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vergissdeinnicht

vergissdeinnicht

Titel: vergissdeinnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Clarke
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herfallen können. Aber ich denke nicht, dass die anderen Gäste davon so begeistert gewesen wären. Wenn ich daran zurückdenke, bin ich mir nicht sicher, ob ich auch so zielgerichtet hinter ihm her gewesen wäre, wenn ich nicht diesen ganzen Scheiß durchgemacht hätte. Ich meine, wahrscheinlich hätte ich mich schon für ihn interessiert, aber ich hätte zumindest versucht, ein bisschen Restwürde zu wahren. Kein Typ ist es wert, sich für ihn zum Deppen zu machen.
    Wir verabschiedeten uns an der Bushaltestelle. Er war wirklich mein Haltestellen-Junge. Wir umarmten uns, und ich wollte mich schon umdrehen und gehen, als ich dachte: »Scheiß drauf.« Ich beschloss, den Stier bei den Hörnern/den Jungen an den Eiern zu packen.
    »Hör mal, Nat. Ich hab den ganzen Abend mit Zaunpfählen gewunken, und ich bin mir nicht sicher, ob du’s nicht kapiert hast, oder ob du kein Interesse hast – was natürlich völlig okay wäre.Aber ich mag dich, und ich würde dich gerne wiedersehen. Und nicht nur als Kumpel.« So. Gesagt. Pfui.
    Er sah mich unbehaglich an. »Ich mag dich auch, Grace, aber da ist jemand …«
    Ich fiel ihm ins Wort. »Okay, verstehe. Wär schön, wenn du das früher gesagt hättest. Ich hab dich schließlich gefragt. Ist okay. Ich … Wir sehen uns.« Und dann musste ich plötzlich mit den Tränen kämpfen – mehr als lächerlich! Ich hatte den Typen gerade erst kennengelernt. Es war ja nicht so, dass er mir irgendwas bedeutete. Ich glaube, es war einfach die Vorstellung von ihm, die mich so anzog. Ich sehnte mich verzweifelt nach jemandem, der für mich da war. Der mir sagte, dass alles gut werden würde. Der mich hielt und berührte und machte, dass alles gut wurde.
    Ich drehte mich verschämt weg. Nat berührte mich an der Schulter, als ich gerade weglaufen wollte.
    »Hey«, sagte er leise. »Hey, nicht doch. Ich habe keine Freundin, wenn es das ist, was du denkst. Es gab nur eine, von der ich dachte … ich weiß auch nicht. Ich mochte sie. Und ich dachte, da könnte was gehen. Aber es lief dann alles anders, und ich versuche, es zu vergessen. Und ich will dich nicht benutzen, um zu vergessen. Ich denke, du verdienst mehr als das.« Ich spürte seinen Atem in meinem Nacken. Er war so ernst, so vollständig und ganz und gar begehrenswert in dem Moment. Ich drehte mich wieder zu ihm um. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Er roch wirklich, wirklich gut.
    »Warum lässt du mich das nicht entscheiden?«, flüsterte ich. Dann küsste ich ihn, nur ein bisschen. Er küsste mich zurück. Gott, dieser Kuss …
    Und so fing die einzige Beziehung in meinem Leben an, die mir je etwas bedeutet hat.

Tag 17
    Aaargh. Mehr beschissene Träume. Und diesmal waren sie wirklich beschissen. Und dazu noch blutig. Nat und ich waren im Park und saßen in dem Häuschen auf dem Klettergerüst. Aus irgendeinem Grund konnten wir nicht sprechen – es war nicht erlaubt. Wir sahen uns nur an. Nat trug kein Shirt. Er hatte Zickzacknarben auf seinen Armen. Ich war überrascht, weil sie mir vorher nie aufgefallen waren. Ich wollte ihn danach fragen, konnte aber nicht.
    Während ich sie betrachtete, veränderten sich die Narben von Weiß zu Rot, und Blut fing an, seinen Arm herabzutropfen. Es sickerte in seine Jeans. Blut plätscherte auf den Boden. Ich versuchte, nach ihm zu greifen, aber meine Arme bewegten sich nicht. Ich versuchte zu schreien, aber kein Laut kam aus meinem Mund. Nat fing an zu lachen, und das Gelächter verwandelte sich in Tränen, und Nat verwandelte sich in Ethan. Und Ethan weinte und sah mich inständig an, und ich wusste, er versuchte mir etwas zu sagen, aber ich verstand es nicht.
    Schwitzend und zitternd wachte ich auf. Ich hatte mich völlig in meiner Decke verheddert. Ich sprang unter die Dusche und blieb eine Weile unter dem heißen Wasser, wünschte mir, das prasselnde Wasser würde die Bilder aus meinem Kopf trommeln. Danach wischte ich den Dampf vom Spiegel und sah mich an. Ich ließ den Finger über die Innenseite meines linken Arms gleiten, und das Mädchen im Spiegel machte dasselbe. Die Haut war zerfurcht, wo sie hätte glatt sein sollen. Sie wird nie wieder glatt sein.
    Als ich mich zum ersten Mal vor Nat auszog, war ich nervös. Vorher war es mir immer egal gewesen. Die Jungs waren normalerweise zu betrunken, um irgendwas zu merken, und wenn sie esmanchmal doch merkten, fiel mir immer irgendwas ein, um sie abzulenken (was nie besonders schwer war). Aber das hier war

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