Verheißenes Land
die drei Pinkerton-Agenten sie dazu angestachelt, ja sie vermutlich dafür bezahlt hatten. Er nahm an, dass sie den Überfall der Sioux als Ablenkungsmanöver für ihre hinterhältigen Pläne benutzten und Winston Talbot im Durcheinander des nächtlichen Überfalls verschleppen wollten.
Doch Patrick hoffte, dass das Vorhaben der Pinkertons dank der zahlreichen Nachtwachen gescheitert war. Und er schickte ein stummes Stoßgebet gen Himmel, dass Peer Erickson die Lage im Camp schnell unter Kontrolle gebracht hatte und dass keiner von ihnen zu Schaden gekommen war.
Achtundzwanzigstes Kapitel
Ohne sich um die flüchtenden Indianer zu kümmern, folgte Patrick den Tieren, die zu seiner Erleichterung bald in einen langsamen Trott fielen. Allerdings waren sie inzwischen in ein sehr unübersichtliches Gelände mit viel hohem Gestrüpp gelangt, in dem die noch immer verstörten Tiere herumirrten und sich dabei in alle Himmelsrichtungen verteilten.
Die ersten sechs Ochsen, die er erreichte, trieb er in eine nahe gelegene und weitläufige Mulde. Dann machte er sich daran, die anderen Tiere aufzustöbern und ebenfalls dorthin zu bringen.
Es dämmerte schon, als er wieder einige Rinder in die Senke trieb, sodass nun immerhin schon siebenundzwanzig Tiere dort zusammenstanden. Möglicherweise war damit sein kleiner Teil der entlaufenen Herde wieder vollständig.
Im Osten stand die Prärie noch immer in Flammen und der Wind trieb Feuer sowie Rauchwolken stets weiter. Aber zu ihm war der Brand gottlob nicht vorgerückt. Offenbar waren die Flammenbahnen an dem sandigen Flussbett tatsächlich erloschen.
Gerade wollte Patrick aus dem Sattel steigen und nach einem der Rinder sehen, das auf einem Hinterbein humpelte, als von der anderen Seite der Mulde ein Schuss aufpeitschte.
Er spürte eine Art Zupfen und einen brennenden Stich, als die Kugel sein Hemd am linken Oberarm auffetzte und darunter die Haut aufriss. Augenblicklich ließ Patrick sich aus dem Sattel fallen und war geistesgegenwärtig genug, dabei nach seinem Gewehr zu greifen und es aus dem Futteral zu zerren. Er schlug hart auf dem Boden auf, presste einen Fluch zwischen den Zähnen hervor, rollte sich herum, legte das Gewehr in Anschlag und hielt nach dem Schützen Ausschau, der seinem Leben beinahe ein jähes Ende bereitet hatte. Zwei Handbreit weiter nach rechts und die Kugel hätte ihn mitten in die Brust getroffen!
Doch als er aufmerksam über Kimme und Korn spähte und im nächsten Moment oben am Rand den Reiter sah, aus dessen Flinte der Schuss gekommen war, traute er seinen Augen kaum. Es handelte sich ganz und gar nicht um einen Sioux, wie Patrick geglaubt hatte, sondern dort oben stand Brendan Flynn! Das erste Licht des Tages hob ihn deutlich aus den Schatten der Nacht, die noch über der Senke lagen, und ließ sein rotes Haar aufleuchten. Daran konnte Patrick ihn zweifelsfrei und auf den ersten Blick erkennen.
Wütend kam er auf die Beine. »Verdammt, habt Ihr denn keine Augen im Kopf, Brendan?«, brüllte er ihm zu. »Ich hoffe für Euch, Ihr habt nicht gewusst, auf wen Ihr da gerade geschossen habt!« Er tastete nach der Wunde am Arm, stellte zu seiner Erleichterung jedoch fest, dass der Streifschuss nur einen blutigen Kratzer hinterlassen hatte, der schnell verheilen und ihm keine Schwierigkeiten bereiten würde. Er hatte wirklich unglaubliches Glück gehabt, so glimpflich davongekommen zu sein.
Brendan saß zunächst regungslos auf Maggie, ließ bei Patricks erbitterten Worten aber sein Gewehr sinken, gab der Stute Schenkeldruck und ritt zu ihm hinunter in die Senke. »Zum Teufel noch mal, ich habe Euch im ersten Moment für einen Indianer gehalten«, rief er dabei. »Als ich über die Kuppe kam, habe ich bloß die Gestalt eines Reiters gesehen und dachte, es wäre einer von der verfluchten Sioux-Bande! Da drüben bei Euch zwischen dem Gebüsch ist es noch reichlich dunkel!«
»Aber doch wohl nicht so düster, dass Ihr nicht einen halb nackten Sioux auf einem gefleckten Pony von einem Weißen auf einem Rotfuchs unterscheiden könntet«, hielt Patrick ihm aufgebracht vor.
»Was soll das denn heißen? Wollt Ihr vielleicht behaupten, ich hätte gewusst, dass Ihr es seid, und dennoch auf Euch geschossen?«, gab Brendan nun erregt zurück und zügelte sein Pferd vor ihm.
»Ist das vielleicht ein so abwegiger Gedanke?«, polterte Patrick. »Mir erscheint er jedenfalls nicht gar so absurd, wie Ihr tut! Immerhin bin ich schon einmal wegen Euch in eine
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