Verheißung Der Nacht
einzuhalten.«
»Die gesetzlichen Vorschriften sind ja auch in Ordnung, aber sie kontrollieren nicht immer die Qualität des Wassers, das die Leute trinken, und der Luft, die sie einatmen. Und dann gibt es da auch noch die Wildtiere. Zweitausend neue Jobs würden, glaube ich, die Produktion der Fabrik beinahe verdoppeln. Das bedeutet, dass doppelt so viele Bäume geschlagen werden müssen, dass doppelt soviel Land gerodet werden muss . Hat man schon Pläne ausgearbeitet, die zeigen, wie sich so etwas auswirken würde?«
»Ich bin sicher, aber genau weiß ich es nicht. Mein Teil an der ganzen Sache ist, wie Sie wohl wissen, die Industriean- siedlung in Louisiana zu fördern, sei es nun die heimische oder auch ausländische Industrie, um die Einnahmen zu erhöhen und die Lebensqualität für die Menschen zu fördern.« Der Senator, der sah, dass Reid auf sie zukam, machte einen Rückzieher. Bevor er ging, meinte er noch: »Den Menschen gilt meine Fürsorge, zuerst und vor allem. Wegen all der anderen Dinge sprechen Sie wohl besser mit Sayers. Da er der Mann ist, der den Hauptanteil an der Fabrik besitzt, wird er es wohl auch sein, der die endgültige Entscheidung trifft.«
Der Senator nickte ihnen beiden noch einmal förmlich zu, dann ging er auf einen seiner Adjutanten zu, der auf ihn gewartet hatte. Reid sah ihm nachdenklich nach, ehe er sich dann zu Cammie wandte.
»Ich nehme an, du kannst dir denken, was er von mir wollte«, meinte sie.
»Ich fürchte, ja.«
Leise, doch voll unterdrücktem Ärger, sagte sie: »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
Es dauerte lang, ehe Reid ihr antwortete. »Ich hatte andere Dinge, die mich beschäftigten. Außerdem gibt es jetzt noch nicht viel zu erzählen. Ich werde dir gern alles darüber berichten, aber nicht hier. Vielleicht beim Abendessen?«
Ein Restaurant, dachte Cammie, wäre ein neutraler Boden und demnach viel besser als ihr Apartment. Im Augenblick schien es kein sehr guter Gedanke, mit ihm allein zu sein. »Wo?« war alles, was sie fragte.
Er schob den Ärmel seines Hemdes ein wenig zurück, um auf die flache goldene Uhr an seinem Handgelenk zu blicken. »Wir haben eine Tischreservierung im Louis Sixteen, ungefähr für diesen Augenblick.«
Das Louis XVI, schlicht und elegant, ganz in Rot und Gold eingerichtet, war eine der vielen Bastionen der französischen Kontinentalküche der Stadt. Die Kellner gehörten dieser professionellen, entschieden nicht unterwürfigen Tradition an, die man auf dem nordamerikanischen Kontinent nur an zwei Orten fand, in New York und in New Orleans. Cammie freute sich darüber, dass Reid diesen Abend offensichtlich mit Besonnenheit geplant hatte. Sie genoß, wenn auch abgelenkt, die verschiedenen Gänge des ausgezeichneten Mahles, die ihnen vorgesetzt wurden. Doch ihr größtes Interesse galt der Papierfabrik.
Was Reid ihr erklärte, stimmte offensichtlich, der Verkauf war noch nicht abgeschlossen. Vertreter der schwedischen Firmengruppe hatten die Fabrik als Beobachter besucht und waren durch das Land gefahren, um sich die Baumbestände anzusehen, die der Sayers-Hutton Tüten- und Papierfabrik direkt gehörten, abgesehen von den viel größeren Beständen, die sie auf neunundneunzig Jahre gepachtet hatten. Sie hatten Vorbereitungen getroffen, damit eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die finanziellen Transaktionen der Fabrik untersuchen konnte, der Termin dafür war in zwei Wochen. Doch bis jetzt war noch kein formelles Angebot erfolgt, und keine Seite hatte bis jetzt eine bindende Erklärung abgegeben.
Cammie hörte sich Reids Version der ganzen Geschichte an, konzentrierte sich nicht nur auf das, was er sagte, sondern auch auf seine Stimme. Als er fertig war, lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück. »Deshalb bist du nach Hause gekommen, nicht wahr?« fragte sie ihn. »Um die Papierfabrik zu verkaufen.«
»Ich bin nach Hause gekommen, weil mein Vater mich gerufen hat und mich gebeten hat zu kommen, das ist alles. Er hatte einen schweren Herzanfall in dieser Nacht, und ich frage mich, ob seine Sorge um den Verkauf diesen Herzanfall nicht vielleicht ausgelöst hat. Ich will nicht behaupten, dass die Aussicht auf den Verkauf nicht verlockend wäre, denn das ist sie. Und das weißt du sicher auch.«
Ja, das wusste Cammie. Sie wusste aber auch, dass er ihr von diesem Verkauf hätte erzählen können, als sie sich darüber unterhielten, ob er die aktive Leitung der Fabrik übernehmen wollte. Er hatte nichts
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