Vergiss mein nicht
fragte Jeffrey und deutete auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch.
Sie sah ihn verdutzt an, als hätte sie nicht verstanden. Dann fragte sie: » Irgendwas Neues von Lacey?«
» Nichts«, sagte er. » Hast du den gewissen Gesprächstermin abgemacht?«
Lena kaute auf ihrer Unterlippe. » Ich hatte bis jetzt noch nicht die Zeit dazu.«
» Dann nimm sie dir«, befahl er.
» Ja, Sir.«
Jeffrey lehnte sich zurück und musterte sie eine Weile. Er sagte: » Erzähl mir, was passiert ist, als du Mark geschnappt hast. Hat er irgendwas gesagt?«
» Er kriegt plötzlich die Zähne nicht mehr auseinander«, sagte sie. » Er weigert sich, irgendetwas zu sagen.«
» Hat er einen Anwalt?«
» Buddy Conford«, klärte Lena ihn auf. » Aber besteht da nicht ein Interessenkonflikt?«
Jeffrey überlegte. Buddy würde das County repräsentieren, sollte Dottie Weaver Klage gegen Jeffrey erheben. Er fragte: » Weiß Buddy, dass es eine Verbindung zwischen Mark und Jenny Weavers Tod gibt?«
» Er weiß, dass Mark derjenige ist, den Jenny erschießen wollte. Das weiß doch jeder.«
Jeffrey sagte. » Ich meine, weiß er, dass wir Mark verdächtigen, Vater des Kindes zu sein?«
Lenas Augenbrauen schnellten in die Höhe. » Tun wir das denn?«
» Sag mir, warum er es nicht sein sollte.«
» Es könnte doch auch ein anderer Junge gewesen sein«, schlug sie vor.
» Trotz der wachsamen Mutter?«
» Die ist sehr oft krank«, sagte Lena achselzuckend. » Ich hab da so ein merkwürdiges Gefühl, was den Vater betrifft. Der schubst die Leute gern herum.«
» Da bin ich ganz deiner Meinung«, erklärte Jeffrey. Patterson hatte sich im Trailer einen Spaß daraus gemacht, Lena einzuschüchtern. Jeffrey hatte nicht gewusst, ob er eingreifen oder abwarten sollte, ob Lena allein damit fertigwurde.
Lena spekulierte: » Vielleicht hat er ja Mark missbraucht, und deshalb hat Mark seine Schwester missbraucht. Sozusagen Ursache und Wirkung?«
» So ticken Pädophile aber nicht«, erwiderte Jeffrey.
» Wie meinst du das?«
» Nicht alle Pädophilen wurden in ihrer Kindheit missbraucht. Den Schluss darf man nicht ziehen.«
» Wir spekulieren doch nur, oder?«, fragte Lena. » Und übrigens glaube ich nicht, dass Patterson auf Jungs steht.«
» Wieder das Gefühl?«
» Ja.« Lena nickte.
» Was ist mit Mark?«, fragte Jeffrey. Ihm fiel ein, wie Lena sich beim Verhör des Jungen verhalten hatte. » Was für ein Gefühl hast du denn bei ihm?«
Lena blickte leicht verlegen zu Boden. » Na ja«, begann sie, » dass er hypersexualisiert ist.«
» Und weiter?«
» Er scheint auf sein Aussehen zu bauen, auf seine sexuelle Anziehungskraft.« Sie hob den Blick. » Ich denke, dass er auf andere Weise einfach nicht zu kommunizieren versteht.«
» Die Tätowierung«, sagte Jeffrey. » Ich hab in Alabama jemanden getroffen, der dieselbe hatte.«
» Die Herzen?«
» Der Spanner hat eine Kindertagesstätte beobachtet«, sagte Jeffrey, und wieder stellte sich dieselbe Abscheu ein, die er auch in Possums Laden empfunden hatte. » Hat die Kinder beäugt.«
» Kleine Kinder?«, fragte Lena. » Ist er ein Kinderschänder?«
» Eher ein Pädophiler«, korrigierte Jeffrey. Anlässlich eines anderen Falls hatte Sara ihm einmal den Unterschied erklärt, und das gab er jetzt an Lena weiter. » Kinderschänder haben die Tendenz, Kinder zu hassen, und wollen nichts mit ihnen zu tun haben, außer wenn sie sie missbrauchen können. Pädophile hingegen meinen, sie täten den Kindern etwas Gutes. Sie meinen, sie zu lieben.«
» Hm«, sagte Lena skeptisch.
» Pädophilie wird als Geisteskrankheit angesehen.«
» Das war bei Homosexualität bis in die sechziger Jahre ebenso. Ich sehe den Unterschied immer noch nicht.«
Jeffrey, der wusste, dass Lenas Schwester lesbisch gewesen war, war von ihren Worten überrascht. » Der entscheidende Unterschied dürfte darin bestehen, dass der sexuelle Kontakt zwischen zwei Erwachsenen etwas Gesundes ist. Kinder hingegen sind darauf nicht vorbereitet.« Sie entgegnete nichts, und daher fuhr er fort: » Bei der Beziehung eines Kindes zu einem Erwachsenen besteht immer ein ungleiches Machtverhältnis zugunsten des Erwachsenen. Es wird nicht auf ein und derselben Ebene miteinander umgegangen. Der Erwachsene ist derjenige, der die Kontrolle über das Kind behält.«
Lena sah ihn ungläubig an. » Es hört sich fast so an, als würdest du es rechtfertigen.«
» Das tue ich ganz und gar nicht«, sagte Jeffrey leicht
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