Mörder verziehen hat und möchte, dass Sie das auch tun.«
Nach einer Weile schüttelte Bonnie den Kopf und blickte Nel an. »Er ist fort«, meinte sie lächelnd. Dann griff sie sich an die Brust. »Nein, warten Sie, ich empfange seine Gedanken. Sagt Ihnen der Name Peter etwas?«
Peter Lang, dachte Nell. »Ja«, erwiderte sie leise.
»Nell, ich sehe Blut. Ich bin nicht sicher, ob dieser Peter der Täter ist, doch Adam will Sie eindeutig vor ihm warnen. Er fleht Sie an, vor diesem Peter auf der Hut zu sein und ihm nicht zu trauen…«
47
A
ls Dan Minor am Montagnachmittag nach Hause kam, fand er auf seinem Anrufbeantworter eine Nachricht von Lilly Brown vor. Doch als er sie abhörte, wurde er bitter enttäuscht.
Lilly klang nervös und sprach schnell: »Dr. Dan«, sagte sie.
»Ich habe mich überall nach Quinny erkundigt. Aber keiner ihrer vielen Freunde hat sie in den
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