Verheißenes Land
zu kaufen.
Zuerst kümmerten sie sich um das Pferd. Der Wagenmacher hatte ihnen einen zuverlässigen Händler empfohlen, der seinen Kunden nicht alte Klepper mit eingefärbtem Fell oder halb lahme Ackergäule aufschwatzte. Bei ihm fanden sie eine kräftige und hübsch gescheckte Stute für fünfzig Dollar. Der Händler versicherte ihnen, dass sie ein sanftmütiges Naturell besaß und keine großen Ansprüche an ihre Reitkünste stellte. Sie hörte auf den Namen Maggie und folgte ihnen willig am Strick, als sie mit ihr den Hof verließen.
»So, jetzt wird die Sache aber etwas komplizierter«, sagte Éanna, als sie Sattel und Zaumzeug gekauft hatten und auf dem Weg zum Ochsenhändler waren.
»Was soll denn jetzt plötzlich kompliziert werden?«, fragte Liam verwirrt. »Es läuft doch alles besser als gedacht.«
Éanna lachte spöttisch auf. »Ja, bisher. Aber wie soll das gehen, wenn wir gleich noch sechs Ochsen vor uns hertreiben müssen? Und wo bringen wir die Tiere unter? Willst du sie vielleicht zusammen mit Maggie bei Missis Fisher in den Hinterhof sperren? Außerdem brauchen sie Wasser und auf die Weide müssen sie auch. Oder sollen wir vielleicht teures Futter für sie kaufen?«
Brendan schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Natürlich! Daran habe ich gar nicht gedacht. Wenn wir die Ochsen erst gekauft haben, können wir nicht länger in der Pension bleiben!«
Emily nickte. »Stimmt. Warum ist uns das nicht früher eingefallen? Wir müssen unser Lager wohl oder übel draußen vor der Stadt aufschlagen.«
»Und das bedeutet, dass wir heute schon ein Zelt besorgen müssen! Genau wie alles andere, was wir für das Camp brauchen«, stöhnte Liam.
»Ja. Ich schlage vor, dass wir das alles zuerst einkaufen, bevor wir mit den Ochsen auf der Straße stehen«, fügte Éanna hinzu. »Denn ich fürchte, dass wir dann alle Hände voll zu tun haben werden … Ich sehe uns schon mit unserem Prärieschoner und sechs Ochsen im Gespann – wir werden ganz bestimmt den Verkehr zum Erliegen zu bringen, uns zum Gespött der Leute machen und das Ziel von tausend Verwünschungen werden.« Sie blickte fast panisch und schluckte hart.
Liam grinste. »So schlimm wird es schon nicht werden. Und außerdem kennt uns ja keiner.«
»Das kann sich aber sehr schnell ändern, wenn wir mit unserem Gespann plötzlich quer auf der Straße stehen«, erwiderte Éanna nervös. Sie alle waren in großer Armut aufgewachsen und ein Mastschwein oder eine Milchkuh waren in guten Jahren der wertvollste Besitz ihrer Familien gewesen. Niemand von ihnen hatte je einen Pferdekarren gelenkt, ganz zu schweigen von einem Prärieschoner mit sechs kraftstrotzenden Ochsen an der Deichsel!
Brendan, Liam und Emily blickten sie mit großen Augen an. Sie alle stellten sich vor, wie sie völlig hilflos mit sechs wild gewordenen Ochsen und einem scheuenden Pferd durch die Hauptstraße von Independence zogen. Einen kurzen Moment herrschte ratlose Stille – dann prusteten die vier Freunde los. Erst nach geraumer Zeit gelang es ihnen, sich wieder zu beruhigen.
»Nun denn, nimm dich in Acht, Independence«, rief Brendan schließlich übermütig. »Wir werden dir schon zeigen, wozu wir Iren fähig sind!«
Mit neuer Zuversicht brachten sie die Stute zu Timothy Connelly, der nichts dagegen hatte, sie für einige Stunden in seinen Stall zu stellen. Dann zogen sie los, um die Besorgungen zu erledigen, die nötig waren, um fortan vor der Stadt zu kampieren. Sie packten alles in ihren Wagen und am frühen Nachmittag, nachdem sie ihre Kleidersäcke geholt und sich von Missis Fisher verabschiedet hatten, kam schließlich die Stunde des Ochsenkaufes.
Von ihrem Selbstvertrauen war nicht mehr viel zu spüren, nachdem sie ihre sechs Zugtiere ausgesucht hatten. Als der Händler ihre blassen Gesichter sah, lachte er belustigt auf.
»Nun macht mal nicht so bange Miene, Leute! Ochsen sind keine wilden Biester, die man zähmen muss, sondern gutmütige Arbeitstiere. Ihr müsst sie nur entsprechend behandeln. Seht zu, dass ihr sie zusammenhaltet. Ihr seid doch zu viert, das sollte euch nicht allzu schwerfallen!«
»Ihr habt gut reden«, sagte Emily mit Blick auf die bulligen Tiere, von denen jedes mehr wog als sie vier zusammen. Ein hölzernes Joch verband jeweils zwei der Ochsen. »Was wissen wir denn davon, wie man sie richtig behandelt, damit sie einem auch folgen!«
»Die Ochsen sind es gewohnt, den Kommandos ihrer Treiber zu folgen. Sie kennen nur vier, und wenn
Weitere Kostenlose Bücher