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Verheißenes Land

Verheißenes Land

Titel: Verheißenes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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Wildblumen, die entlang des klaren Bachlaufes wuchsen, erfüllte die kühle Abendluft und es gab reichlich Unterholz, um für das Kochfeuer einmal nicht zu Bisondung greifen zu müssen. Sie konnten sogar neue Vorräte an Feuerholz anlegen. Nicht weit von ihrem Lager mündete der Bach in einen kleinen Teich, an den sich eine große Wiese anschloss.
    Die Erholung, die ihnen an dem schattigen Platz vergönnt war, hätten die Reisenden nur zu gern auf einige Tage ausgedehnt. Doch angesichts der gewaltigen Strecke, die noch vor ihnen lag, und der täglich knapper werdenden Vorräte konnten sie sich diesen Luxus unter keinen Umständen leisten.
    Nach der Schlucht ging es fast eine Woche lang an den sandigen Ufern des North Platte entlang, wo es auch mehrfach zu friedlichen Begegnungen mit kleineren Indianergruppen kam. Das Gelände stieg dabei leicht, aber beständig an, und dass sie immer mehr Höhe gewannen, merkten sie vor allem in den Nächten, die spürbar kühler wurden. Am fernen Horizont zeichneten sich nun die Laramie Mountains ab, deren Gipfel selbst jetzt im Juni noch mit Schnee bedeckt waren. Dort begann der Aufstieg in die Rocky Mountains.
    Bis dahin war es jedoch noch ein ganzes Stück. Zuerst einmal kamen sie zu höchst seltsamen Erd- und Felsformationen, die in ihrem Handbuch als wegweisende Landmarken aufgeführt waren und die die erwartungsvolle Aufmerksamkeit von Jung und Alt auf sich zogen.
    »Dieses Gebilde da heißt Courthouse Rock und der Felsen weiter im Westen trägt den Namen Jail Rock«, teilte ihnen Daniel Erickson mit. »Angeblich soll der Courthouse Rock dem Gebäude des Kreisgerichtes in St. Louis ähneln.«
    Brendan spähte zu der fast vierhundert Fuß hohen Formation hinüber, die sich einige Meilen abseits des Trails aus der Ebene erhob und deren Wände fast senkrecht anstiegen. »Um da irgendwelche Ähnlichkeiten mit einem Gerichtsgebäude zu erkennen, muss man aber schon reichlich viel Fantasie aufbringen«, meinte er. Doch auch er war ehrlich beeindruckt, denn die Felsgebilde ragten mitten aus der flachen Prärielandschaft auf und wirkten ausgesprochen monumental.
    Einige aus ihrem Zug ließen ihre Fantasie spielen und erfanden neue Namen, die ihrer Meinung nach besser zu den gewaltigen Felsblöcken passten. Von allen Seiten waren Begriffe zu hören wie Ruine von Notre Dame, Capitol von Washington, Turm von Babel und was die Vorstellungskraft sonst noch hergab.
    Uneingeschränktes Staunen wurde allerdings dem faszinierenden Chimney Rock gezollt, der sich eine gute Tagesreise weiter in den Himmel bohrte. Der Felsen sah aus wie eine schlanke und spitz zulaufende Nadel aus Stein. Sein Schaft schien aus einer fast kreisrunden Basis emporzuwachsen und strebte über fünfhundert Fuß senkrecht in die Höhe.
    Am Fuße des Chimney Rock wurde nach allgemeinem Beschluss eine halbtägige Rast eingelegt. Denn dieser Felsen hatte für jeden Trailreisenden eine ganz besondere Bedeutung, nannte man ihn doch auch »Das große Namensverzeichnis des Westens«. Kein Overlander, der an diesen Ort gelangte, ließ es sich nehmen, seinen Namen in den Stein des Sockels zu ritzen. Der Felsen erschien zwar aus der Ferne wie aus hartem Granit gemeißelt, doch in Wirklichkeit bestand er aus porösem, weichem Gestein, das einer Messerklinge wenig Widerstand bot.
    »Da müssen unsere Namen natürlich auch hin!«, sagte Brendan begeistert, als sie davon erfuhren, und konnte es kaum erwarten, sich irgendwo im Sockel mit dem Messer zu verewigen. Als sie zu viert den Felsen erklommen, sahen sie, dass schon Tausende Namen in das weiche Gestein geritzt waren. Manche hatten ein Datum dazugesetzt, andere sogar das Land ihrer Herkunft.
    Voller Stolz, nun auch zu diesem »Großen Namensverzeichnis des Westens« zu gehören, machten sie sich mit ihren Messern an die Arbeit. Jeder von ihnen ritzte zudem das Datum und das Land seiner Geburt in den Stein.
    Als sie feststellten, dass bis zum Abendessen noch eine geraume Stunde blieb, nutzten einige Mitglieder ihres Trecks die Zeit, um den Sockel von Chimney Rock einmal ganz zu umrunden. Beschwingt schlug Éanna vor, es ebenfalls zu tun.
    Doch davon wollte Brendan nichts wissen. »Nein, danke! Mir genügt es, dass wir jeden Tag von morgens bis abends marschieren müssen, bis wir diese verdammten zweitausend Meilen endlich geschafft haben«, sagte er, als er hörte, das man gut zehntausend Schritte benötigte, um ein Mal um die Felsnadel herumzugelangen. »Da habe ich wirklich kein

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